Kein Weg zurück

Eine Geschichte vom syrischen Bürgerkrieg, vom Dschihadismus, von der problematischen Beziehung zwischen einem Vater und einem Sohn. Der Sohn schloss sich in Syrien dem Dschihad an, sein Vater will ihn unbedingt zurückholen, koste es was es wolle. „Kein Weg zurück“ heißt der Film von Charlotte Sieling auf Deutsch, ein in seinen besten Momenten dokumentarisch anmutendes Drama, das dank seines Drehbuchautors sehr genau weiß, wovon es erzählt.

 

Über den Film

Originaltitel

Vejen hjem

Deutscher Titel

Kein Weg zurück

Produktionsland

DEN

Filmdauer

98 min

Produktionsjahr

2024

Regisseur

Sieling, Charlotte

Verleih

24 Bilder Film GmbH

Starttermin

11.12.2025

 

Syrien 2014, der Däne Christian (Nikolaj Lie Kaas) ist auf dem Weg ins Kriegsgebiet, spricht erstaunlich gutes Arabisch, hat die Traditionen des Landes offenbar verinnerlicht, befindet sich, wie er sagt, auf dem Weg der Tazkiyah, der Reinigung des Herzens. Doch Christian ist nicht auf der Suche nach sich selbst, sondern auf der Suche nach Adam (Albert Rudbeck Lindhardt), seinem siebzehnjährigen Sohn, der seine Heimat vor Längerem verlassen hat, um sich in Syrien dem Dschihad anzuschließen.

Skeptisch wird Christian von den Einheimischen beäugt, als hellhäutiger Mann sticht er heraus, man zweifelt an seinen Intentionen. Aber als Ex-Soldat kann Christian gut mit einem Gewehr umgehen, beweist sich im Kampf, taucht tiefer in die Welt der Dschihadisten ein. Anfangs bei der Freien Syrischen Armee, wo er auf Kämpfer aus unterschiedlichsten Ländern trifft, auch auf andere Dänen: Etwa den Prediger Abu Amin (Besir Zeciri), der den Einheimischen den „richtigen“ Islam erklären will, aber auch den Abu Hassan (Arian Kashef), einen kleinen Ganoven aus einem Vorort Kopenhagens, der in weißen Turnschuhen in den Kampf zieht.

Was Adam dazu bewog, in den Dschihad zu ziehen, bleibt offen, in Telefonaten die Christian mit seiner Frau führt, ist von einer Diagnose die Rede, von der Schwierigkeit, sich in der dänischen Gesellschaft zurechtzufinden. Hier, in Syrien, scheint Adam seinen Platz gefunden zu haben, ausgerechnet beim IS, dem Islamischen Staat, die Ungläubige schon mal Erschießen oder ihnen zumindest die Hand abhacken.

Als Christian seinen Sohn endlich gefunden hat, eskaliert die Situation, denn Adam hat keinerlei Interesse daran, sich von seinem Vater vorschreiben zu lassen, wie er sein Leben zu führen hat.

„Vejen hjem“, der Weg nach Hause, heißt Charlotte Sielings Film im dänischen Original, woraus der deutsche Verleih seltsamerweise „Kein Weg zurück“ gemacht hat. Was allerdings nicht schlimm ist, denn die größte Qualität des Films liegt weniger in einer spannungsreichen Story, als in der Darstellung der Zustände in Syrien, der unterschiedlichen Gruppierungen und Motivationen der Kämpfer.

Verantwortlich für diese Qualität ist in erster Linie der Co-Drehbuchautor Nagieb Khaja, ein dänischer Journalist, der in den letzten Jahren vielfach preisgekrönte Dokumentarfilme in Syrien oder Afghanistan gedreht hat. Seine Erfahrungen wollte er schon lange in einem Spielfilm verarbeiten, ursprünglich interessierten sich der amerikanische Schauspieler Riz Ahmed und der deutsche Regisseur Fatih Akin für den Stoff, doch aus dieser Zusammenarbeit wurde nichts.

Ein wenig kleiner ist „Kein Weg zurück“ nun geworden, eine dänisch-deutsche Co-Produktion, in Jordanien gedreht, die bewusst versucht, Klischees zu umgehen. Natürlich, die fanatischen Anhänger des IS sind die Antagonisten, aber selbst unter ihnen gibt es ambivalente Figur. Man merkt den Situationen in die Christian gerät an, dass Khaja weiß, wovon er schreibt, dass er vor Ort mit ausländischen Dschihadisten zu tun hatte, dass er ihre unterschiedlichen Motivationen kennt, von ihren Wünschen und Träumen weiß, vielleicht auch von dem Gefühl zu realisieren, dass sie am falschen Ort sind.

Der dänische Starschauspieler Nikolaj Lie Kaas, auch in Deutschland bekannt aus unzähligen dänischen Filmen und Fernsehserien, nicht zuletzt den Jussi Adler-Olsen-Sonderdezernat Q-Krimis, spielt auch hier einen brütenden Typen, der nie lächelt, der getrieben wirkt, geradezu besessen. Weit geht seine Figur, um den Sohn zu retten, Blut an den Händen hat Christian am Ende, ob der Vater auf seine Weise nicht ebenso fanatisch agiert wie der Sohn, mag man sich fragen. Ein wenig melodramatisch entwickelt sich „Kein Weg zurück“ zwar, über weite Strecken überzeugt Charlotte Sielings Film jedoch als authentisches, fast dokumentarisches Drama über den syrischen Bürgerkrieg und die Menschen, die sich in ihm verloren haben.

 

Michael Meyns

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