Lachsfischen im Jemen

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Lasse Halström hat mit "Lachsfischen im Jemen" eine äußerst vergnügliche Geschichte verfilmt, die biologische Absurditäten mit politischer Satire und verrückten Liebeswirren vermischt. Dabei werden Grenzen zur Plattheit, Belanglosigkeit und zum Kitsch nie überschritten. Ein Scheich will Lachse in der Wüste züchten, wendet sich an die britische Regierung, die einen bekannten Fisch-Experten mit der Lösung des Problems beauftragt. Londoner Regierungskreise freuen sich über eine willkommene Ablenkung von den wirklichen Problemen im Nahen Osten. Außerdem spielt Geld keine Rolle, dafür aber die Gefühlswelt einiger Beteiligter. Großartig besetzt mit Ewan McGregor, Emily Blunt und Kristin Scott Thomas.

Webseite: www.lachsfischen-im-jemen.de

OT: Salmon Fishing in the Yemen
Großbritannien 2011
Regie: Lasse Hallström
Drehbuch: Simon Beaufroy nach dem gleichnamigen Roman von Paul Torday
Darsteller: Ewan McGregor, Emily Blunt, Kristin Scott Thomas, Tom Mison, Rachael Stirling, Amre Waked
Länge: 112 Min.
Verleih: Concorde
Kinostart: 17. Mai 2012

PRESSESTIMMEN:

Simon Beaufoy (‚Slumdog Millionär’) hat ein temporeiches und witziges Drehbuch geschrieben, das sogar einem Billy Wilder gefallen hätte. Die romantische Seite der reichlich verwegenen Story setzen Ewan McGregor und Emily Blunt mit großer Spielfreude um, für den mediensatirischen Part ist Kristin Scott Thomas zuständig. Und mit Amr Waked ist der wohl weltschönste Scheich seit Omar Sharif mit im Boot. Im Boot? Maritime Metaphern ausgerechnet im Jemen? Ganz recht... Ein zündendes Stück Kino mit viel Humor…
DIE ZEIT

FILMKRITIK:

Ein Schwede macht einen britischen Film, der sehenswert und sehr kurzweilig ist. Das war eigentlich nicht anders zu erwarten, denn Lasse Hallström hat sich im Laufe seiner Karriere international mit den unterschiedlichsten Sujets beschäftigt und ist immer für neue Überraschungen gut. Diesmal hat er sich in satirischer Weise der britischen Außenpolitik angenommen, das Ganze mit einem typisch britischen Hobby, dem Fliegenfischen verknüpft, eine phantastische biologische Utopie beigemischt und letztlich britisches Liebesleben humorvoll unter die Lupe genommen.

Dr. Alfred Jones (Ewan McGregor) ist der führende Lachs-Experte im britischen Königreich. Er lebt ein ruhiges und entspanntes Leben. Wenn er nicht gerade zu Hause über neue Varianten von Köderfliegen nachgrübelt, fährt er gerne nach Schottland, um diese auszuprobieren und gleichzeitig vor seinem gepflegten, aber langweiligen Zuhause samt Ehefrau Mary (Rachael Stirling) zu fliehen. Aus diesem Alltag wird er gerissen, als die Finanzberaterin Harriet Chetwode-Talbot (Emily Blunt) ihn bittet, bei einem höchst spektakulären und ungewöhnlichen Projekt im Jemen mitzuwirken. Ein reicher Scheich würde alles finanzieren. Für Jones ist das vollkommener Blödsinn, reichlich benötigtes Wasser für Lachse dürfte in der Wüste kaum vorhanden sein. Er winkt ab. Bis ihn der Ruf des Premierministers in Gestalt von dessen PR-Strategin Patricia Maxwell (Kristin Scott Thomas) ereilt. So ein Projekt bietet willkommenen Anlaß, von der schwierigen, unpopulären außenpolitischen und militärischen Situation im Nahen Osten abzulenken. Dr. Jones ist die Sache durchaus ebenfalls willkommen, kann er auf diese Weise der Trostlosigkeit seines Hauses erstmal entkommen. Seine Frau hat übrigens auch die Koffer gepackt, um einige Zeit in Genf zu arbeiten. Ihre Ehe funktioniert schon lange nicht mehr. Harriet hofft ihren neuen Freund, der als Offizier im Nahen Osten im Einsatz ist, vielleicht zu begegnen. Scheich Muhammad Ibn Zaidi bani Tihama (Amre Waked) hofft auf seine Lachse, die britische Regierung auf positive Publicity. Es wird aber noch sehr turbulent und verwickelt werden, bis der Film schließlich an seinem Ende angelangt ist. Und bei der Lösung von Liebeswirren dauert es bekanntlich meist ziemlich lange, bis sie aufgelöst sind - zumindest die 112-minütige Filmlänge.

