Kaiserschmarrndrama

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Hollywood in Bayern und der stets lässig grantelnde Dorfsheriff Franz Eberhofer avanciert endgültig zum bayrischen James Bond. Was will der Fan der Kultkrimis nach der Vorlage von Bestsellerautorin Rita Falk noch mehr. Auch in der siebten Verfilmung begeistert das brillante österreichisch-bayerische Dreamteam mit unwiderstehlich, derben Charme und schrägem Witz. Sex und Crime in Niederkaltenkirchen halten den launigen Antiheld auf Trab. Eberhofer alias Sebastian Bezzel steht vor pikanten Ermittlungen. Denn zum Kreis der Verdächtigen zählen diesmal seine alten Spezln Simmerl und Flötzinger. Als ein zweites Mordopfer auftaucht verliert er den Fall gar an Nora Waldstätten, seine Erzfeindin „Thin Lizzy“. Doch neben der stocksteif schneidigen Kommissarin aus Landshut hat ihn Lisa Potthof als langjährige On-Off-Freundin Susi am Wickel. Seinem geliebten Saustall droht die Abrissbirne. Ein Leben im Doppelhaus samt verhasstem Bruder Leopold gleicht für ihn einem Alptraum. Und last but not least muss er sich noch um den angeschlagenen Rudi kümmern.

Website: www.constantin-film.de

Deutschland 2019
Regie: Ed Herzog
Drehbuch: Stefan Betz, Ed Herzog nach dem Roman von Rita Falk
Kamera: Stephan Schuh
Schnitt: Stefan Essl
Darsteller: Sebastian Bezzel, Simon Schwarz, Lisa Maria Potthoff, Enzi Fuchs, Eisi Gulp, Nora Waldstätten.
Länge: 96 Minuten
Verleih: Constantin Filmverleih
Kinostart neu: geplant im Dezember 2020

FILMKRITIK:

„Guad schaugst aus, also für…“, muntert Franz Eberhofer (Sebastian Bezzel) seinen Exkollegen und Freund Rudi Birkenberger (Simon Schwarz) beim Krankenbesuch krampfhaft auf. „Beckenfraktur, Schlüsselbeinbruch, Milzquetschung“, ergänzt ihn der Rudi in seinem Rollstuhl sarkastisch. „Echt sovui“, versucht der sonst so lässige Dorfsheriff verzweifelt die Situation zu retten. Denn er saß schließlich am Steuer, als es den Rudi bei dem saublöden Autounfall so böse erwischt hat. Mit einem „Des werd scho wieda“, sucht er das Weite. Doch wie immer kommt er dem Rudi nicht aus.

Denn kaum zuhause auf dem Hof in Niederkaltenkirchen wird er zu einem Mordfall gerufen. Und den will und kann er nicht einfach ohne seinen stets hilfreichen Co-Ermittler Rudi aufklären. Die erschlagene Joggerin im Wald bot im Internet Peepshows an. Zudem wohnte sie ausgerechnet über der Metzgerei seines alten Spezls Simmerl (Stefan Zinner). Pikanterweise stellt sich heraus, dass der und der liebestolle Heizungspfuscher Flötzinger (Daniel Christensen) Stammkunden beim Mordopfer waren. „Ich kann super diskret sein“, verspricht Eberhofer zwar seinem geliebtem „Leberkäs-Lieferanten“. Aber wie das gehen soll, weiß er eigentlich selber nicht.

Doch damit nicht genug. Kurz darauf taucht im Wald eine zweite Leiche auf. „Da geht ein Serienmörder um und sie und ihr Leftutti bohren in der Nasn“, tobt der aktionistische Bürgermeister (Thomas Kügel) in seinem Büro. „Mir brauchadn hoid Profis“, beleidigt er das Dreamteam Eberhofer, Birkenberger. Und schon passiert es. Eine SOKO aus Landshut übernimmt den Fall und ausgerechnet seine Erzfeindin, die stocksteif schneidige Kommissarin „Thin Lizzy“ (Nora Waldstätten) leitet sie. Dass auf dem Eberhofer-Hof häusliches Chaos herrscht macht diese Schmach nicht besser.

Denn dort steht der fast fertige Rohbau einer Doppelhaushälfte. Ein Alptraum für den Eberhofer. In den soll er nämlich mit Sohn Pauli und Dauergspusi Susi (Lisa Maria Potthoff) samt verhasstem Bruder Leopold (Gerhard Wittmann) und dessen Familie einziehen. Die Tage in seinem geliebten Saustall scheinen gezählt. Momentan hat sich freilich der Rudi mit ihm zur Rundumbetreuung da einquartiert. Eberhofers einziger Ruhepol , sein geliebter Hund Ludwig, macht ihm wegen zunehmender Altersschwäche auch noch Sorgen. Ein sauberes Schlamassel. Aber wer den bayerischen James Bond kennt, weiß: Er wird sich durchwursteln. Schließlich war das im Freistaat noch nie verkehrt.

Eine Mordsgaudi mit schrägem Witz, einem Hauch Anarchie und subversiven Charme garantiert der neue Provinzkrimi. Ein humorvoller Lichtblick in diesen Zeiten. Der gebürtige Garmischer Sebastian Bezzel, als stets etwas launischer Anti-Held, ist nach wie vor der unbestrittene Sympathieträger des herrlichen Kultfilms. Aber ohne sein exzellentes Schauspielensemble könnte er in diesem skurrilen Kosmos nicht glänzen. Ob Alt-Hippievater Eisi Gulp, die rührige Oma Enzi Fuchs, die nie aufgebende Dauerfreundin Lisa Potthof, seine alten Spezln und last but not least der wunderbare österreichische Simon Schwarz als unnachahmlicher Exkollege garantieren den Erfolg der unwiderstehlichen Typenkomödie.

Dass diesmal eine fränkische Motorradgang Einzug ins niederbayrische Dorfleben hält zeigt, dass Bayern selbst seine Franken akzeptiert. Unter einem fränkischen Ministerpräsidenten kann das ja nicht verkehrt sein. Und der titelgebende „Kaiserschmarrn“ schafft, wie auch etliche Schauspielerinnen und Schauspieler, die zunehmende Österreichconnection. Und so feiert der Dialekt fröhliche Urständ gegen jedes dumpfe Klischee. Bestsellerautorin Rita Falk und den Drehbuchschreibern sei Dank. Da kommt selbst der „Leftutti“ eine bayrisch-italienische Kreation wieder zu Ehren.

Luitgard Koch