Paddington 2

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2014 inszenierte Paul King das liebenswerte „Paddington“-Kinodebüt nach der weltbekannten Kinderbuchreihe von Michael Bond. Im erzählerisch wie visuell einfallsreichen Sequel gelingt dem Regisseur und Co-Drehbuchautor erneut ein perfektes Timing der komödiantischen Szenen und eine stimmige Mischung aus dynamischen Slapstickeinlagen und ruhigen, gefühlvollen Szenen. Im Vergleich wirkt „Paddington 2“ sogar ein Stück runder als der Vorgänger, was zum Teil auch Hugh Grant zuzuschreiben ist, dessen Bösewichtauftritt eine wahre Freude ist.

Webseite: studiocanal.de

Großbritannien, Frankreich 2017
Regie: Paul King
Drehbuch: Simon Farnaby, Paul King, Jon Croker nach Charakteren von Michael Bond
Darsteller/innen: Ben Whishaw (Sprecher Paddington), Sally Hawkins, Brendan Gleeson, Hugh Grant, Julie Walters, Michael Gambon, Jim Broadbent, Hugh Bonneville, Imelda Staunton (Sprecherin Tante Lucy)
Laufzeit: 95 Min.
Verleih: Studiocanal
Kinostart: 23. November 2017

FILMKRITIK:

Seit der peruanische Bär Paddington als Einwanderer nach London kam und in der Obhut der britischen Familie Brown landete, ist einige Zeit verstrichen. Mittlerweile ist der tollpatschige Bär zum vollwertigen Familienmitglied avanciert und hat sich auch in der Nachbarschaft vorbildlich integriert. Wenn er mit seinem roten Schlapphut, dem blauen Dufflecoat und dem deutlichen britischen Akzent auf die Straße tritt, schlägt ihm in seiner neuen Heimat viel Sympathie entgegen.
 
Zum 100. Geburtstag seiner Adoptivtante Lucy will Paddington ihr ein Aufklapp-Bilderbuch mit Londoner Stadtansichten nach Peru schicken. Um das Geld dafür zu sparen, begibt sich der flauschige Geselle auf Jobsuche und stiftet als Friseurgehilfe und Fensterputzer reichlich Chaos. Von der geheimen Schatzkarte, die im begehrten Pop-up-Buch steckt, ahnt er indes nichts. Als ein Gauner das Buch stiehlt, gerät der unschuldige Paddington unter Verdacht und wird zu einer Haftstrafe verdonnert. Während der Bär im Gefängnis mit den Mitinsassen klarkommen muss, suchen die Browns den wahren Täter.
 
Statt lediglich auf den stupenden Charme und die tadellose Animation des Titelhelden zu bauen, spinnt Paul King die Integrationsparabel aus dem Originalfilm nahtlos weiter. Nach der geglückten Anpassung an die britischen Gepflogenheiten sammelt Paddington in brüllend komischen Szenen erste Erfahrungen in der Arbeitswelt und lernt ein Gefängnis von innen kennen. In den Fußstapfen des ersten Teils funktioniert „Paddington 2“ als Märchen mit Gegenwartsbezug, ohne allzu bedeutungsschwer oder gar belehrend auszufallen.
 
Zur narrativen Reife gesellt sich viel stilistischer Einfallsreichtum. Ein Höhepunkt ist die zauberhafte Szene, in der Paddington durch die Kulissen des Pop-up-Buchs flaniert. Vergnüglich sind auch die flotten und dynamischen, doch nie unübersichtlichen Verfolgungsjagden und das actionhaltige Finale. Scheinbar mühelos verbindet „Paddington 2“ Slapstick und Situationskomik mit hochgradig emotionalem Storytelling, wobei der Rhythmus zwischen den turbulenten und ruhigen Sequenzen durchgängig stimmt.
 
Wie im Vorläufer fügen sich die CGI-Animationen organisch in die Realszenen ein. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht natürlich Paddington selbst, der im Original von Ben Whishaw („Im Herzen der See“) und im Deutschen von Elyas M'Barek („Fack ju Göhte“) gesprochen wird. Der knuddelige Titelheld versprüht mit seiner lebendigen Charakterisierung, dem Kindchenschema und seiner naiven Herzlichkeit eine Liebenswürdigkeit, der man sich nicht entziehen kann.
 
In der Riege der menschlichen Besetzung trumpft vor allem Hugh Grant („Florence Foster Jenkins“) auf. Als narzisstischer Ex-Schauspielstar Phoenix Buchanan, der inzwischen Werbung für Hundefutter macht, gibt Grant eine wunderbar selbstironische Darbietung, die besser funktioniert als Nicoles Kidmans düstere Bösewichtrolle im ersten Teil. Der zweite denkwürdige Auftritt ist der von Brendan Gleeson („Am Sonntag bist du tot“), der den bärbeißigen Gefängniskoch Knuckles McGinty spielt. Nach außen hin wirkt McGinty ungehobelt, ja geradezu herzlos, doch unter der Fassade verbirgt sich ein weicher Kern, den der Charakterkopf Gleeson peu à peu freilegt. Als Mr. und Mrs. Brown führen Hugh Bonneville („Notting Hill“) und Sally Hawkins („Maudie“) ihre Rollen aus Teil 1 fort, agieren diesmal aber mehr im Hintergrund.
 
Wenn der Abspann rollt, endet ein grundsympathisches Sequel, das einerseits den Geist des Originalfilms atmet, und andererseits neue Akzente setzt. Von daher ist es sehr begrüßenswert, dass bereits ein dritter „Paddington“-Kinofilm angekündigt wurde.
 
Christian Horn