Mrs. Taylor’s Singing Club

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Charismatisch und facettenreich liefert Ausnahmeschauspielerin Kristin Scott Thomas in diesem britischen Feel-Good-Movie einen gelungenen Auftritt. Es ist nicht das erste Mal, dass die inzwischen 60jährige Oscar®-nominierte Hauptdarstellerin („Der englische Patient“) einen Film bravourös schultert. Inspiriert von der wahren Geschichte einiger Ehefrauen britischer Soldaten, die auf einer Militärbasis in England einen Pop-Chor gründeten, beschwört Regisseur Peter Cattaneo („Ganz oder gar nicht“) die heilende Kraft der Musik. Der echte Chor wurde ein unerwarteter Medienhit. Er eroberte die britischen Charts und führte zu fast 50 weiteren Chören von „Military Wives“, so der Originaltitel in ganz Großbritannien.

Website: www.leoninedistribution.com

Großbritannien 2019
Regie: Peter Cattaneo
Drehbuch: Rosanne Flynn, Rachel Tunnard
Kamera: Hubert Taczanowski
Schnitt: Annie Sopel, Leslie Walker
Darsteller: Kristin Scott Thomas, Sharon Horgan, Greg Wise, Jason Flemyng, Teresa Mahoney, Lara Rossi, Gaby French, Amy James-Kelly, Laura Checkley, India Ria Amarteifio, Sophie Dix
Länge: 112 Minuten
Verleih: Leonine
Kinostart: 15.10.2020

FILMKRITIK:

Ihre Männer sind britische Berufssoldaten. Immer wieder schickt das Militär sie an die Krisenherde der Welt. 2001 nach Afghanistan. Die Ehefrauen in der Flintcroft-Kaserne bleiben zurück mit ihrer Sorge um das Leben ihrer Liebsten. Ihr Schicksal: angstvoll zu warten. Doch sie wollen die entstandene Alltagsleere füllen. Ihr morgendlicher Kaffeeklatsch soll einen neuen Elan bekommen. Fürs Häkeln haben alle nicht den geringsten Nerv.

„Wir könnten einfach ein paar Stripper holen“, schlägt eine vorwitzig vor. Dann schon lieber einen Chor gründen und gemeinsam singen. Dafür kann sich die nach außen hin scheinbar perfekte britische Offiziersgattin Kate Taylor (Kristin Scott Thomas) schon eher erwärmen. Egal in welchem Kriegsgebiet ihr Mann Richard (Greg Wise) gerade sein Leben aufs Spiel setzt, sie überspielt die Sorge um ihn stets mit einem Lächeln. Resolut nimmt sie das Ganze in die Hand.

Die rebellische Lisa (Sharon Horgan) freilich, bisher tonangebend in der Gruppe, kann mit Kates Art nicht viel anfangen. Sie fühlt sich zurückgedrängt. Schließlich war sie bislang für die Freizeitaktivitäten der Daheimgebliebenen zuständig. Offen kritisiert sie die amateurhaften Versuche, den Gesang der Frauen harmonisch klingen zu lassen. Kate würde gern ein klassisches Repertoire einüben, das die Sängerinnen fordert. Lisa dagegen zieht vertraute Popsongs vor. Mit der Zeit rauft sich das ungleiche Frauenduo jedoch zusammen und leitet den Chor gemeinsam. Und am Ende wird die Gesangsgruppe weingeladen bei einer Gedenkfeier in der Royal Albert Hall auftreten. Leider kommt bei der Songauswahl John Lennons Friedenshymne „Give Peace A Chance“ zu kurz. Eine pazifistische Botschaft, die fehlt.

Regisseur Peter Cattaneo, der mit der Männer-Striptease-Komödie „Ganz oder gar nicht“ britische Kinogeschichte schrieb, konnte keine bessere Hauptdarstellerin als die großartige Kristin Scott Thomas finden. „Sie sind zur Passivität verdammt, das ist hart", weiß die Oscar®-nominierte Ausnahmeschauspielerin um das Schicksal der Frauen. Vor allem habe sie die Aussicht gereizt, mit einem fast ausnahmslos weiblichen Cast zu drehen. „Frauen in allen Formen und Größen, mit unterschiedlichen Wurzeln, unterschiedlichem Hintergrund“.

Und als Gegenüber nicht einen Mann zu haben, sondern in Sharon Horgan eine zweite starke Hauptdarstellerin: „Das ist wie eine Romcom ohne Romantik“, erklärt sie. Denn viel zu oft besteht, ihrer Erfahrung nach, die Konstellation beim Drehen einem Dreieck: „der Held, seine Angebetete und der Regisseur“. Und an jeder Spitze des Dreiecks sei es einsam. Zwischen ihr und Horgan dagegen habe sich „echte Kameradschaft“ entwickelt. Kristin Scott Thomas ist selbst die Tochter einer „military wife“. Ihr Vater, Lieutenant Commander Simon Scott Thomas, war Pilot in der Royal Navy. Er starb bei einem Flugunfall, als sie fünf war.

Luitgard Koch