Kill the Messenger

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Immer wieder fühlt man sich in Michael Cuestas „Kill the Messenger“ an Filme aus den 70er Jahren erinnert, was das größte Kompliment ist, dass man einem Journalismus-Thriller machen kann. Ähnlich entlarvend, schwankend zwischen aufklärerischem Geist und Hoffnungslosigkeit ist auch diese Geschichte über die Verwicklungen der CIA in den Drogenhandel.

Webseite: www.killthemessenger-film.de

USA 2014
Regie: Michael Cuesta
Buch: Peter Landesman
Darsteller: Jeremy Renner, Robert Patrick, Mary Elizabeth Winstead, Paz Vega, Oliver Platt, Andy Garcia, Michael Kenneth Williams
Länge: 112 Minuten
Verleih: Universal
Kinostart: 10. September 2015
 

FILMKRITIK:

Kalifornien, Mitte der 90er Jahre. Die Ära der Reagan-Administration ist lange vorbei, doch die krummen, um nicht zu sagen kriminellen Methoden der erzkonservativen, stramm anti-kommunistischen Regierung und ihrer Unterstützer im Auslandsgeheimdienst CIA sind noch lange nicht aufgeklärt. Durch Zufall gerät der brillante, nach höherem strebende Lokaljournalist Gary Webb (Jeremy Renner) an Informationen, die skandalös sind. Um in den 80er Jahren die Contra-Rebellen im mittelamerikanischen Staat Nicaragua zu finanzieren brauchte die Regierung Geld, viel Geld. Da der damals von den Demokraten beherrschte Kongress kein Geld für eine offensichtlich fragwürdige Rebellen-Organisation zur Verfügung stellen wollte, die vor allem deshalb unterstützt wurde, weil sie gegen die linksgerichtete Regierung kämpfte, griff die CIA zu anderen Methoden. Man erlaubte Mittelsmännern Kokain nach Amerika zu liefern und finanzierte von den Gewinnen die Rebellen.

Ein finsteres Kapitel der amerikanischen Geschichte, denn die zunehmende Verfügbarkeit von Kokain bzw. der unreineren, viel süchtiger machenden und gefährlicheren Variante Crack führte besonders in den Großstädten zu einer wahren Epidemie. Die besonders in den ohnehin sozial schwachen Vierteln der schwarzen Amerikaner katastrophale Folgen hatte, die Armut noch verstärkte und die Kriminalität wachsen ließ. In dieses Wespennetz sticht nun Gary Webb, der voller Enthusiasmus zu recherchieren beginnt, in Nicaragua mit inhaftierten Drogenbossen spricht, von Geheimdienst-Mitarbeitern gewarnt wird, schließlich jedoch trotz aller Widerstände seine Geschichte veröffentlicht. Doch nicht etwa Anerkennung ist sein Lohn, sondern die Zerstörung seines Lebens, was letztlich gar zu seinem Tod führte, der vermutlich ein Selbstmord war, auch wenn manche Umstände Zweifel suggerieren.

Das „Kill the Messenger“ in Amerika zwar mit respektvollen Kritiken bedacht wurde, vom Publikum aber weitestgehend ignoriert wurde ist wenig überraschend. Zu lange her ist die beschriebene Ära, zu allgegenwärtig sind Machtmissbrauch, fragwürdige Methoden von Regierung und Geheimdiensten, aber auch die Bereitwilligkeit, mit der sich die so genannte Qualitätspresse – in den USA die drei großen Zeitungen NY Times, Washington Post und LA Times – im Zweifel oft in den Dienst der Regierung stellen und unliebsame Enthüllungen und Journalisten diskreditieren.

Gerade dieses kritische Bild des Journalismus, das Michael Cuesta mit großer Komplexität entwirft, macht „Kill the Messenger“ aber so interessant und sehenswert. Dass er dabei seine Hauptfigur Gary Webb in einem Maße zu einer Heldenfigur stilisiert, die er vielleicht nicht ganz war stört dabei nicht. Zumal Jeremy Renner das Engagement, den Enthusiasmus, aber auch die zunehmende Verzweiflung angesichts der übermächtigen Gegner mitreißend verkörpert. Ein im besten Sinne altmodischer, intelligenter und engagierter Journalismus-Thriller.
 
Michael Meyns