Nicht dran denken

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In Gianni Zanasis turbulenter italienischer Familienkomödie verabschiedet man sich auch in der Provinz vom Gefühl der trügerischen Sicherheit des bürgerlichen Lebens. In dem er einen Punker mit Sehnsucht nach Sicherheit auf den Spießbürger mit Lust auf Freiheit und Abenteuer treffen lässt, entfaltet Zanasi beim Zusammenprall der Lebensentwürfe eine Vielzahl von Verrücktheiten, die das Leben in seinem ganzen Facettenreichtum abbilden. Mit Sinn für urkomische Katastrophenszenarien zerlegt er dabei die Familie in ihre Einzelteile, um sie am Ende aber doch als emotionales Zentrum zu etablieren, an dem man kaum vorbei kommt. 

Preis der Italienischen Filmkritik: Bester Film
Filmfestspiele Venedig 2007

Webseite: www.nichtdrandenken.de

Non pensarci
Italien 2007
Regie: Gianni Zanasi
Darsteller: Valerio Mastrandrea, Anita Caprioli, Giuseppe Battiston, Catarina Murino
104 Minuten
Verleih: Kool Film-Verleih
Kinostart: 21.8. 2008

PRESSESTIMMEN:

Eine kleine skurrile Filmperle aus Italien über das Nerv- und Liebespotenzial von Familien.
Brigitte

Gianni Zanasis mit wunderbaren Details gespickte Komödie zeigt, warum Kinder der Familie entfliehen müssen, aber nicht von ihr lassen können.
Der Spiegel

FILMKRITIK:

Ein verunsicherter Punker kehrt zurück ins heimatliche Rimini – doch im bürgerlichen Zuhause ist auch nicht mehr alles so, wie es mal war… In Gianni Zanasis turbulenter Familienkomödie verabschiedet man sich auch in der Provinz vom Gefühl der trügerischen Sicherheit des bürgerlichen Lebens. In dem er den Punker mit Sehnsucht nach Sicherheit auf den Spießbürger mit Lust auf Freiheit und Abenteuer treffen lässt, entfaltet Regiseeur Giani Zanasi beim Zusammenprall der Lebensentwürfe eine Vielzahl von Verrücktheiten, die das Leben in seiner ganzen Facettenreichtum abbilden. Mit Sinn für urkomische Katastrophenszenarien zerlegt Zanasi dabei die Familie in ihre Einzelteile, um sie am Ende aber doch als emotionales Zentrum zu etablieren, an dem man kaum vorbei kommt. 

Auch ein Rocker braucht mal Ruhe. Der Punkmusiker Stefano ist sechsunddreißig und mit jedem Jahr scheint für den Musiker im Rom die Leichtigkeit des Seins an Schwere zuzulegen. Als das neue CD-Projekt platzt, die Freundin fremdgeht und der Enthusiasmus der Fans spürbar nachzulassen droht, scheint der passende Moment für eine Auszeit gekommen. Die Fahrt nach Rimini ins elterliche Zuhause soll den verunsicherten Musiker neue Kraft bringen. Doch daheim in der Provinz haben alle ihre eigenen Probleme und keine Lust, dem Sicherheit und Geborgenheit suchenden Stefano ein gemachtes Nest zu bereiten: Die beiden Elternteile haben sich aus der Verantwortung für Fabrik und Kinder verabschiedet und suchen nun, jeder für sich, neuen Sinn beim Golfen oder im Esoterikkurs. Michaela, die Schwester hat die Uni sausen lassen und arbeitet lieber im örtlichen Delphinarium und Stefanos Bruder Alberto hat vor lauter Sorgen um die anstehende Scheidung längst den Überblick über die Geschäfte in der Konservenfabrik verloren. So wird nichts aus dem geplanten Urlaub im Hotel Mama. 

Stattdessen muss sich Stefano überall schockierende Lebensbeichten anhören und sich um die vielen maroden Baustellen kümmern, die das Fundament der Familie zum Einsturz zu bringen drohen. Allein auf seine joviale Art kann sich der Punkrocker dabei nicht verlassen. So endet der erste Ausflug mit Albertos Kindern nach einer rasanten Spritztour im Knast, was die Aussichten im Sorgerechtstreit des Bruders nicht gerade verbessert. Doch der Crashkurs in Sachen Verantwortung bringt bald ganz neue Seiten an Stefano hervor und plötzlich scheint es gar nicht einmal so schlimm zu sein, endlich erwachsen zu werden. 

In Gianni Zanasis turbulenter Familienkomödie verabschiedet man sich auch in der Provinz vom Gefühl der trügerischen Sicherheit des bürgerlichen Lebens. In dem er den Punker mit Sehnsucht nach Sicherheit auf den Spießbürger mit Lust auf Freiheit und Abenteuer treffen lässt, entfaltet Zanasi beim Zusammenprall der Lebensentwürfe eine Vielzahl von Verrücktheiten, die das Leben in seiner ganzen Facettenreichtum abbilden. Mit Sinn für urkomische Katastrophenszenarien zerlegt Zanasi dabei die Familie in ihre Einzelteile, um sie am Ende aber doch als emotionales Zentrum zu etablieren, an dem man kaum vorbei kommt. Eine Erkenntnis, die sich sein Hauptdarsteller Valerio Mastandrea mit lakonischer Gelassenheit aneignet. Mit dem Schauspieler, dessen verschmitztes Mimenspiel schon alleine das Eintrittgeld wert wäre, hat Zanassi den perfekten Botschafter gefunden, für seine sehr italienische Art, uns mit den tragikomischen Tatsachen des Lebens zu versöhnen.
Norbert Raffelsiefen

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Stefano hat als Gitarrist und Band-Rocker in Rom kein richtiges Glück, zumal sich auch seine Freundin mit einem anderen Mann verlustiert. Warum also nicht einmal wieder heimkehren nach Rimini zur Familie? . . .

. . . zum Vater, der seit seinen Infarkten nur noch Golf spielt und am liebsten alles durch die rosa Brille sieht; zur Mutter, die sich zwar liebevoll um die Ihren sorgt, ihr Seelenheil aber in esoterischen Kursen und Riten sucht; zur Schwester, die ihr Studium abgebrochen hat und sich jetzt im Delphinarium lieber mit Fischen abgibt; zum Bruder, der sich in ein besonders schönes Call-Girl verliebt hat und im übrigen nicht weiß, wie er es anstellen soll, dass der väterliche Kirschkonservenbetrieb nicht den Bach hinuntergeht.

Stefano, der eigentlich eine Auszeit nehmen wollte, gerät stattdessen in eine sehr lebhafte, teils rührende, teils komische, teils dramatisch-problematische, auf jeden Fall menschlich-allzumenschliche italienische Provinzexistenz, in der unter anderem ziemlich konsequent ein nicht so richtig empfehlenswerter Grundsatz verfolgt wird, nämlich: Es ist nicht immer gut, bei der Wahrheit zu bleiben, manchmal – oder sogar oft – ist schönreden und lügen besser.

Das ist vom Drehbuch und der Regie her gekonnt, menschlich glaubhaft, amüsant-unterhaltsam, letzen Endes auch ein wenig tiefinnig gemacht, so dass man den Film wirklich empfehlen kann, zumal Valerio Mastandrea (Stefano), Anita Caprioli (die Schwester Michela), Giuseppe Battiston (der Bruder Alberto), Caterina Murino (das Call-Girl), Teco Celio (der Vater) und Gisella Burinato (die Mutter) ihr Bestes geben.

Thomas Engel