Erneut plädiert der schwedische Regisseur Lasse Hallström mit seiner neuen Sommerkomödie „Madame Mallory und der Duft von Curry“ auf unterhaltsame Weise für Toleranz, Lebensfreude und Menschenwürde. Gleichzeitig ist sein Feel-Good-Movie nach dem Bestseller „The Hundred-Foot Journey“ von Richard Morais über die Fehde zwischen einem französischen Gourmetrestaurant und einem quirligen indischen Lokal ein inspirierendes Fest für alle Sinne. Sein Clash-of-Cultures sprüht nur so vor kulinarischem Genuss, der selbst Vorurteile besiegt. Besonders Oscar.Preisträgerin Helen Mirren glänzt in dieser charmanten Liebeserklärung an den unverfälschten Geschmack und beweist erneut, dass sie nicht umsonst als eine der größten Schauspielerinnen Hollywoods gilt.
Webseite: www.madame-mallory.de/
USA 2014
Regie: Lasse Hallström
Drehbuch: Steven Knight
Darsteller: Helen Mirren, Om Puri, Manish Dayal, Charlotte Le Bon, Farzana Dua Elahe, Aria Pandya, Amit Shah, Dillon Mitra, Michel Blanc.
Länge: 117 Minuten
Verleih: Constantin
Kinostart: 21. August 2014
FILMKRITIK:
„Ist das dort eine Hochzeitsfeier“, erkundigt sich die ältere Dame bei der Restaurant-Chefin Madame Mallory (Helen Mirren) erstaunt über die indischen Klänge aus dem Haus gegenüber. „Nein, eine Beerdigung, der Tod des guten Geschmacks“, erwidert die preisgekrönte Köchin des Sternerestaurants Le Saule Pleureur genervt. Die unterkühlte Französin ist außer sich über die Eröffnung des indischen Restaurant Maison Mumbai auf der anderen Straßenseite. Jetzt heißt es: Haute Cuisine gegen orientalische Gewürzvielfalt. Tandoori Huhn in Saint-Antonin-Noble-Val? Nicht mit Madame Mallory. Ein Kleinkrieg zwischen Gourmetrestaurant und Maison Mumbai beginnt.
Für die indische Familie Kadam, die ihre Heimat verlassen musste, scheint dadurch kein Platz im idyllischen Dörfchen in Südfrankreich zu sein. Doch Familienoberhaupt Papa (Om Puri) lässt sich nicht unterkriegen. Nicht zuletzt besitzt sein Sohn Hassan (Manish Dayal) ein junger, talentierter Koch das Äquivalent zum „absoluten Gehör“ – den „absoluten Geschmack“. Hassans Leidenschaft sowohl für französische Haute Cuisine als auch für Madame Mallorys bezaubernde Sous-Chefin Marquerite (Charlotte Le Bon) bringt die Wende. Denn seine Gabe die Köstlichkeiten beider Kulturen zu verbinden kann selbst Madame Mallory nicht ignorieren. Sie erkennt sein einzigartiges Talent als Koch und nimmt ihn unter ihre Fittiche.
Sie gilt als eine der größten Schauspielerinnen Hollywoods - und zugleich als eine der interessantesten Frauen: Helen Mirren. Die Meisterin der Nuancen, der sparsamen Gesten, arbeitet auch dieses Mal ihre Figur kristallklar heraus. Schließlich beherrscht die englische Charakterdarstellerin in ihrer mehr als 40-jährigen Karriere, den Spagat zwischen großen historischen Frauenfiguren und modernen Grenzgängerinnen. Die energiegeladene Mittsechzigerin, die mit 19 Jahren die jüngste je in die ehrwürdige „Royal Shakespeare Company“ aufgenommene Schauspielerin war, brillierte in traumhaft aufwändigen Kostümen in Shakespeare-Rollen aber auch ohne feine Stoffe in Nigel Coles „Kalender Girls“. Den größten Triumph freilich feierte die Britin aus einer weißrussischen Aristokratenfamilie als Verkörperung Queen Elizabeth II. in Stephen Frears Biopic über die Monarchin.
Seitdem gilt die Oscar-Preisträgerin zwar als Inbegriff alles Britischen. Doch auch als distinguierte Französin in authentischer französischer Kulisse und inmitten köstlichster Gerichte macht sie eine gute Figur. Auch wenn die 68jährige offen zugibt, dass sie wenig Geduld für die hohe Kunst des Kochens aufbringt. „Manche Köche sind echte Künstler in dem was sie so alles auf den Tisch zaubern können. Vor allem die Franzosen“, weiß sie freilich. Vor allem im Zusammenspiel mit dem großartigen indischen Schauspieler Om Puri entfaltet die Grande Dame des internationalen Kinos ihr komödiantisches Talent. Für die charmante Prise Romantik sorgt freilich auch die Paar-Konstellation Charlotte Le Bon und Manish Dayal als junges Liebespaar.
Lasse Hallström ist für seine originellen Dramen, verträumten Charaktere und extravaganten Szenarios bekannt. „Mir ist die Charakterisierung der Figuren wichtiger als Action“, betont der renommierte Regisseur. Dabei findet der Schwede immer wieder Stoffe, die trotz allem Optimismus und begründete Hoffnung zeigen. Und auch diesmal gelingt es dem gebürtigen Stockholmer mit malerischen Bildern die positiven Seiten aufzuzeigen. Meisterhaft lässt er Wohlfühl-Kino mit Anspruch entstehen wie einst mit „Gilbert Grape“, dem exzellenten Drama „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ bis hin zur warmherzigen Komödie „Chocolat“. „Ich suche nach starken Gefühlen und versuche, Kitsch zu vermeiden“, sagt er. Und so überzeugt seine Beziehungs- und Familien-Geschichte, auch dank großartiger Darsteller, durch erzählerische Tiefe. Da er sich zudem mit dem Inszenieren kulinarischer Köstlichkeiten zur Genüge auskennt, wartet auf den Zuschauer ein Schmanckerl der besonderen Art.
Luitgard Koch