Küss den Frosch

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Zwar sind erst fünf Jahre seit dem letzten handgezeichneten Animationsfilm aus dem Hause Disney vergangen, dennoch mutet „Küss den Frosch“ über weite Strecken wie ein Film aus einer anderen Zeit an. Das klassische Grimmsche Märchen vom Froschkönig wurde Disneyisiert, mit aufwändigen Gesangsnummern aufgepeppt, steckt voller stereotyper Charakterisierungen und ist ausgesprochen unterhaltsam.

Webseite: www.kuess-den-frosch.de

(The Princess and the Frog)
Animationsfilm
USA 2009
Regie: Ron Clements und John Musker
Buch: Ron Clements, Rob Edwards, Greg Erb, John Musker, Jason Oremland
Verleih: Walt Disney Studios
Kinostart: 10. Dezember 2009
97 Minuten
 

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

In den ersten 20 Minuten von „Küss den Frosch“ fühlt man sich wie in längst vergangener Zeit. Die größtenteils per traditioneller Handzeichnung entstandenen Bilder, mit ihren groben Strichen, den klaren Formen und Farben sind ein angenehmer Kontrast zu den Computerbildern, die den Animationsfilm aus Hollywood in den letzten Jahren dominiert haben. Und auch die Geschichte könnte altmodischer nicht sein. Nach Jahren, in denen die Helden von Animationsfilmen meist sprechende Tiere waren, die Abenteuer erlebten und dabei ihre popkulturelle Versiertheit bewiesen, wird hier ein klassisches Märchen adaptiert. Die Geschichte vom verwunschenen Prinz, der als Frosch sein Dasein fristet und nur durch den Kuss einer Prinzessin zurückverwandelt werden kann, verlegten die Disney-Autoren ins New Orleans der 20er Jahre. Hier träumt die junge, hübsche Tiana von einem eigenen Restaurant, für das sie in zahlreichen Jobs schuftet. Der Clou an der Sache: Tiana ist schwarz, was im Disney-Kosmos dann doch eine Rarität ist. Doch so modern es auf den ersten Blick wirkt, eine schwarze Heldin in den Mittelpunkt zu stellen, so fragwürdig sind die überzeichneten Stereotype, die sie umgeben. Dicke Lippen, schlaksige Bewegungen, ständig Musik machend und tanzend, dazu zumindest in der englischen Originalversion mit überzeichnetem Südstaaten-Akzent sprechend. Der Revisionismus, der sich in Stil und Geschichte zeigt, setzt sich auch in der Ideologie der Figuren fort. Zumindest solange, bis Tiana und ihr zukünftiger Traumprinz Naveen in Frösche verwandelt sind.

Gemeinsam macht sich das Frosch-Paar auf die Suche nach einer Möglichkeit, den Voodoo-Zauber zu brechen, den ein spindeldürrer Schurke auf sie gelegt hat. In zum Teil recht finsteren Szenen, die den Film für kleinere Kinder wohl eher zu gruselig machen, jagt der Magier hinter den Fröschen her und schickt dunkle Schattenwesen auf ihre Spur. Die sind Anlass für einige der schönsten visuellen Momente des Films, Szenen in denen eine fast abstrakte Note die Bilder bestimmt. Oft sind dies die Gesangsnummern, die wie in alten Disney-Zeiten Anlass für aufwändig choreographierte Momente sind, in denen sich Figuren, allerlei Gegenstände, ja die ganze Natur in Reih und Glied bewegen. Überhaupt ist es die Musik von Randy Newmann, die den Film trägt. Er bedient sich großzügig bei sämtlichen Richtungen des New Orleans-Jazz und begleitet die Reise durch die Sümpfe mit Variationen aus Kreol- und Bayouklängen.

Statt Anspielungen an die Popkultur finden sich Bezüge zu Tennessee Williams, statt neunmalkluger Tiere, liebevolle Krokodile und Glühwürmchen, nur die Moral unterscheidet sich nicht wesentlich. Auch in „Küss den Frosch“ werden die klassischen Disney-Familienwerte hochgehalten, wird die Familie über den persönlichen Traum gestellt, ist die Hochzeit mit dem Traumprinzen der einzig wahre Weg zum Glück. Das ist in jeder Hinsicht so altmodisch wie mitreißend, vor allem aber eine willkommene Abwechslung von den zahllosen überproduzierten Computeranimationsfilmen der letzten Jahre.

Michael Meyns

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