No!

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1988 durften die Chilenen in einem Referendum darüber abstimmen, ob Diktator Augusto Pinochet im Amt bleiben oder der Übergang zur Demokratie eingeleitet werden sollte. Der in Chile transición genannte Prozess lief zwar größtenteils unblutig ab, aber es entwickelte sich ein ungleicher Medienkrieg zwischen Machthabern und Opposition. In seinem dritten Spielfilm taucht der chilenische Regisseur Pablo Larraín tief in diese Zeit ein. Der mexikanische Star Gael García Bernal spielt die Hauptrolle eines hippen Werbefachmannes, der mit seinen Mitteln für Freiheit und Demokratie kämpft.

Webseite: www.piffl-medien.de

Originaltitel: No
Chile/Frankreich/USA 2012
Regie: Pablo Larraín
Buch: Pedro Peirano
Darsteller: Gael García Bernal, Alfredo Castro, Antonia Zegers, Marcila Tagle, Alejandro Goic
Länge: 118 Minuten
Verleih: Piffl Medien
Kinostart: neu 7. März 2013

PRESSESTIMMEN:

"Der Film ist mitreißend, voll lakonischem Humor und schrägen Szenen... ¡No! zeigt, dass der Humor dieser Kampagne, der heute so leichtfüßig daherkommt, damals großen Mut erforderte. Im Nachhinein mögen Diktatoren wie Witzfiguren wirken, für die Menschen damals waren sie das keineswegs."
Die Zeit

"Der Film (hält) seine Zuschauer 118 Minuten unter Hochspannung, obwohl der Ausgang der Geschichte bekannt ist. Zum Oscar hat es, im Schatten von Hanekes „Liebe“, zwar nicht gereicht. Doch auch so bleibt „¡No!“ das Wunder eines unterhaltsamen und gänzlich unheroischen Politfilms..."
Der Tagesspiegel

"Das smarte Politdrama beruht auf wahren Begebenheiten und spielt auch optisch gekonnt mit der Vermengung von Doku und Film. Ein klares Ja zu diesem Film."
STERN

"Eine Mischung aus Sozialsatire und Polit-Thriller, ein überaus kurzweiliges Lehrstück über Demokratie."
DER SPIEGEL

FILMKRITIK:

Santiago de Chile 1988: René Saavedra (Gael García Bernal) verkauft Freiheit. Allerdings nur in Dosen – er plant einen Werbefeldzug für eine Limonade dieses Namens. In seinen schicken Werbewelten enwirft René ein Gegenbild zur miefigen Stimmung in Chile, wo die Diktatur zwar für wirtschaftliche Stabilität sorgt, aber auch ein Klima aus Angst und Einschüchterung schafft. Überraschend wird ausgerechnet er von der Opposition engagiert, um die Kampagne für die Abwahl Pinochets bei der bevorstehenden Abstimmung zu leiten. Den oppositionellen Gruppen stehen für ihr Anliegen nur wenige Sendeminuten im TV-Nachtprogramm zur Verfügung, während die Machthaber den ganzen Tag ihre Propaganda senden können. René legt sich auch noch mit einigen Helden der Opposition an, weil er keine Angstkampagne im Sinn hat, sondern den Chilenen den Geschmack der Freiheit nahebringen will. Dass er damit Erfolg hat, beweisen nicht zuletzt die Schikanen der Geheimpolizei, die bedrohliche Ausmaße annehmen.

Regisseur Pablo Larraín warf schon in seinen ersten beiden Filmen „Tony Manero“ und „Post Mortem“ einen äußerst beunruhigenden Blick auf die chilenische Dikatur. Für seine zwischen eiskaltem politischem Thriller, existenziellem Drama und überdrehter Satire schwankende Erzählungen setzt er mit Vorliebe exzentrische Figuren ein – wie in „Tony Manero“ einen Fan des Travolta-Films „Saturday Night Fever“ und in „Post Mortem“ einen Totenwäscher. René aus „No“ wirkt dagegen wesentlich zugänglicher. Das gilt für den gesamten Film, ohne dass er dabei an Intensität einbüßen würde. Diesmal ist Larraín vor allem stilistisch mutig: Er hat „No“ auf Magnetband gedreht, dem typischen TV-Format der 80er-Jahre. Auch mit dem 4:3-Seitenverhältnis bleibt er in der authentischen Bildsprache des Fernsehens dieser Zeit. Der Effekt ist, dass der Zuschauer zunächst glaubt, der Digitalprojektor im Kino sei defekt: die Bilder sind verrauscht, haben unscharfe Kanten, kippen unvermittelt ins Grün- oder Blaustichige. Deutlich wird die Geschichte so in der Vergangenheit verortet und verbindet sich ohne Übergang mit den Original-TV-Spots der Oppositionsbewegung, die Larraín verwendet.

Erstaunlich, wie schnell man sich als an Blu-ray und Digitalprojektion geschulter Zuschauer an die unsauberen Bilder gewöhnt. Ganz unmittelbar transportieren sie zurück in die 80er. Dazu trägt auch die Montage bei. Larraín setzt wie damals häufig Schwenks statt Schnitte ein, das Tempo wirkt verglichen mit heute recht gemächlich. Es entspinnt sich ein ungeheuer dichtes Drama, das im Ton gleichzeitig verhalten und doch intensiv wirkt, zornig und leicht spöttisch, satirisch und spannend. Larraín macht sich zwar über die damalige Vorstellung von Hippness lustig – so taucht in den Spots ein tanzender Harlekin auf, ständig essen Menschen Baguette, ein Regenbogen muss als Symbol für Freiheit herhalten. Dennoch lässt er nie aus dem Blick, wie gefährlich die Diktatur wirklich war. So entwickelt sich „No“ zu einem politischen Thriller, der authentisch den realen Kampf David gegen Goliath nachstellt.

Oliver Kaever

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