Morgen gehört uns

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Um José Adolfo, der für seine Idee einer Umweltbank für Kids den Internationalen Klimapreis erhielt, rankt der renommierte französische Dokumentarfilmer Gilles de Maistre Geschichten über Kinder von vier Kontinenten, die sich für eine bessere Welt einsetzen. Die engagierte Doku zeigt, wie Kinder mit Hartnäckigkeit und Optimismus Gutes tun. Ein Mut machender Appell, der sich auch und vor allem an Bedenkenträger und Pessimisten wendet.

Webseite: www.neuevisionen.de

Dokumentarfilm
Frankreich 2019
Regie und Drehbuch: Gilles de Maistre
Musik: Marc Demais
Länge: 84 Minuten
Verleih: Neue Visionen
Kinostart: 15.7.2021

FILMKRITIK:

Mit 12 Jahren ist José Adolfo aus Peru schon ein erfahrener Start Up-Unternehmer: Seit er 7 Jahre alt ist, hat er viel bewirkt mit seiner Idee einer Umweltbank für Kinder, die auf der Wiederverwertung von Altpapier beruht. Inzwischen gibt es mehr als 3.000 Konteninhaber, die monatlich ein Kilo Papier abliefern und auf diese Weise eine kleine Menge Geld sparen können. José reist durchs Land, sein Vater fährt ihn und kümmert sich auch um die Ablieferung von Papier bei der Recyclingfirma. Josés Vater kann sich nicht erklären, woher sein Sohn die Begeisterung und den Antrieb hat, die er für sein Projekt zeigt. Das ist bei den meisten anderen Protagonisten von MORGEN GEHÖRT UNS ebenso: Die Kinder haben aus eigenem Wunsch und Willen ihren Weg gefunden, um anderen Menschen oder der Umwelt zu helfen. Die Eltern haben sich entweder damit abgefunden oder sie sind mittlerweile ebenfalls zu Unterstützern geworden. Allen ist außerdem gemeinsam, dass sie aus kleinen Verhältnissen kommen. Viele wachsen in armen Familien auf. Doch was sie vor allem auszeichnet, ist ihr Optimismus und ihre Beharrlichkeit.

Besonders beeindruckend und sehr bewegend ist dabei die zwölfjährige Aïssatou aus Guinea. Sie kämpft für die Rechte von Mädchen und Frauen. Besonders aktiv geht sie gegen die Zwangs- und Kinderehe vor, die in Guinea zwar verboten ist, aber immer noch praktiziert wird. Wenn Aïssatou davon erfährt, dass ein Mädchen unter 18 Jahren verheiratet werden soll, schnappt sie sich ein paar Polizisten und verhindert die Eheschließung. Im Film nimmt sie gleich das Mädchen mit zum Polizeirevier, klärt es über seine Rechte auf. Bei allen ihren Aktivitäten zeigt Aïssatou viel Mut und Selbstvertrauen. Sie agitiert auf Märkten, wobei sie nicht immer sicher sein kann, dass sie auf Zuspruch oder positive Reaktionen trifft. Gegen den jungen Öko-Banker aus Peru wirkt Aïssatou deutlich erwachsener und energischer.

Ganz anders der sensible Artur aus Cambrai in Frankreich – er ist erst 10 Jahre alt und malt Bilder, die er verkauft, um davon Geschenke in Form von Lebensmitteln und Kleidung für Obdachlose zu kaufen. Zusammen mit seiner Mutter verteilt er seine Gaben und erhält rührende Dankesbeweise dafür. Artur kämpft seinen eigenen, kleinen Kampf gegen die Ungerechtigkeit, so wie Chloë, die in Los Angeles ebenfalls Obdachlosen hilft. Sehr beeindruckend ist auch die Arbeit von Heena in Neu-Delhi. Sie ist selbst noch ein Kind, aber schon eine engagierte Reporterin, die für eine Kinderzeitschrift schreibt, die sich an Straßenkinder wendet sowie an Kinder, die arbeiten müssen. Das Problem der Kinderarbeit ist groß – in Bolivien ist sie beinahe selbstverständlich. Die Armut der Familien führt dazu, dass viele Kinder im Bergbau oder in der Industrie arbeiten müssen, um ihre Familien mitzuernähren. Eine Kindergewerkschaft versucht, die Rechte der Kinder – z. B. auf faire Entlohnung und auf eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu erstreiten. Jocelyn, Peter und Kevin gehören dazu. Allein ihre Arbeit, wie und was sie leisten, um anderen Betroffenen zu helfen, wäre Stoff für einen abendfüllenden Film.

Stattdessen hat sich Gilles de Maistre entschieden, den jungen Preisträger José und seinen Auftritt bei der Verleihung des „Childrens Climate Prize“ in den Mittelpunkt des Geschehens zu stellen. Tatsächlich verfügt der Junge über einen beachtlichen Charme, und seine Energie ist bewundernswert. Gilles de Maistre zeigt alle seine Protagonisten in leuchtendstem Licht. Schwierigkeiten und Probleme bei der Durchsetzung ihrer Projekte scheint es nicht zu geben. Ein kurzer Blick gilt auch Greta Thunberg sowie vielen anderen Kindern, die schon vor ihr in der Weltöffentlichkeit präsent waren, um auf Kinderrechte aufmerksam zu machen. Was Aïssatou und ihren Kampf für Frauen und Mädchen in Guinea betrifft, würde man sich ebenso wünschen, mehr zu erfahren wie über die Kindergewerkschaft in Bolivien. Wie sich diese Kinder durchsetzen und sich für die Interessen anderer einsetzen – sie bewirtschaften sogar eine Kantine für arbeitende Kinder – ist unfassbar. Die Bekanntschaft mit allen Kindern bewirkt aber zumindest eines: Sie machen Mut und stimmen optimistisch, was die Zukunft betrifft.

Gaby Sikorski