Mona Mur ist als Dark-Pop-Ikone, Experimental-Künstlerin und Filmmusikkomponistin bekannt. Sie war kein Teil des Mainstreams und ihre Musik erreichte nie die vorderen Charts-Positionen. Dennoch, oder gerade deshalb, erwies sie sich als prägend. In der audiovisuell vielseitig angereicherten und reich bebilderten Oral-History-Biografie „Mona Mur Conversation“ kommt sie ausführlich zu Wort. Der Film erzählt vom Werdegang einer unangepassten Künstlerin und nimmt wichtige Karrierestationen zum Anlass, um den Blick zu weiten und universelle Themen anzusprechen. Von geschlechtlicher Gleichberechtigung (gerade in der Kunst) bis hin zu den Tücken des gewinnorientierten Musikbetriebs.
Über den Film
Originaltitel
Mona Mur in Conversation
Deutscher Titel
Mona Mur in Conversation
Produktionsland
DEU
Filmdauer
82 min
Produktionsjahr
2024
Regisseur
Post, Dietmar
Verleih
n.n.
Starttermin
26.09.2025
Mona Mur entstammt der Hamburger Underground-Bewegung der frühen 1980er. Später war sie eine wichtige Stimme der westdeutschen experimentellen Rock- und Alternative-Szene. In „Mona Mur Conversation“ gewährt sie Einblicke in ihren künstlerischen Lebensweg. Regisseur Dietmar Post lässt sie in einem Studio Fragen beantworten, während auf einem Bildschirm Fotos, Tonaufnahmen und Musikvideos aus allen Karrierephasen präsentiert werden. Zudem zeigt der Film, dass Mur in den vergangenen Jahren als New-Wave- und Industrial-Ikone wiederentdeckt wurde und die ihr zustehende Anerkennung erfuhr – dank der Wiederveröffentlichung ihrer frühen Alben.
Schlicht und karg ist das Setting, in dem Mur Auskunft über ihre Biografie und Kunst gibt. Sie sitzt auf einem grünen Stuhl vor knallroter Wand, rechts neben ihr steht ein Bildschirm, auf dem die sorgsam ausgewählten Szenen und Ausschnitte laufen. Mur kommentiert die Einspieler mit spannenden Hintergrundinfos sowie Anekdoten und legt ihre Sicht der Dinge dar. Dies ist einer der Hauptunterschiede im Vergleich zu vielen anderen Doku-Porträts und Biografien: Die Künstlerin kommt zu Wort, und das ausgiebig. Ein Off-Kommentar fehlt ebenso wie Interviews mit Weggefährten, die über die porträtierte Person sprechen – in „Mona Mur Conversation“ spricht die Porträtierte selbst.
Post erweist sich als zugewandter, informierter Gesprächspartner, der Mur nicht dazwischenfunkt oder unterbricht. Dennoch stellt er hintersinnige Fragen und hakt, wo es angebracht ist, auch mal etwas beharrlicher nach. Chronologisch arbeitet er sich mit Mur durch eine vielseitige, immer wieder von starken Widerständen geprägte Karriere, die vor rund 45 Jahren ihren Anfang nahm. Frauen waren in der von Männern dominierten (Underground-) Musikszene klar in der Minderheit. Und dann trat Mur auf den Plan, selbstbewusst, eigenständig und mit klaren Ambitionen. Früh arbeitete sie mit wichtigen Vertretern der Szene, darunter die Einstürzenden Neubauten oder Dieter Meier von Yello („The Race“).
Die eingestreuten Clips, Fotos, Backstage- und Konzertaufnahmen entführen auf visueller Ebene in eine Zeit der musikalischen und stilistischen Experimente. Etliche neue, subversive Musikrichtungen und diverse Spielarten von Pop und Rock bildeten sich aus. Modisch sowie in Sachen Klangbild und Song-Ästhetik durchbrachen die Künstler zuvor eng gesteckte Barrieren und Grenzen. Es waren die frühen und mittleren 80er, die Zeit von Goth-Rock, New Wave und Synthie-Pop, von The Cure, Siouxsie and the Banshees, Bauhaus und Anne Clarke. Mona Mur war in jener Ära in Westdeutschland eine wichtige subkulturelle Stimme, der große kommerzielle Durchbruch blieb ihr jedoch verwehrt. Ein möglicher Grund: Der Output war zu gering.
Das gibt die Musikerin an einer Stelle auch freimütig zu. „Wir hatten nur sieben Lieber“. Und ergänzt: „Aber es reichte. Nach 50 Minuten war jeder plattgespielt.“ An diesen und noch einigen weiteren Äußerungen zeigt sich: Glattgebügelte, generische Pop-Sounds und durchkommerzialisierte Massentauglichkeit kamen für Mur nie infrage. Stattdessen blieb sie sich und ihrer aus dem Punk entlehnten „Do it yourself“-Attitüde stets treu. Dennoch gab es Ende der 80er den Versuch, mit Mur mehr in Richtung Mainstream zu gehen.
Die Videos wurden teurer, die Produzenten namhafter. Die Aufnahmen fanden in professionellen Studios statt und zogen sich teils über ein Jahr. Mit kritischem Blick erinnert sich Mur an jene Zeit. „In der Major-Welt bist du ein Produkt“. Überhaupt: Mur beschönigt nichts und äußert sich darüber hinaus offen über finanziell wie künstlerisch herausfordernde Zeiten. Am Ende zeigt sich, und das ist vielleicht die Kernaussage des Films, dass es durchaus möglich ist, in der harten, von Konkurrenzkämpfen geprägten Musik- und Kunstwelt zu bestehen. Und, mehr noch, vom eigenen künstlerischen Output Leben zu können – und sich und die eigenen Ideale dabei nie zu verraten.
Björn Schneider