Meine letzte Nacht mit einem Vampir

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Der französische Film „Meine letzte Nacht mit einem Vampir“ ist dem Titel zum Trotz kein Horrorfilm, eher schon ein ganz zartes Coming-of-Age-Drama, das das Flair der Sechzigerjahre erschafft, aber darüber hinaus extrem langsam erzählt ist. Es geht um eine (vielleicht) letzte Nacht, denn die Hauptfigur hat geträumt, dass sie sterben wird.

Webseite: https://www.wfilm.de/de/meine-letzte-nacht-mit-einem-vampir/

Le Morsure
Frankreich 2023
Regie: Romain de Saint-Blanquat
Buch: Romain de Saint-Blanquat
Darsteller: Léonie Dahan-Lamort, Lilith Grasmug, Maxime Rohart

Länge: 88 Minuten
Verleih: W-Film
Kinostart: 3. April 2025

FILMKRITIK:

Im Frankreich des Jahres 1967 lebt Françoise in einem katholischen Mädcheninternat, in dem strenge Regeln herrschen. Eines Nachts träumt Françoise von ihrem bevorstehenden Tod. Das erschreckt sie so sehr, dass sie, wenn der Traum prophetisch sein sollte, noch einmal in ganzen Zügen leben möchte. Mit ihrer besten Freundin Delphine bricht sie aus dem Internat aus, um zu einem Kostümfest in einer verfallenen Villa zu gehen. Dort lernt sie den mysteriösen Christophe kennen, der ihr sagt, er sei ein Vampir.

Was Romain de Saint-Blanquart auf jeden Fall kann, ist stimmungsvolle Bilder zu erschaffen. Sein Film sieht traumhaft schön aus. Er verbeugt sich mit seinem Film vor der Schauerromantik längst vergangener Zeiten. Ebenso erschafft er ein Gefühl des Abseitigen. „Meine letzte Nacht mit einem Vampir“ hat immer wieder das Flair eines phantastischen Films, ist aber vor allem ein feministisches Coming-of-Age-Drama, in dem sich eine junge Frau aus den Zwängen der Gesellschaft und mehr noch des rigiden Internats freischwimmt.

Das ist schön anzusehen, keine Frage, nur leider ist es auch extrem langatmig. Knapp 90 Minuten klingt nicht nach viel, aber sie können sich nach sehr viel anfühlen. Weil die Geschichte extrem langsam erzählt ist, weil im Grunde auch kaum etwas passiert auf dem Weg zur Party, aber auch nach der Ankunft dort. Dem gegenüber stehen wunderschöne Bilder und eine traumhafte Musik – beides orientiert sich am französischen Kino der Sechzigerjahre, wirkt damit aus heutiger Sicht fast schon ein wenig fremd, aber auch faszinierend. Nur dass dieser Eindruck sich eben nicht über abendfüllende Länge hält.

Was de Saint-Blanquart erschafft, könnte man durchaus als lyrisch betrachten. Sein Film ist wie ein Gedicht, aber auch hier gilt: Kein Gedicht ist so lange, wie es dieser Film ist. Dass er bei einem genre-interessierten Publikum dennoch ankommen kann, zeigt, dass er mit dem Méliès d’Argent für den besten Genrefilm beim Sitges Film Festival 2023 ausgezeichnet wurde. Das lässt sich auch durchaus verstehen, aber wer mit dem Gedanken spielt, sich „Meine letzte Nacht mit einem Vampir“ anzusehen, sollte zumindest wissen, worauf er sich einlässt. Auf einen Film, den man vielleicht fühlen kann, der aber durchaus herausfordernd ist, wenn es darum geht, ihm anderthalb Stunden Aufmerksamkeit zu schenken.

 

Peter Osteried