La Grande Bellezza

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Rom sehen - und sterben. So könnte Paolo Sorrentinos neuer Film „La Grande Bellezza“ auch heißen, denn darum geht es: Um Rom, und das Sterben – doch vor allem um das Leben, das dem unweigerlichen Sterben vorangeht. In seiner typischen schwelgerischen, ausladenden, manchmal überbordenden, unkontrollierten Manier erzählt Sorrentino von einem 65jährigen Journalisten, der sich und sein dekadentes Leben reflektiert.

Webseite: www.dcmworld.com

Italien 2013
Regie: Paolo Sorrentino
Buch: Paolo Sorrentino, Umberto Contarello
Darsteller: Toni Servillo, Carlo Verdone, Sabrina Ferilli, Carlo Buccirosso, Iaia Forte, Pamela Villoresi
Länge: 142 Minuten
Verleih: DCM
Kinostart: 25. Juli 2013

PRESSESTIMMEN:

"Federico Fellinis "La dolce vita", ein Meisterwerk des Kinos, kann man nicht toppen. Aber auf höchst originelle Weise fortschreiben. Paolo Sorrentino erzählt in "La grande bellezza" die Geschichte des alternden Klatschreporters Jep Gambardella - mit einem brillanten Toni Servillo in der Hauptrolle."
Der Tagesspiegel

"...erzählt mitreißend von der Sinnsuche inmitten ewiger Schönheit. ...ein grandioser und am Ende beglückender Film über die Erfahrungen, die man mit anderen Menschen teilen kann, wenn man auf sein Leben zurückblickt. ...Eine neue, zeitgemäßge Version von Fellinis 'La Dolce Vita'."
DER SPIEGEL

"Opulente Commedia della Decadenza, fasziniert als sommerlicher Post-Fellini-Blick auf die gehobenbe römische Gesellschaft."
KulturSPIEGEL

FILMKRITIK:

Jeb Gambardella (Toni Servillo) verkörpert das sprichwörtliche Dolce Vita auf idealtypische Weise: Trotz seiner 65 Jahre ist der stets makellos gekleidete Star-Journalist eine Augenweide, feiert auf dekadenten Partys mit den reichen und schönen (und solchen, die sich dafür halten) ausgelassene Feste, schläft mit schönen Frauen – und steckt doch in einer Lebenskrise. Irgendwie scheint ein Leben, das aus Feiern und Glamour besteht doch zu oberflächlich für jemanden zu sein, der vor Jahrzehnten einmal einen Roman schreib und mit einer Karriere als Schriftsteller liebäugelte. So zieht Jab voller Melancholie durch die ewige Stadt, begegnet interessanten, merkwürdigen, bizarren Menschen, lernt für kurze Zeit die Liebe kennen, um doch immer wieder allein auf seine mondänen Terrasse über den Dächern von Rom zurückzukehren: Allein, und dem Tod ein bisschen näher.

Mit seiner bitterbösen Polit-Satire „Il Divo-Der Göttliche“, in der er die Machenschaft Giulio Andreotti sezierte, wurde der italienische Regisseur Paolo Sorrentino auch in Deutschland bekannt. Es folgte „This Must be the Place“, ein mit befremden aufgenommener Ausflug nach Amerika, wo Sorrentino Sean Penn als alternder Rockstar auf Sinnsuche inszenierte. So unterschiedlich diese Filme auch waren zeigten sie dennoch, dass Sorrentino manches ist, aber gewiss kein feingeistiger, subtiler Regisseur.

Und so geht er auch in „La Grande Belleza“ vom ersten Bild an in die Vollen: Die Kamera schwebt und fliegt durch die Straßen von Rom, in allen möglichen und unmöglichen Perspektiven wird die ewige Stadt von ihrer schönsten Seite eingefangen, so dass man sich bisweilen in einem Werbeclip des Fremdenverkehrsamtes wähnt. Vor allem aber geht der Gedanke ein paar Jahrzehnte in die Filmgeschichte zurück, zur offensichtlichen Inspirationsquelle „La Dolce Vita.“

Hier wie da geht es um einen Journalisten, der mit sich und seinem Leben hadert, von schönen Frauen umgeben und doch unglücklich ist. Doch die Leichtigkeit Fellinis ist nicht Sorrentinos Ziel, er strebt nach Anderem: Wenn sich seine Hauptfigur Jeb Gambardella im Verlauf seiner Erlebnisse mehr und mehr an seine Jugendliebe erinnert, dann wird deutlich, dass sich der Titel „La Grande Belleza-Die große Schönheit“ nicht nur auf Rom bezieht.

In seiner typischen mäandernden Erzählweise, die weniger einer klaren Dramaturgie folgt als einem impressionistischen Reigen, in dem sich Realität und Traumsequenzen kaum unterscheiden, erzählt Sorrentino von der Suche nach einem Lebenssinn. Wie er die Selbstherrlichkeit der Oberschicht zeigt, sich über ihre Macken und Gelage lustig macht, ist zwar nicht unbedingt subtil, trifft mit ihrer offensichtlichen Anlehnung an die berühmt-berüchtigten Gelage Silvio Berlusconis aber den Nerv der Zeit. Allein in ihrer Selbstwahrnehmung ist diese Elite abgehoben vom normalen Leben, losgelöst von den Sorgen und Problemen des einfachen Mannes. Doch wie Jeb Gambardella im Laufe des Films langsam versteht: Auch unermesslicher Reichtum kann an der Unausweichlichkeit des Todes nichts ändern. Doch bei aller Melancholie, trotz diverser Todesfälle und Beerdigungen: „La Grande Belleza“ ist kein düsterer Film, sondern ein verspielter, bunter, bisweilen bizarrer Reigen, schwelgerisch inszeniert und sowohl eine Ode ans Leben, als auch an Rom.

Michael Meyns