Projekt Gold

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Was den Fußballern nicht gelang, schaffte die deutsche Handballnationalmannschaft Anfang diesen Jahres: Weltmeister im eigenen Land zu werden. Und auch Regisseur Winfried Oelsner übertrifft das Vorbild „Sommermärchen“ mit seiner Dokumentation „Projekt Gold“ um Längen. Nicht zuletzt weil die Handballer ohnehin nicht so sehr im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen, wie die Fußballer, ist Oelsners Film ein spannender Blick hinter die Kulissen des wechselvollen, am Ende aber überaus erfolgreichen WM-Turniers.

Webseite: www.projektgold.kinowelt.de

Deutschland 2007,
Regie: Winfried Oelsner
106 Minuten, Format: 1:1,85
Verleih: Kinowelt
Kinostart: 30. Juli 2007

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Am 4. Februar 2007 gelang der Handball-Nationalmannschaft, woran die Fußballer ein halbes Jahr zuvor scheiterten: Sie wurde Weltmeister im eigenen Land. Und wie die Fußballer, wurden auch die Handballer während der Vorbereitung und des Turniers von einem Kamerateam begleitet, das nahezu unbeschränkten Zugang zu Trainern und Spielern hatte. Gewisse Ähnlichkeiten zu Sönke Wortmanns Film Sommermärchen sind also nicht zu vermeiden, wobei festzuhalten ist, das auch Wortmann sich überaus deutlich an der französischen Dokumentation Les Yeux sans les Bleu anlehnte, die den WM-Triumph der französischen Nationalmannschaft im Jahre 1988 begleitete. Angesichts einer doch nicht unerheblichen Reihe von ähnlich gelagerten Filmen kann man inzwischen fast von einem kleinen Genre sprechen, das bestimmten Mustern und Regeln folgt, ähnliche Motive variiert und strukturell vergleichbar ist.

 

Für die Dramaturgie hilft es natürlich ungemein, wenn die beobachtete Mannschaft das Turnier erfolgreich abschließt, somit am Ende des Films also ein Erfolg, inklusive ekstatischen Jubelfeiern steht. Selbst wenn, wie im Fall der Handball-WM, das eigentliche Finale, angesichts des spielerisch deutlich hochklassigeren Halbfinales fast antiklimatisch war, wäre es schwer vorstellbar, wie ein Film dieser Art aussehen würde, bei dem die Heimmannschaft am Ende verliert. Denn diese Art der Dokumentation ist ja in keiner Weise ein Versuch ein Sportturnier in seiner Gänze einzufangen. Der Fokus liegt ausschließlich bei der Heimmannschaft und deren Weg durchs Turnier, so dass man bisweilen kaum erfährt, wer denn gerade der Gegner ist oder was außerhalb des unmittelbaren Umfelds der Mannschaft passiert.

Damit so eine freiwillige Reduzierung des Blicks dennoch einen gelungenen Film hervorbringt, bedarf es eines Regisseurs, der zum einen ein Gespür für Situationen hat. Und hier erweist sich Oelsner als guter Beobachter, der während Training, Vorbereitung, Essen und anderen Tätigkeiten viele schöne Situationen einfängt. Vor allem aber gelingt es ihm in Einzelgesprächen Spielern, Trainern und Betreuern substantielle Kommentare zu entlocken, die im Gegensatz zum Sommermärchen-Film das Portrait einer interessanten Gruppe entstehen lassen. Und so ist Projekt Gold immer dann, wenn er Nahe bei der Mannschaft ist ein sehenswerter Film, der die Spannung des Turniers, die Chance auf einen kaum für möglich gehaltenen Erfolg spürbar deutlich einfängt. Allein wenn er sich, gerade in der zweiten Hälfte des Films, auf die Spiele an sich konzentriert, fällt die Spannung etwas ab. Da bewegt sich Projekt Gold allzu nah an einem gewöhnlichen Spielbericht und macht wenig mehr, als die Spiele so zusammenzufassen, wie man es Anfang des Jahres auch im Fernsehen gesehen hat. Allerdings kann man ihm diese Ausführlichkeit kaum übel nehmen, waren die Spiele doch von so hoher Qualität, das man auch im Kino gerne noch einmal verfolgt, wie die deutschen Handballer Weltmeister geworden sind und gezeigt haben, wie weit man mit Willen und Teamgeist kommen kann.

Michael Meyns