Mit Herz und Hand

Das neuseeländische Unikum Burt Munro war gleichzeitig genialer Tüftler, naiver Philantrop und leidenschaftlicher Motorradfahrer. Nachdem Roger Donaldson dem Unikum bereits einen Dokumentarfilm gewidmet hatte, kommt nun die Spielfilmfassung ins Kino. Herzstück ist hier ein glänzend aufgelegter Sir Anthony Hopkins, der aus Burt Munro eine wunderbare Mischung aus Rocky Balboa, Forrest Gump und Eddie the Eagle zaubert. Das mit ruhiger Hand und viel Humor inszenierte Road Movie erzählt vom aberwitzigen Versuch des Neuseeländers im stolzen Alter von 63 Jahren mit einer abenteuerlich zusammen gebastelten alten Rennmaschine (Baujahr 1920) in den 1960er Jahren den Geschwindigkeitsweltrekord auf dem Salzsee bei Salt Lake City zu brechen.

Webseite: www.mitherzundhand-film.de

World’s Fastest Indian, The / BURT MUNRO
Neuseeland 2005
Regie: Roger Donaldson
Darsteller: Sir Anthony Hopkins, Diane Ladd, Paul Rodriguez, Aaron Murphy
Laufzeit: 128 Minuten
Verleih: Universum/Buena Vista
Start: 5.10.2006

PRESSESTIMMEN:

Liebevolle Hommage an einen Außenseiter, der trotz aller Ecken und Kanten durch seine humorige Lebensweisheit stets die Sympathien auf seiner Seite hat. Der überzeugende Sportfilm lebt in erster Linie von der Präsenz seines hervorragenden Hauptdarstellers.
film-dienst

Auch wenn sich diese authentische Geschichte aus dem Jahr 1967 eher unspektakulär anhört, stellt sich schnell eine ganz besondere Magie ein. "Mit Herz und Hand" ist entspanntes Kino mit einem Helden, der unbeirrbar, störrisch und wortkarg seinen Lebenstraum verwirklicht – und dabei immens liebenswert ist.
Brigitte

Gebremst wird später. Charmantes Roadmovie um einen exzentrischen Motorradtüftler und Tempofreak, den Sir Anthony Hopkins oscarwürdig spielt.
Cinema

FILMKRITIK:

Die Nachbarn in den kleinen Neuseeländischen Städtchen Invercargill halten Burt Munro (Anthony Hopkins) für einen liebenswerten Narren. Da schaut man auch schon einmal darüber hinweg, dass der kauzige Alte seinen Zitronenbaum im Vorgarten ganz ungeniert mit einem Urinstrahl dünkt und das angemahnte Rasenmähen damit erledigt, dass er das Grass abfackelt. Richtig böse kann dem Tüftler in seinem alten Garagenschuppen aber scheinbar keiner sein. Bei seiner offenen, charmanten Art schmelzen selbst die härtesten Herzen dahin. Kinder, wie den kleinen Nachbarsjungen Tom und so manche Frau hat der rüstige Rentner ohnehin auf seiner Seite.

So ist es auch kein Wunder, dass fast alle in der Kleinstadt ein paar Dollars für Burts großen Traum gespendet haben, obwohl fast keiner an die Realisierung seines Vorhabens glaubt. Allzu viele sind schon Zeuge geworden, wie Burts betagtes Motorrad bei seinen Rekordversuchen den Geist aufgab. Die Indian Scout aus dem Jahre 1920 hat im Jahre 1962, in dem die Geschichte spielt, immerhin schon ein paar Jahrzehnte auf dem Buckel. Und der Umstand, dass der Bastler die Neuheiten bei seinem Mottorad aus Haushaltsschrott und selbstgewerkelten Teilen bestückt, sorgt nicht gerade für Zuversicht. Doch Burt Munro tritt die Überfahrt nach Amerika mit dem ihm eigenen Optimismus an.

In den USA geht der Siegeszug des scheinbaren Simples weiter. Kein ausgefuchster  Autoverkäufer, keine schillernde Dragqueen, die Burt Munro nicht nach kurzer Zeit um den Finger wickelt. Erst bei den strengen Juroren der Rennwoche auf den Salzseen von Utah scheint für Burt der Spaß zu Ende zu gehen. Doch ein echter Abenteurer kennt kein Aufgeben.

 

 

Obwohl Roger Donaldson („Der Einsatz“) in seiner Kariere Erfahrungen als Actionregisseur gemacht hat, erinnert diese Abenteuergeschichte vom Tempo und Ausrichtung eher an kontemplative Kinowerke wie David Lynchs „Straight Story“. Sir Anthonny Hopkins legt seine Heldenrolle wie einen schelmischen Mahner an, der den Leuten in ihrem rastlosen Treiben für einen Augenblick den Spiegel vorhält.

Der Narr, von dem man sich solcherart Belehrung Gefallen lässt, hat hier aber auch etwas von einem Renaissance-Mensch. Der Film singt unverkennbar ein Loblieb auf eine Zeit, in der es noch möglich war, ganzheitlich zu denken und zu leben. Ein Burt Munro dürfte nie den Frust spüren, mit dem der moderne Mensch in der Wegwerfgesellschaft sich von seinem Elektrogerät trennt, weil ein Knöpfchen nicht mehr funktioniert.

Man könnte Roger Donaldson vorwerfen, dass er sich beim Filmemachen von der Faszination seiner Figur hat einlullen lassen, so gemächlich und weitgehend Konfliktfrei bleibt die Geschichte. Erst bei den Szenen auf dem Salzsee kommt etwas von dem Spirit des Speeds auf. Der Rausch der Geschwindigkeit rückt für einen Moment die Gemütlichkeit bei Seite, doch daran, dass bei diesem Road-Movie der Weg das Ziel ist, ändert der kurze Adrenalinschub auch nichts.

Norbert Raffelsiefen

 

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