Niceland

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Nach seinen preisgekrönten Werken „Devil's Island“ (1996) und „Engel des Universums“ (2001) kehrt Fridrik Thor Fridriksson mit einem märchenhaft warmherzigen Drama ins deutsche Kino zurück. In „Niceland“ erzählt der Isländer aus der Sicht eines geistig behinderten Mannes von der universellen Suche nach dem Sinn des Lebens.

Webseite: www.alpha-medienkontor.de

Island/Großbritannien/Deutschland/Dänemark 2004
Regie: Fridrik Thor Fridriksson
Drehbuch: Huldar Breidfjörd
Darsteller: Martin Compston, Gary Lewis, Gudrun Bjarnadottir
Filmverleih: Alpha Medienkontor
Länge: 86 Minuten
Kinostart: 07.12.2006

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Jed (Martin Compston) und Chloe (Gudrun Bjarnadottir) sind Anfang 20 und unsterblich ineinander verliebt. Gerade erst hat Chloe den Heiratsantrag ihres geistig behinderten Freundes angenommen. Als Chloes geliebte Katze kurz darauf bei einem tragischen Unfall stirbt, kommt es zwischen den beiden zum unerwarteten Bruch. Das Mädchen verfällt in eine tiefe Depression und fühlt sich um seinen Lebenssinn beraubt. Um Chloe aus ihrer bedrohlichen Lethargie zu befreien, beginnt Jed nach dem wahren Sinn des Lebens zu forschen. Ausgerechnet von dem schroffen Schrotthändler Max (Gary Lewis) erhofft er sich eine klärende Antwort auf diese ewige Frage.

In „Niceland“ schickt Regisseur Fridrik Thor Fridriksson einen jungen Mann auf einen philosophischen Selbstfindungstrip. Die scheinbar unlösbare Aufgabe, die er sich in dem Drama stellt, bewältigt der zurückgebliebene Protagonist mit sympathischer Unbedarftheit und grenzenloser Naivität. Nur weil Schrotthändler Max in einem Fernsehinterview lapidar behauptet, er kenne den Sinn des Lebens, beschließt Jed, ihn aufzusuchen.

Martin Compston („Sweet Sixteen“) spielt den jungen Mann mit tapferer Entschlossenheit. Jeds geistige Behinderung ist dabei nur ein Mittel, um die Geschichte aus einer unbefangenen Perspektive zu schildern. Jed stellt Fragen, die sich andere nicht zu stellen wagen. Er setzt sich sein Leben so zusammen, wie er es haben will und hat dabei seine ganz persönliche Sichtweise auf die Dinge. Die wirkt zwar bisweilen recht einfältig, regt aber gerade wegen ihrer unkomplizierten Struktur zum Nachdenken an.

Bei seiner Suche steht dem Youngster Compston der gestandene Schauspieler Gary Lewis („Gangs of New York“) als in sich gekehrter Schrotthändler zur Seite. Lewis werden viele Zuschauer noch als strengen Vater aus „Billy Elliot“ in Erinnerung haben. Und auch hier spielt der kantige Schotte erneut einen Mann mit rauer Schale. Doch schnell wird deutlich, dass in seinem innersten Kern viele ungeklärte Lebenstragödien schlummern, die erst durch Jeds nachbohrenden Eifer zum Vorschein treten.

Fridriksson schildert sein neuestes Werk in einem Erzählfluss, der genauso poetisch, sanft und weich ist, wie die dargebotenen Bilder. Anders als in früheren Werken spielt seine Heimat Island diesmal allerdings keine zentrale Rolle. Das philosophische Drama ist universell ausgerichtet.

Durch seine latent märchenhafte Optik und seinen vielschichtigen Inhalt entwickelt „Niceland“ eine eigenständige Ästhetik, die den Zuschauer gefangen nimmt und zum Sinnieren einlädt. Dass sich viele der eingeschlagenen Handlungswege dramatisch zuspitzen und durchaus böse enden könnten, wird hingegen lange erfolgreich verdrängt.

Entgegen seiner sonstigen Gewohnheit wurde „Niceland“ weder von Fridrikssons eigenen Produktionsfirma hergestellt noch arbeitete der Filmemacher am Drehbuch mit. Dennoch fühlte sich der Isländer von Beginn an eng mit der Geschichte verbunden. Nach eigenen Angaben verstarb vor einigen Jahren sein Schwager, der unter dem Downsyndrom litt, im Alter von 19 Jahren an einer überraschenden Erkrankung. Wie Jed setzte sich auch Fridriksson daraufhin mit der Frage nach dem Sinn des Lebens auseinander. Bei seiner Suche ist er schließlich zu einem simplen Ergebnis gekommen: Der Sinn des Lebens liegt in jedem Einzelnen selbst.

Ob die Antwort für Jed, Max und Chloe ebenso einfach aussieht, soll natürlich erst in dem wunderschönen Film verraten werden. „Niceland“ ist warmherziges Erzählkino mit Poesie und Liebe zu seinen Figuren.

Oliver Zimmermann