Mutter Mutter Kind

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Traditionell bestand eine Familie aus Vater, Mutter und Kindern, doch die Zeiten haben sich geändert. Viele andere Familienmodelle sind längst Realität, eins, das immer noch ungewöhnlich wirkt und bei manchen Menschen gar Irritation hervorruft, steht im Mittelpunkt von Annette Ernst Dokumentarfilm „Mutter Mutter Kind“: Ein lesbisches Paar und ihre Kinder.

Deutschland 2021
Regie & Buch: Annette Erns
Dokumentarfilm

Länge: 97 Minuten
Verleih: jip Film & Verleih
Kinostart: 20. Oktober 2022

FILMKRITIK:

Pedi und Anny sind Frauen und ein Paar, so weit so normal, zumindest in Deutschland. Doch wie sich den aufkommenden Kinderwunsch erfüllen? 2009 schaltet das Paar eine Anzeige und  findet nach einer Suche Eike. Der stellt sich und seinen Samen bereit und so werden aus Pedi und Anny eine „richtige“ Familie. Drei Söhne hat das Paar inzwischen, Pino, Lou und Linus und führt ein ganz normales Familienleben, wie es Millionen andere Familien in Deutschland auch führen, nur eben nicht in der klassischen Konstellation, sondern in der Form Mutter, Mutter, Kind.

Nicht ganz von Beginn der Reise, aber ab 2012 wurden Pedi und Anny von der Dokumentarfilmregisseurin Annette Ernst begleitet, die durch ein lesbisches Paar mit Kindern aus dem Freundeskreis den Wunsch hatte, einen Film über die Thematik zu machen. Das Ergebnis ist eine Langzeitdokumentation, die ein interessantes, wenn auch wohl nicht exemplarisches Bild einer Form der Familie zeigt, die in Teilen der Bevölkerung immer noch auf Ablehnung stößt.

Auf Widerstand oder gar Ablehnung scheinen Pedi, Anny und ihre Kinder kaum zu stoßen, zumindest die Familienmitglieder, die im Film auftreten, freuen sich über die neuen Verwandten, allein Annys jüngerer Bruder wirkt ein wenig so, als würde er eine lesbische Frau, die Kinder bekommt vor allem dann akzeptieren, wenn es sich um seine Schwester handelt, nicht aber grundsätzlich.

Um ein paar Kritikpunkte vorzubringen, hat sich Ernst einen filmischen Kniff ausgedacht: Zwei Schauspieler treten in betont künstlichen Setting auf und sprechen Dinge an, die Außenstehenden auf der Zunge liegen mögen. Wie kann das denn gehen, wenn Kinder ohne Vater aufwachsen? Fehlt da nicht ein männlicher Einfluss? lautet etwa eine Frage, die in den Raum gestellt wird.

Eine Antwort liefert der Film selbst, der dank seiner langjährigen Produktion dem Heranwachsen von drei Jungs beiwohnen kann, die sich ganz normal entwickeln. Inwieweit die Tatsache, dass sie zwei Mütter, aber keinen anwesenden Vater haben, Einfluss auf ihre Ansichten und Haltungen hatte, fragen sich die Jungs schon. In der modernen Welt, in der unterschiedlichste Formen von Patchwork-Familien gang und gebe sind, scheint aber auch ihre Form der Familie nicht mehr so besonders.

Neben den Aussagen der Familie und ihrer Angehörigen, hat Annette Ernst auch Dokumentarfilmmaterial eingefügt, dass gesellschaftliche Änderungen anreißt: Die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe etwa, die damals sogar von Angela Merkel abgelehnt wurde, was für die Tochter eines Pfarrers aber vielleicht nicht ganz überraschend kam. Doch mit dieser Kritik werden Pedi und Anny leben können, denn wie „Mutter Mutter Kind“ zeigt spielt es am Ende keine Rolle ob es Mutter und Vater oder Mutter und Mutter heißt, entscheidend ist anderes, entscheidend sind menschliche Komponenten, nicht geschlechtliche.

 

Michael Meyns