Plan A

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„Auge um Auge, Zahn um Zahn“, so steht es schon im Alten Testament. Nach diesem Motto wollten jüdische Holocaust-Überlebende in der unmittelbaren Nachkriegszeit Rache an Deutschen nehmen, genauer gesagt an sechs Millionen. „Plan A“ hieß das und so nennen Yoav und Doron Paz auch ihren Film, der zwar eine historisch wahre und faszinierende Frage behandelt, aber kaum mehr als ein B-Picture ist.

Website: https://www.camino-film.com/filme/plan-a/

Tochnit Aleph
Israel/ Deutschland 2021
Regie & Buch: Yoav & Doron Paz
Darsteller: August Diehl, Sylvia Hoeks, Nikolai Kinski, Milton Welsh, Michael Brandner, Tim Wilde, Michael Aloni, Oz Zehavi
Länge: 109 Minuten
Verleih: Camino
Kinostart: 9.12.2021

FILMKRITIK:

Der jüdische Deutsche Max (August Diehl) kehrt nach dem Zweiten Weltkrieg zurück nach Hause. Doch sein Haus hat längst ein Nachbar übernommen, der keinen Zweifel daran lässt, dass der Krieg zwar vorbei ist, Max sich als Jude jedoch nicht in Sicherheit wiegen sollte. Die Suche nach seiner verschollenen Frau und Kind führt Max zu einer jüdischen Abteilung innerhalb der britischen Armee.

Hier steht er bald vor zwei Möglichkeiten: Sich dem Exodus nach Palästina anzuschließen, um an der Entstehung eines jüdischen Staates mitzuwirken oder in Deutschland zu bleiben und Rache zu üben. Als Max erfährt, dass Frau und Kind ermordet wurden steht sein Entschluss fest: Er bleibt im Land und schließt sich der Untergrundorganisation Nakam an, das biblische Wort für Rache. In den Ruinen von Nürnberg versucht er, die Wasserwerke zu infiltrieren, denn der Plan der jüdischen Rächer sieht vor, das Wasser zu vergiften und so möglichst viele Menschen, gerade auch Zivilisten, zu töten.

Aus offensichtlichen Gründen ist die historisch belegte Widerstandsgruppe Nakam und ihr Plan A kaum bekannt. In der Geschichtsschreibung des Westens fungierten die Juden in erster Linie als Opfer, denen auch als Entschädigung für das im Holocaust erlittene Leid ein eigener Staat zugestanden wurde – mit den bekannten Folgen für die Situation im Nahen Osten. Eine erfolgreiche Racheaktion im Nachkriegsdeutschland, der im Erfolgsfall massenhafte Tod von deutschen Zivilisten hätte die Situation möglicherweise grundlegend verändert.

Bekanntermaßen kam es nicht dazu, Plan A scheiterte, die Rädelsführer kamen davon. Blutige Rache übte der jüdische Staat erst in Folge der Olympiade in München, als nach der Ermordung von elf israelischen Sportlern und Funktionären, die von Golda Meir geführte Regierung die geheime Operation „Der Zorn Gottes“ begann. Der Geheimdienst Mossad ermordete in den folgenden Jahren elf mutmaßlich Verantwortliche des Olympia-Anschlags, ein Rache-Feldzug, der in Steven Spielbergs Drama „München“ fiktionalisiert wurde. Im Kino wiederum war es Quentin Tarantino, der in „Inglourious Bastards“ blutige jüdische Rache imaginierte.

Dort spielte August Diehl einen Nazi, hier ist er wie immer sehr überzeugend als zunehmend besessener Max zu sehen, den nichts mehr antreibt als das Verlangen nach Rache. Der Film jedoch, den das israelische Regieduo Yoav und Doron Paz um die zentrale Darstellung von Diehl inszeniert, überzeugt weit weniger. Zu schematisch entwickelt sich die Handlung, zu oberflächlich wird die entscheidende Frage diskutiert, ob diese Form der blutigen Rache gerechtfertigt wäre oder nicht selber ein Verbrechen darstellt. Das zudem alle Schauspieler in oft gebrochenem Englisch sprechen, verleiht der Produktion endgültig den Anschein eines 70er Jahre B-Pictures. Ein hochspannendes Thema, das Grundlage weitreichender moralischer Fragen sein könnte, wird dadurch ein wenig verschwendet.

Michael Meyns