Offset

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In Europa wächst zusammen, was gesellschaftspolitisch zusammengehört. Die Frage ist nur, ob auch die Menschen bereits in Europa angekommen sind? Vor dem Hintergrund der abstrakten europäischen Idee lässt Regisseur Didi Danquart in seinem neuesten Drama unterschiedliche Kulturen aufeinander prallen. Alexandra Maria Lara („Nackt“) spielt in dem Film eine rumänische Sekretärin, die für die Liebe ihre Heimat in Richtung Deutschland verlassen soll und dadurch ins Grübeln gerät.  Für die Dreharbeiten kehrte der Nachwuchsstar erstmals in seine Geburtsstadt Bukarest zurück. Dort stand Lara mit Manfred Zapatka, Katharina Thalbach und ihrem Vater Valentin Platareanu vor der Kamera.

Webseite: www.offset-derfilm.de

Deutschland 2005
Regie: Didi Danquart
Drehbuch: Didi Danquart, Cristi Puiu, Razvan Radulescu,
Darsteller:Alexandra Maria Lara, Felix Klare, Manfred Zapatka, Katharina Thalbach
Filmverleih: 3L / Filmlichter
Länge: 109 Minuten
FSK: ab 12 Jahren
Kinostart: 02.11.2006

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Die europäische Idee wächst kontinuierlich weiter. Bulgarien und Rumänien werden die nächsten Kinder der abstrakten Großfamilie sein. Doch sind die Menschen wirklich schon in Europa angekommen? In seiner romantischen Tragikomödie „Offset“ widmet sich Regisseur und Drehbuchautor Didi Danquart dieser bedeutungsschwangeren Frage.

Eigentlich sollte der deutsche Ingenieur Stefan (Felix Klare) in der rumänischen Druckerei des herrischen Iorga (Razvan Vasilescu) nur eine neue Offset-Maschine installieren. Doch dann verliebte er sich Hals über Kopf in die bildhübsche Sekretärin Brindusa (Alexandra Maria Lara). Nun soll in Bukarest Hochzeit gefeiert werden und die Braut anschließend mit nach Deutschland kommen. Bei diesem Vorhaben hat Iorga unterdessen noch ein gewaltiges Wörtchen mitzureden. Über viele Jahre hatte der Familienvater eine Affäre mit der jungen Frau und nun kämpft auch er um ihre Zuneigung. Brindusa ist hin- und hergerissen zwischen alter und neuer Liebe, zwischen kulturellen Traditionen und dem Abenteuer Westen.

Die inneren Zerwürfnisse, die in der attraktiven Brindusa nagen, bilden den zentralen Angelpunkt in Danquarts („Viehjud Levi “) neuestem Drama. Der Filmtitel „Offset“ umreißt dabei nicht nur einen Fachbegriff aus der Drucktechnik, in der wörtlichen Übersetzung bedeutet er gleichfalls Knick, Gegenrichtung oder räumliche Verschiebung. Und genau das ist es, was der jungen Frau Kopfschmerzen bereitet.

Hauptdarstellerin Alexandra Maria Lara führten die Dreharbeiten gleich in zweifacher Hinsicht zurück zu ihren Wurzeln. Der Film wurde nicht nur in ihrer Geburtsstadt Bukarest gedreht, sie spielt zudem an der Seite ihres Vaters Valentin Platareanu, der auch auf der Leinwand ihren Erzeuger mimt und mit dem sie 1983 aus Rumänien nach Deutschland flüchtete. Da Lara damals zarte fünf Jahre alt war, sollte diese Tatsache allerdings mehr als interessante Randnotiz denn als autobiografische Aufbereitung betrachtet werden.

Danquarts Film ist schließlich keine Rückschau, sondern ein Werk der Gegenwart. Er spielt mit Klischees und gegenseitigen Vorurteilen, die den Fall des Ostblocks überlebt und bis heute standgehalten haben. Wunderbar werden die Ressentiments von Stefans Eltern verkörpert. Wenn sie nach Rumänien kommen, um der geplanten Trauung beizuwohnen, ist ihre Scheu vor der Fremde jederzeit spürbar. Danquart erzählt derartige Momente mit subtilem Humor, der vor Zynismus strotzt aber niemals wirklich bösartig wirkt. Katharina Thalbach und Manfred Zapatka blühen in ihren Rollen der spießbürgerlichen Deutschen förmlich auf. Leider sind ihre Szenen viel zu spärlich gesät, offenbaren sie doch höchst amüsant, dass es viel Zeit bedarf, bis sich Kulturen menschlich annähern. Ein politischer Deckel hält die brodelnde Suppe eben nicht ohne weiteres zusammen.

Am Filmset selbst sah das ganz anders aus. „Offset“ ist ein europäisches Werk. Die Crew setzte sich aus internationalen Mitarbeitern zusammen. Gedreht wurde in vier Sprachen, auf Deutsch, Rumänisch, Englisch und Französisch. Hinter der Kamera ziehen die Europäer an einem Strang. Vor der Kamera ist das weit problematischer. Da scheitern sie schon an der kleinstmöglichen Parzelle, der Familie. Und so entscheidet sich Brindusa am Ende auch nicht wirklich für einen der Männer, sondern für die Heimat in ihrem Herzen.

„Offset“ ist eine Tragikomödie, die von ihrem gesellschaftlichen Hintergrund lebt, sich dabei bisweilen aber in ihrer recht dünnen Liebesgeschichte verliert. Zudem leidet der Film darunter, dass die Protagonisten, von der wankelmütigen Brindusa über den cholerischen Iorga bis hin zum arg defensiv agierenden Stefan, nur recht wenig Sympathie ausstrahlen. Somit ist „Offset“ nicht mehr als durchwachsener Culture-Clash im Rahmen der europäischen Vereinigung.

Oliver Zimmermann