Men – Was dich sucht, wird dich finden

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Von toxischer Männlichkeit ist in den letzten Jahren oft die Rede, von scheinbar unveränderlichen Verhaltensweisen, die das Zusammenleben zwischen Mann und Frau oft schwierig werden lassen. Um diese Themen kreist „Men“, ein Film von Alex Garland, der lose im Bereich des psychologischen Horrors angesiedelt ist, aber vor allem als surrealer Mind Fuck-Film funktioniert.

GB 2021
Regie und Buch: Alex Garland
Darsteller: Jessie Buckley, Rory Kinnear, Paapa Essiedu

Länge: 86 Minuten
Verleih: Koch Films
Kinostart: 18. August 2022

FILMKRITIK:

„Männer sind Schweine, sie wollen alle nur das eine“ sangen einst die Ärzte, während Herbert Grönemeyer betonte: „Männer nehmen in den Arm, Männer geben Geborgenheit.“ Vielseitig ist das vermeintlich starke Geschlecht in jedem Fall und gerade die sogenannten alten weißen Männer fühlen sich in den letzten Jahren zunehmend bedrängt oder gar verdrängt. Oft durchaus zurecht, auch wenn das nicht jeder Mann wahrhaben will.

Anderer Ansicht ist ganz offensichtlich der britische Autor und Regisseur Alex Garland, der seinen Geschlechtsgenossen in seinem dritten Spielfilm „Men“ kein gutes Bild ausstellt. Am Anfang steht der Tod eines Mannes: James (Paapa Essiedu) fällt vom Dach, vielleicht war es ein Unfall, vielleicht auch ein angekündigter Selbstmord. Mit diesem hatte James seiner Frau Harper (Jessie Buckley) gedroht, als diese ihm mitteilte, dass sie ihn verlassen wird. Eine Frau selbst im Moment des Todes noch zu verletzen, ihre Psyche anzuknacksen, ihr Selbstvertrauen in Frage zu stellen. Typisch Mann also? Zumindest in der Welt von „Men“, in der Harper in einem wunderschönen englischen Landhaus Ruhe sucht, in bukolischer Landschaft, voller satter, unwirklich grüner Landschaft.

Doch schon der Hausverwalter (Rory Kinnear) mutet seltsam an, nicht wirklich übergriffig, aber stets etwas zu intim werdend. Und so geht es weiter in diesem seltsam entvölkerten Dorf, in dem es keine Frauen zu geben scheint und alle Männer ähnlich aussehen. Der örtliche Vikar (erneut Kinnear) hört Harper erst an, betont dann aber, dass sie ganz offensichtlich Schuld am Tod ihres Mannes sei. Ein vulgärer Teenager (wieder Kinnear, durch Deep Fake-Technologie kleiner geworden) beschimpft Harper als Schlampe und schließlich wird es ganz bizarr: Bei einem Spaziergang landet Harper in einem Tunnel (ja, man darf an Freudsche Symbolik denken), an dessen Ende ein Mann auftaucht. Gefahr droht nicht wirklich, aber die Sorge ist größer und Harper flieht. Und fortan stromert ein nackter Mann (genau: Rory Kinnear) durch den Garten und versucht ins Haus einzudringen. Der Dorfpolizist (Kinnear) verspricht zu helfen, lässt den Eindringling aber schnell wieder laufen, es sei ja nichts passiert.

Eine surreale Welt lässt Alex Garland entstehen, zum Teil bedingt durch die Umstände der Covid-Pandemie. Mit möglichst wenigen Schauspielern, an möglichst wenigen Orten zu drehen führt hier allerdings zu einer ebenso zwingenden, wie plakativen Metapher: Alle Männer sind irgendwie gleich, ähneln sich äußerlich, vor allem aber in ihren Verhaltensweisen. Woran das liegt ist nun die Frage, als Antwort bietet Garland christliche Traditionen an, beeinflusst von heidnischen Riten, die die Menschen seit langer Zeit in Rollenmuster zwängen und zwingen, Verhaltensweisen vorgeben, aus denen auszubrechen schwer fällt. Und zumindest für die meisten Männer lange Zeit auch völlig unnötig erschien, man hatte es sich schließlich in der Machtposition fein eingerichtet, warum also an sich arbeiten?

Wie sehr sich Männer ähneln, wie sehr sie ihre Verhaltensmuster von Generation zu Generation weitergeben zeigt Garland am Ende in einer spektakulären Geburtsphantasie, die zwar ebenso unsubtil bleibt wie der gesamte Film, aber fraglos beeindruckt. Weniger Analyse als Pamphlet ist „Men“, aber vielleicht braucht es momentan noch solcher Anklagen, bevor die Diskussion und die Filme über sie vielschichtiger werden können.

 

Michael Meyns