Metaller die auf Brüste starren

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„Das schlimmste ist, wenn das Bier alle ist!“ So lautet der immer wiederkehrende, aus vielen heiseren Kehlen gegrölte Refrain dieser Dokumentation. Schauplatz ist das größte Metall-Festival Deutschlands in Wacken, auf dem eigentlich ganz normale Männer (und einige Frauen), sich für ein paar Tage eher unnormal verhalten. Wie das aussieht, zeigt dieser Film mit viel Selbstironie und Lust an Skurrilem und Absurdem.

Webseite: www.youtube.com

Deutschland 2010 - Dokumentation
Regie, Buch, Kamera, Schnitt: Dmitry April & Thorsten Hänseler
Länge: 91 Min.
Verleih: OKBO
Kinostart: 5. Mai 2011

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Vor einigen Jahren machte die Dokumentation „Full Metal Village“ das Wacken-Open Air-Festival auch über die Heavy Metal Musikszene hinaus bekannt. Es war ein eher ernsthafter Film, dessen dokumentarischer Blick das bizarre Treiben zehntausender, meist mehr oder weniger bierseliger Musikfans fast soziologisch porträtierte. Schon der Titel von „Metaller, die auf Brüste starren“ – ein Projekt des Offenen Kanals Bad Offenbachs – deutet an, dass es sich hier um einen etwas anderen Blick handelt. Inhaltlich deckt der Film von Dmitry April und Thorsten Hänseler ähnliches Terrain ab, mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass die beiden Regisseure auch Teil des Geschehens sind und sich ohne Rücksicht auf Verluste in das Getümmel des Festivals stürzen. Eine echte Dokumentation ist das natürlich nicht, eher ein langes Heimvideo, das man irgendwann den Enkeln präsentiert, wenn man ihnen zeigen will, wie wild und ungestüm man in jüngeren Jahren war. Mit gewöhnlichen Digitalkameras gefilmt, voller wackeliger Einstellungen, bei denen oft wenig zu erkennen ist, wäre „Metaller die auf Brüste starren“ unter Umständen zu einer uninteressanten Nabelschau geworden, wenn die Macher nicht ein ganz erhebliches Maß an Selbstironie mitbringen würden.

Zusammen mit drei Freunden fahren die Regisseure Dmitry April und Thorsten Hänseler seit Jahren auf das Festival von Wacken, sehr viel Bier im Gepäck und eben auch eine Videokamera. So entstand irgendwann die Idee, die Erlebnisse zu einem Film zusammen zu schneiden. Was man hier für 90 Minuten also sieht, ist kein Blick hinter die Organisation des Festivals und auch kein Festivalfilm im Sinne von Interviews mit Musikern und Szenen von Bandauftritten. Was man hier sieht sind mehr oder weniger junge Männer, die mehr oder weniger sinnvolle Kommentare in die Kamera sprechen, denn sie haben meist eher mehr als wenig Bier intus. Das Ausmaß des Bierkonsums ist so etwas wie der rote Faden dieses Films, der sich selbst ehrlicherweise als Trash-Dokumentation bezeichnet. Palettenweise bevorraten sich die Besucher für das drei Tage dauernde Festival, auf das der Alkoholpegel hoch bleibt. Betrunkene, erbrechende Besucher sieht man dennoch kaum, was eher nicht der Diskretion der Filmemacher zu schulden ist, sondern der Geisteshaltung der Metaller. Die wollen zwar bierselig feiern, sich für ein paar Tage vollkommen infantil, bisweilen auch sexistisch und ganz generell vulgär aufführen, aber der Spaß steht immer im Mittelpunkt. Und auch wenn der Titel des Films anderes andeutet, scheint eher wenig Zeit mit dem anderen Geschlecht verbracht zu werden, als, genau, mit Biertrinken. „Saufen, Saufen, Saufen“, „Besoffen sein“ oder eben „Das schlimmste ist, wenn das Bier alle ist“ lauten dementsprechend einige der Songs, die meist eher gegrölt als gesungen werden.

Trotz einer eigentlichen nicht vorhandenen Handlung wird „Metaller die auf Brüste starren“ nie langweilig, die Absurdität der Situationen, der offensichtliche Spaß, den alle Beteiligten hatten, trägt ebenso dazu bei wie der schöne Kommentar. Mit gespielter Verwunderung und viel Ironie werden die Bilder kommentiert, was vor allem deswegen so gut funktioniert, weil man merkt, dass sich weder Filmemacher noch andere Besucher des Metall-Festivals allzu ernst nehmen. Das absurde, ja fast anachronistische ihres Verhaltens während dieser Tage ist ihnen stets bewusst und gerade deswegen macht es so viel Spaß, ihnen dabei zuzusehen.

Michael Meyns

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