Nun, das hat man wirklich noch nicht gesehen: Einen Thriller mit Film-Noir-Touch, aber in Mundart, und zwar der sächsischen und schwäbischen. Nicht unbedingt die Dialekte, die besonders beliebt sind. Sie tragen dazu bei, „Raub ihren Atem“ ausgesprochen schräg erscheinen zu lassen.
Webseite: https://www.camino-film.com/filme/raubihrenatem/
Raub ihren Atem
Deutschland 2024
Regie: Andreas Kröneck
Buch: Andreas Kröneck
Darsteller: Luisa Binger, Christina Lopes, Katy Karrenbauer
Länge: 110 Minuten
Verleih: Camino Film Verleih
Kinostart: 26. Dezember 2024
In der letzten Nacht vor Silvester wittern die Polizisten Maxine und Joggl ihre Chance. Sie brauchen einen Coup, weil sie Gefahr laufen, ihren Job zu verlieren. Ein Tipp führt sie in ein Luxushotel. Dort hat jemand eine streng geheime Liste mit den Namen von V-Leuten und Informanten. Die darf nicht in falsche Hände fallen. Aber die Meisterdiebin Laura will die Liste auch. Zwischen Maxine und ihr entwickelt sich ein gefährliches Katz-und-Maus-Spiel, das noch dadurch prickelnder wird, da beide Frauen sich voneinander angezogen fühlen. Dabei ahnen sie nicht, dass auch der skrupellose Laschla hinter der Liste her ist …
Deutsche Genre-Kost ist ohnehin selten. Wann kommt schon mal ein Thriller in die Kinos? Noch dazu einer, der mit erotischen Elementen arbeitet und eine Geschichte erzählt, die auch die Konventionen des Spionagefilms abdeckt, und das alles noch kombiniert mit einem berüchtigten Killer, dem „langsamen Schlächter“, der ganz eigene Ziele verfolgt. Es ist ein rechter Genre-Kuddelmuddel, den Autor und Regisseur Andreas Kröneck hier abliefert. Das geht nicht immer auf, manchmal wirken die Elemente zu disparat, dann wiederum baut der Film doch einiges an Atmosphäre auf. Gerade letztere wird aber durch die Dialekte unterminiert.
Das Experiment eines Thrillers mit Mundart-Dialogen funktioniert nicht immer, was auch daran liegt, dass es zwei Dialekte sind, die gemeinhin als witzig-klingend angesehen werden. Das bringt eine Form von unfreiwilligem Humor ein, der den ansonsten ernsthaften Ton des Films deutlich schmälert. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Kröneck besser damit gefahren wäre, einfach in Hochdeutsch zu drehen. Dann hätte sich auch ein größeres Publikumspotenzial erschlossen. Zumal, anders als etwa bei einem Film wie „Hundslinger Hochzeit“ oder den Eberhofer-Krimis, die Mundart hier keinen Sinn verfolgt, sondern im Grunde Selbstzweck ist.
Aber man gewöhnt sich dran, und „Raub ihren Atem“ hat einige wirklich sehr schöne Szenen zu bieten. Kröneck traut sich, mit der Form zu brechen. Zur Mitte gibt es eine gut fünfzehnminütige Sequenz, die er den beiden Protagonistinnen gewährt, die nur im Hotelzimmer stattfindet. Es ist das dritte von mehreren Kapiteln, in die der Film unterteilt ist. Sie führt vom langsamen Herantasten über die Unsicherheit bis zu einem Moment der absoluten Intimität. In diesem Moment kommt der Thriller zum Halt, es übernimmt das Drama einer Beziehung, die darin gipfelt, dass beide Frauen sein können, wie sei sind (inklusive ihres Dialekts, was dieses Kapitel zum Einzigen macht, wo er wirklich sinnvoll ist).
„Raub ihren Atem“ hat seine Schwächen, aber auch Ecken und Kanten. Ein durchaus sehenswerter Film, ob man nun Mundart mag oder nicht.
Peter Osteried