Luanas Schwur

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Der albanische Film „Luanas Schwur“ ist das eindrucksvolle, imposante Porträt einer Frau, die beschließt, als Mann zu leben. Das war Frauen in Albanien möglich, wenn sie auf Beziehungen, eine Ehe oder Kinder verzichteten. Diese Schwurjungfrauen waren dann rechtlich Männern gleichgestellt. Der Film greift dieses Thema auf und zeigt auf drei erzählerischen Ebenen, wie es um das Leben dieser Schwurjungfrau bestellt war. Großartig ist die Schauspielerin Rina Krasniqi.

Webseite: https://splendid-film.de/luanas-schwur

Virgjëresha Shqiptare
Albanien / Deutschland / Belgien / Kosovo 2021
Regie: Bujar Alimani
Buch: Katja Kittendorf
Darsteller: Rina Krasniqi, Mimoza Azemi, Fatlume Bunjaku, Kasem Hoxha

Länge: 122 Minuten
Verleih: Splendid
Kinostart: 9. Februar 2023

FILMKRITIK:

Albanien im Jahr 1958: Luana ist die Tochter eines im Dorf geschätzten Mannes, der eine Ehe für sie mit Flamur Fiku arrangiert hat. Eigentlich liebt Luana jedoch Agim – eine Beziehung, die ihr ihr Vater untersagt. Die Hochzeit soll schneller stattfinden, doch als Flamur Luana vor der Hochzeit vergewaltigen will, stellt sich der Vater gegen ihn. Die Hochzeit wird aufgelöst, es kommt zum Streit und zum Kampf. Flamur erschießt Luanas Vater. Damit ist das Eheversprechen auch weiterhin gültig und Luana muss sich die Frage stellen, ob sie zum Erhalt der Familienehre jede Chance auf persönliches Glück aufgeben will.

Rina Krasniqi spielt Luana als junges Mädchen, das beinahe vergewaltigt wird, aber auch als Frau, die den Schwur ablegt, als Mann zu leben. Und dann, als eine Frau, die wieder zu sich selbst findet, die mit den Traditionen bricht und endlich wirklich frei ist. Krasniqi spielt im Grunde drei Rollen, sie stattet jeden Lebensabschnitt ihrer Figur mit einer eigenen Sensibilität aus. Die des Mannes ist auch die, die Blutrache an dem Mörder ihres Vaters geschworen hat.

„Luanas Schwur“ bietet den faszinierenden Blick auf ein ungewöhnliches Leben. Zugleich zeigt der Film aber auch ein archaisches Vorstellungsbild von Ehre, das in manchen Familien wohl auch heute noch genau so gesehen wird. Auch das ist faszinierend, vor allem, als Luana als einziger männlicher Nachfolger ihres Vaters die Blutrache verfolgt. Der Film funktioniert hier auf gleich mehreren Ebenen. Weil er einerseits intimen Einblick in eine andere Kultur offeriert, andererseits jedoch auch eine Gender-Thema aufgreift, das angesichts der Zeit, in der der Film spielt, sehr ungewöhnlich ist.

Das sorgt für eine gewisse Aktualität, die sich daran entzündet, was männlich, was weiblich ist, und wo die Grenzen fließend sind. Luana trifft eine Entscheidung. Nicht aus dem Leidensdruck heraus, sich im eigenen Körper nicht wohlzufühlen, wohl aber der Erkenntnis folgend, dass eine Frau in dieser Gesellschaft nur ein Mensch zweiter Klasse ist. Als Mann kann sie tun, was ihr als Frau nicht möglich war, auch wenn sie dafür alles opfern muss.

„Luanas Schwur“, der in Albanien gedreht wurde und auch mit großartigen Bildern aufwartet, ist ein intensives Drama, das in eine Gefühlswelt entführt, die heute fremd erscheint.

 

Peter Osteried