Rental Family

Als tragischer Held mit extremem Übergewicht spielte Brendan Fraser sich in „The Whale“ vom Image des ewigen Action-Kaspers frei und gewann den Oscar. Der könnte nun abermals blühen für seinen anrührenden Auftritt als arbeitsloser Schauspieler in Tokio, den man als Familienmitglied mieten kann. Mit angenehmer Leichtigkeit geht es so amüsant wie nachdenklich um Identität, Lügen und Einsamkeit. Zum überaus emotionalen Finale werden die dramaturgischen Daumenschrauben nochmals angezogen. Fraser präsentiert sich scheinbar mühelos als glaubhaftes Stehaufmännchen mit enormem Empathie-Potenzial. Eine ziemlich oscarreife Leistung in einem warmherzigen Crowdpleaser mit Tiefgang.

 

Über den Film

Originaltitel

Rental Family

Deutscher Titel

Rental Family

Produktionsland

USA,JAP

Filmdauer

103 min

Produktionsjahr

2025

Regisseur

Miyazaki, Mitsugo

Verleih

Verleih N.N.

Starttermin

08.01.2026

 

Der Schauspiel-Beruf ist bekanntlich kein Ponyhof. Einmal mehr scheitert Phillip (Brendan Fraser) beim Vorsprechen in seiner Wahlheimat Tokio. Außer einer Zahnpasta-Reklame hat er seit Jahren  kein Engagement mehr ergattert. Umso mehr freut sich Phillip über die Besetzung als „trauriger Amerikaner“. Dass es sich dabei um die Statistenrolle bei einer Beerdigung handelt, erkennt er erst, als es zu spät ist. Als er sich bei seinem Auftraggeber beschwert, offeriert der ihm noch weitere lukrative Jobs. Seine „Mietfamilien-Agentur“ hat reichlich Nachfrage nach Komparsen, die als Fake-Verwandtschaft auftreten. Empört weist der Künstler dieses unmoralische Angebot zurück. „In unserem Land gelten psychologische Probleme als tabu, niemand wird sich professionelle Hilfe holen“, rechtfertigt der Agenturchef sein Geschäftsmodell der Lügen-Shows.

 

Der finanzklamme Schauspieler lässt sich nicht lange überreden. Bald gibt Phillip den Fake-Bräutigam auf einer Hochzeit. Den vorgeblichen Papa für ein kleines Mädchen. Oder den vermeintlichen Journalisten, der einen alten Schauspieler interviewt, um ihm so das Gefühl von Wichtigkeit zu verleihen. Selbst als Jubel-Perser beim Karaoke wird er gebucht. Das Problem: Der Held entwickelt zunehmend echte Gefühle zu seinen Klienten. Er hängt immer mehr an seiner neuen „Tochter“, die ihm rührende Bilder malt. Ebenso versteht er sich glänzend mit dem betagten Schauspieler, den die Welt vergessen hat – und der zunehmend die Welt vergisst. Auf dieser emotionalen Achterbahnfahrt aus Erfolgen und Niederlagen erkennt Phillip schließlich die Rolle seines Lebens: Er muss sich den Dämonen der Vergangenheit stellen. Und er muss sich selbst treu bleiben.

 

Schon Werner Herzog befasste sich vor sechs Jahren in „Family Romance, LLC“ mit dem japanischen Phänomen „Papa auf Bestellung“. Wenn es um Gefühle geht, bleibt der deutsche Maestro bekanntlich eher klobig-unbeholfen. Seine japanische Kollegin Hikari (die gleichfalls just 2019 für „37 Seconds“ auf der Berlinale den Panorama-Publikumspreis holte) spielt mühelos auf der Klaviatur der Emotionen. Sie umgeht elegant jede Kitschfalle und setzt auf eine stille Mischung aus Sanftheit und Wahrhaftigkeit. Ihre Figuren, samt Ecken und Kanten, wirken durchweg plausibel und laden unaufdringlich zum Mitfühlen ein. Existenzielle Themen wie Einsamkeit, Identität oder das Bedürfnis dazuzugehören werden so unangestrengt wie sensibel präsentiert. Für die notwendige, ausgleichende Komik ist gleichfalls bestens gesorgt.  

 

Brendan Fraser, der für diesen Auftritt eigens Japanisch gelernt hat, überzeugt als tragisches Fish-out-of-Water-Stehaufmännchen mit enormer Leinwandpräsenz. Bisweilen gibt es nur das Gesicht in Großaufnahmen, und die Blicke sprechen Bände. Könnte man ihn tatsächlich als Familienmitglied auf Zeit mieten, wäre die Nachfrage sicher enorm. Vielleicht könnte er sogar einen zweiten Oscar mitbringen….                                                              

 

Dieter Oßwald

Mehr lesen

Neuste Filmkritiken

ℹ️ Die Inhalte von programmkino.de sind nur für die persönliche Information bestimmt. Weitergabe und gewerbliche Nutzung sind untersagt. Nachdruck nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Filmkritiken dürfen ausschließlich von Mitgliedern der AG Kino-Gilde für ihre Publikationen verwendet werden.