Lasse Hallström hat den Plot genau getimt, jeder Gag, jede absurde Situation, jede satirische Anspielung und romantische Stimmung sitzt. Alles wirkt perfekt plaziert, ohne allzusehr zu übertreiben. Die Darsteller, besonders McGregor und Scott Thomas, sind in bester Spiellaune, da sie erfahren genug sind, allen Charakteren Glaubwürdigkeit und Verve zu verleihen. Und Emily Blunt ist schon längst keine Aufsteigerin mehr. Die Geschichte selbst kann man als Märchen über den Glauben an das Unmögliche sehen. Lachse in der Wüste, warum nicht? Es könnte auch etwas anderes sein. Der Scheich, mit viel Geld funktioniert das eher, sieht mehr darin etwas mystisches, ein Gleichnis. Lachse schwimmen vom Meer einen Fluß hinauf, ein Sinnbild die Vollkommenheit der Natur. Und wenn die Menschen Lachse angeln, gibt es keine gesellschaftlichen Schranken mehr. Das hat doch etwas.

Heinz-Jürgen Rippert

Ein jemenitischer Scheich, der einst in England studierte, will auch in seiner Heimat Lachse fischen, wie er dies seinerzeit in Holland tat. Er braucht Wasser, einen Fluss, in dem die Lachse flussaufwärts schwimmen können, er braucht an die 10 000 Fische, er braucht Ingenieure, die alles bauen, er braucht die Engländer, weil aus ihrem Land die Lachse kommen sollen, er braucht den Glauben, dass alles funktionieren wird. Geld spielt keine Rolle.

In England wird Harriet Chetwode-Talbot mit dem Projekt beauftragt, Für die Firma, in der sie arbeitet, ist da einiger Gewinn drin. Als sie jedoch mit den zuständigen Ministerien verhandeln will, erntet sie nur Kopfschütteln. Dr. Alfred Jones, Fachmann auf diesem Gebiet, hält alles im staubtrockenen Jemen für absolut unmöglich.

Aber Harriet ist zäh. Indirekte Unterstützung erhält sie zudem von Patricia Maxwell, der Pressesprecherin des Premierministers. Denn wenn es von diesem schöne Fotos gäbe, die ihn beim Lachsfischen im Jemen zeigen, das wäre doch was. Die schlimmen Nachrichten aus dem mittleren Osten würden etwas überdeckt.

Wenn man nur den Glauben nicht verliert, erreicht man beinahe alles. So auch hier. Die Anlage wird gebaut, die Lachse kommen, sie schwimmen flussaufwärts, die Freude ist groß. Muslimische Extremisten zerstören zwar alles – doch dass das Unmögliche möglich ist, dieser Beweis ist erbracht. Sowieso wird alles wieder aufgerichtet.

Alfred Jones, der Zurückhaltende, rational Denkende, hat sich von seiner Frau getrennt. Langsam, erst nach Wochen, traut er sich, seine Liebe zu der liebreizenden, anmutigen Harriet zu gestehen. Zwar war diese erst vor kurzem noch in einen anderen verliebt – doch sie wird bald einsehen, dass Jones für sie der richtige ist.

Lasse Hallström hat noch keinen schlechten Film gedreht, und das gilt auch für das „Lachsfischen“. Der Routinier hatte Glück mit dem Drehbuch. Zugrunde liegt ein Roman mit trockenem, schwarzem, britischem Humor und natürlich einer kurios-originellen Geschichte. Das Thema des Glaubens an das Unmögliche und damit des Glaubens an einen Gott klingt an; doch noch viel mehr im Vordergrund steht der Witz. Das Ganze ist ein wirklich schöner Film geworden.

Kristin Scott Thomas ist die raffinierte Pressesprecherin, Emily Blunt die reizende Harriett. Ewan McGregor spielt wunderbar unterkühlt den Fischereispezialisten Dr. Jones, und der ägyptische Star Amr Waked ist ein würdiger Scheich. Dass sie meisterhaft spielen, braucht nicht besonders betont zu werden.

Eine witzige, originelle, hervorragend interpretierte Geschichte.

Thomas Engel