My Old Lady

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In der Tragikomödie „My Old Lady” hofft der New Yorker Mathias Gold (Kevin Kline) seine finanziell desaströse Lage mit dem Verkauf eines vom Vater geerbten Apartments zu beheben. Vor Ort trifft er aber auf die ältere Dame Mathilde (Maggie Smith), die zusammen mit ihrer Tochter Chloé (Kristin Scott Thomas) mit lebenslangem Wohnrecht dort lebt. Was als launige Kulturclash-Komödie beginnt, nimmt schon bald Züge einer melodramatischen Melange aus Liebesgeschichte, Tragikomödie und Psychodrama an. Vor der hinreißenden Kulisse von Paris im Allgemeinem und dem malerischen Marais-Viertel im Besonderen entfalten sich bittersüße Beziehungskonstellationen. Dabei sorgen die drei bestens aufgelegten Hauptdarsteller mit ihrem souveränen Spiel dafür, dass trotz aller dialoglastigen Schwere am Ende doch die französische Leichtigkeit triumphiert.

Webseite: www.myoldlady.de

USA/ F 2014
Regie und Buch: Israel Horovitz 
Darsteller: Kelvin Kline, Maggie Smith, Kristin Scott Thomas, Dominique Pinon
Laufzeit: 107 Min
Kinostart: 20.11.2014
Verleih: AscotElite, Vertrieb: Paramount
 

FILMKRITIK:

Amerikaner und Paris, das ist eine Liebesgeschichte, die das Kino schon unzählige Mahle erzählt hat. Im Falle des New Yorkers Mathias Gold (Kelvin Kline) aber scheint die Beziehung nachhaltig gestört zu sein. Daheim beruflich wie privat auf der ganzen Linie gescheitert, reist der 57jährige Mann nur an die Seine, um das Erbe seines jüngst verstorbenen Vaters zu versilbern. Eine großzügige Wohnung mit stolzen 500 Quadratmetern und einem noch mal so großem Garten ist immerhin ein Immobilienwert, der bei den heutigen Preisen mehr als 10 Millionen Euro einbringen sollte. Um so konsternierter steht der noch mittelose Reisende da, als ihm vor Ort Mathilde Girard (Maggie Smith), die fidele Mieterin des Apartments, über die Besonderheiten des Mietverhältnisses aufklärt. Mathias Vater hatte zwar einst die Wohnung erworben, aber den Kaufpreis dergestalt gesplittet, dass die ehemalige Eigentümerin nicht nur ein lebenslanges Wohnrecht hat, sondern auch bis zur ihrem Tode vom jetzigen Besitzer eine monatliche Leibrente von 2400 Euro kassiert. Immerhin erlaubt ihm die 92 Jahre alte Engländerin, für eine Übergangszeit bei ihr zu wohnen, bis Mathias seine Dinge geregelt hat. Ohne Geld und Rückflugticket fühlt er sich mal wieder allein und verloren, ein Zustand, den er nur zu gut aus New York kannte, wo er mit dem Vater keinerlei Kontakt pflegte. Seine letzte Hoffnung ist ein reicher Investor, der das Apartment möglicherweise zu einem geringeren Preis auch mit der Mietklausel kaufen will. Allerdings stößt dieser Plan auf den energischen Widerstand von Mathildes Tochter Chloé (Kristin Scott Thomas), die gemeinsam mit ihrer Mutter wohnt. Chloé und Mathias, die beiden Singles, belauern sich fortan wie Hund und Katze, bis er in den Zimmern auf verblichene Fotos stößt, die bei ihm alte Wunden aufreißen und die heutigen Dinge in einem neuen, noch dramatischeren Licht erscheinen lassen.
 
Der berühmte Schauspieler, Autor und Dramatiker Israel Horovitz wagt sich im reifen Alter von 75 Jahren an seine erste Regiearbeit, in der er sein gleichnamiges, erfolgreiches Bühnenstück für die Leinwand adaptiert. Was als launige Kulturclash-Komödie beginnt, nimmt schon bald Züge einer melodramatischen Melange aus Liebesgeschichte, Tragikomödie und Psychodrama an. Vor der hinreißenden Kulisse von Paris im Allgemeinem und dem malerischen Marais-Viertel im Besonderen, entfalten sich bittersüße Beziehungskonstellationen. Ohne zu moralisieren, thematisiert der Film die Fallstricke der Liebe und welche Wunden sie auch über Generationen hinweg zu schlagen vermag. So ganz kann die Adaption zwar nicht ihre Bühnenvergangenheit ablegen, aber eine mal wieder wunderbar lässige Maggie Smith sowie Kelvin Kline und Kristin Scott Thomas im Duett zweier waidwunder Seelenverwandter sorgen auf der Leinwand mit ihrem Spiel, trotz aller Dialoglastigkeit, für genügend französischer Leichtigkeit.
 
Norbert Raffelsiefen