Moneyboys

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In seinem Spielfilmdebüt porträtiert Regisseur C.B. Yi das Leben eines chinesischen Callboys und seiner Ersatzfamilie in planvoll komponierten Bildern. „Moneyboys“ wurde beim Filmfestival in Cannes uraufgeführt und erhielt in Saarbrücken den Max Ophüls Preis als bester Spielfilm.

Website: salzgeber.de/moneyboys

Österreich/Frankreich/Belgien/Taiwan 2021
Regie & Drehbuch: C.B. Yi
Darsteller: Kai Ko, Chloe Maayan, Yufan Bai, JC Lin

Laufzeit: 120 Min.
Verleih: Edition Salzgeber
Kinostart: 28. Juli 2022

FILMKRITIK:

Der junge Fei verdingt sich in einer chinesischen Großstadt als schwuler Callboy. Seine Familie vom Land nimmt das so verdiente Geld gern an, verachtet aber Feis Sexualität. Als ein Freier den jungen Mann misshandelt, übt dessen älterer Kollege Xiaolai brutal Vergeltung. In der Folge taucht Fei in einer anderen Stadt unter, wo er sein Leben neu sortieren will. Fünf Jahre später arbeitet er nach wie vor als „Moneyboy“ für reiche Kunden und trifft seinen Jugendfreund Long wieder.

Der Autor und Regisseur C.B. Yi wuchs als Sohn chinesischer Eltern ab seiner frühen Jugend in Österreich auf. Für sein Spielfilmdebüt wählt er dennoch einen Stoff, der sich mit seiner Herkunftsheimat China befasst. Da Sexarbeit dort unter Strafe verboten ist und die Polizei auch mal mit Durchsuchungsbefehl vor der Tür steht, hat der Protagonist Fei keine Handhabe oder Absicherung gegen Risiken seiner Profession – was ihm im langen Prolog zum Verhängnis wird. Auch bei der Reibung zwischen Feis modernem Lebenswandel und seiner sehr traditionell eingestellten Verwandtschaft ist Yis Milieubetrachtung klar in China verortet.

In stilistischer Hinsicht prägen die im breiten Cinemascope-Format gefilmten Plansequenzen den Film, die der Kameramann Jean-Louis Vialard detailverliebt arrangiert. Die oft unbewegten Gruppentableaus zeigen teils ein halbes Dutzend oder mehr Personen am Essenstisch oder in Bars. Dabei entstehen viele stilistisch gekonnte Momente. Die lose verbundenen Abschnitte entfalten sich in oft stillen oder von schwermütiger Musik getragenen Sequenzen ohne viel Dialog. Wenn gesprochen wird, dann langsam und mit langen Pausen zwischen den Sätzen.

Manche Erzählfäden und Aspekte fransen aus oder spielen im Verlauf keine Rolle mehr. Als roter Faden dient der gesellschaftliche Druck, der auf Fei und seinen prekär lebenden Kollegen lastet. Die Familie vom Land kontrastiert das urbane Leben. Feis Vater urteilt über eine Tochter aus der Nachbarschaft, bei deren Kleidung man nicht wisse, ob sie ein Mann oder eine Frau sei: „Das ist bestimmt so eine Perverse.“ Zugleich beklagt er den familiären „Gesichtsverlust“ durch Feis Homosexualität. Dieser arrangiert sich mit den Gegebenheiten und beißt sich durch. Sein Leben ist karg, aber frei. Ein Schlüsselsatz trifft die Atmosphäre des Milieufilms gut: „Ein eingesperrter Hund bellt ein paar Tage... und dann ist er still.“

 

Christian Horn