Peter Doherty: Stranger In My own Skin

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Jahrelang galt der englische Musiker Pete Doherty als heißer Kandidat für den 27er Club, in dem all die Stars verewigt sind, die zu jung starben. Inzwischen ist Doherty 44, clean und verheirateter Familienvater. Wie es dazu kam beschreibt seine Ehefrau Katia DeVidas in ihrem intimen Porträt „Peter Doherty: Stranger In My Own Skin“, das unweigerlich oft extrem voyeuristisch wirkt, aber auch zärtlich und aufrichtig.

Großbritannien 2023
Regie: Katia deVidas
Dokumentarfilm

Länge: 92 Minuten
Verleih: Kinostar
Kinostart: 16. November 2023

FILMKRITIK:

Wer Anfang des Jahrtausends Gitarrenmusik gehört hat kam nicht an den „Libertines“ vorbei,  eine Band, deren zwei Frontmänner Carl Barat und Pete Doherty ein wenig vorschnell als neue Lennon/ McCartney beschrieben wurden. Doch dem kometenhaften Aufstieg folgte ein jäher Fall, besonders für Pete Doherty, der Jahrelang fast im Alleingang die Seiten der britischen Boulevardmedien füllte. Minutiös wurden dort seine Drogenexzesse, seine Affäre mit Supermodel Kate Moss, Eskapaden unterschiedlichster Art und, ja auch das gelegentlich, die grandiose Musik beschrieben, für die Doherty dann auch bekannt ist.

So ausführlich konnte man, wenn man wollte, das Leben von Pete Doehrty verfolgen, dass man sich zu Beginn von Katia deVidas Dokumentarfilm „Peter Doherty: Stranger In My Own Skin“ fragen mag, was es da noch zu sehen gibt. Die Antwort stellt sich schnell ein, denn deVidas hat Leben und Leiden des Musikers und Menschen Pete Doherty über Jahre aus besonders intimer Perspektive verfolgt. Mitte der Nuller Jahre noch als Fan, die bei einem Auftritt von Dohertys zweiter Band „Babyshambles“ auf den notorisch unzuverlässigen Musiker wartet, dessen Konzerte gerne mit stundenlanger Verspätung begannen, so sie denn überhaupt stattfanden. Mehr und mehr wurde deVidas im Lauf der Jahre dann zu einer engen Freundin und schließlich sogar zu Doherys Partnerin und Mutter der gemeinsamen Tochter.

An die 200 Stunden Filmmaterial hat deVidas gedreht, Bilder, die den Musiker auf der Bühne zeigen, vor allem aber jenseits des Rampenlichts, in unterschiedlichen Zuständen der Benommenheit. Wie sich Doherty, der jahrelang Heroinsüchtig war, einen Schuss setzt sieht man zwar nicht, aber auch nur fast nicht. Kaum etwas wird ausgespart, was ebenso voyeuristisch wie aufrichtig wirkt.

Dezidiert als Film, der einen möglichst objektiven, ungeschönten Blick auf Sucht liefert, will Katia DeVidas ihren Film verstanden wissen, der dieses Ziel auf bisweilen schwer zu ertragende Weise erfüllt. Darüber hinaus funktioniert „Peter Doherty: Stranger In My Own Skin“ als lose Biographie von Doherty, vor allem aber als Dokument der langsamen Entwicklung einer Liebesbeziehung, die Doherty am Ende vermutlich das Leben rettete.

Gemeinsam fahren Doherty und DeVidas nach Thailand, wo er endlich einen erfolgreichen Entzug hinter sich brachte und die Beziehung des Paares begann. Inzwischen wirkt Doherty deutlich gesünder als in seinen schlimmsten Momenten, steht wieder mit seiner ursprünglichen Band, den „Libertines“ auf der Bühne und lebt im ländlichen Frankreich ein offenbar beschauliches, naturnahes Leben. Der Mitgliedschaft im 27er Club, dem Jim Morrison, Janis Joplin, Brian Jones oder auch Amy Winehouse angehören, ist Pete Doherty entgangen, was nach dern Bildern dieser Dokumentation fast wie ein Wunder erscheint. Ein intimeres Porträt eines Rockmusikers und Drogensüchtigen als „Peter Doherty: Stranger In My Own Skin“ hat man selten gesehen.

 

Michael Meyns