Respect

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Als „Queen of Soul“ ist sie berühmt, doch der Weg dorthin war steinig. Wie Aretha Franklin wurde was sie ist, wie sie den Respekt bekam, den sie Zeit ihres Lebens anstrebte, erzählt Liesl Tommy in dem weitestgehend konventionellen Biopic „Respect“, das vor allem durch die Hauptdarstellerin Jennifer Hudson sehenswert wird – und die unsterbliche Musik Franklins.

Website: https://www.upig.de/micro/respect

USA 2020
Regie: Liesl Tommy
Buch: Tracey Scott Wilson
Darsteller: Jennifer Hudson, Forest Whitaker, Marlon Wayans, Audra McDonald, Marc Maron, Tituss Burgess, Mary J. Blige
Länge: 145 Minuten
Verleih: Universal
Kinostart: 25.11.2021

FILMKRITIK:

Detroit, 1952. Im Haus des Geistlichen C.L. Franklin (Forest Whitaker) steigt eine Party: Größen der afroamerikanischen Kultur und Gesellschaft trinken und feiern: James Baldwin ist da, Sam Cooke, Dinah Washington, am Klavier sitzt Art Tatum und während die gerade zehn jährige Aretha (Skye Dakota Turner) durch die Menge streift, begrüßt sie Tante Ella und Onkel Duke, respektive Fitzgerald und Ellington. Dann beginnt sie zu singen und haut mit ihrer Stimme schon als junges Mädchen um. Ein wohlbehütetes Haus, zwar sind die Eltern getrennt, doch von den Rassenunruhen, die auf Amerikas Straßen toben, bekommt Aretha nichts mit.

Dass nicht die weiße Gesellschaft ihr Steine in den Weg legt, sondern es vor allem übergriffige Männer aus ihrem eigenen Umfeld sind, die ihre Karriere behindern, ist einer der interessanteren Aspekte eines biographischen Films, der sich meist in den Konventionen des Genres bewegt. Wie oft, wenn es um große Künstler, gerne Musiker geht, muss die Hauptfigur gegen äußere, aber vor allem innere Widerstände kämpfen, um Erfolg zu haben. Dämonen führen zur Sucht, oft Drogen, hier Alkohol, am Ende steht ein triumphales Comeback, das im Fall von „Respect“, das berühmte Konzert in einer Kirche ist, bei dem Aretha Franklin 1972 zu ihren Wurzeln zurückkehrte. Das Gospel-Album „Amazing Grace“ entstand und Franklin wurde endgültig zur amerikanischen Ikone.

Dass dieses Comeback ausgerechnet in einer Kirche stattfand, dass ausgerechnet das Singen religiös konnotierter Lieder ihr nach Jahren des Alkoholmissbrauchs half, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen, mutet zumindest befremdlich an. Wird zuvor doch erzählt, wie gerade ihr Vater, ein bekannter Prediger, allzu großen und problematischen Einfluss auf ihr Leben nahm, sie in seinem Haus schon als zehnjährige vergewaltigt wurde und mit nur zwölf Jahren selbst Mutter wurde.

Nachdem sich die erwachsene Aretha – nun gespielt von Jennifer Hudson – sich endlich von ihrem Vater gelöst hatte, geriet sie an Ted White (Marlon Wayans), der ihr erster Ehemann und Manager wurde, sie zwar auf den Weg des Erfolges brachte, bald aber allzu beherrschend wurde. Eine Emanzipationsgeschichte will „Respect“ erzählen, ein Film der von weiblichen Stimmen geprägt ist: Eine Frau schrieb das Buch, eine Frau führte Regie, die Hauptdarstellerin selbst produzierte mit. Etwas brachial wird die intendierte Ideologie in den Mittelpunkt gestellt, etwas konventionell Karriere- und Lebensstationen abgehakt.

Die mitreißendsten Momente des mit fast zweieinhalb Stunden überlangen Films sind dann auch wenig überraschend Szenen, in denen die Musik im Mittelpunkt steht. Wenn Franklin am Klavier sitzt, aus Ideen langsam Lieder werden, Takte gesummt werden, die sich bald zu Melodien formen, wird der Entstehungsprozess von Franklins Kunst spürbar. Besonders hier hilft es, dass Jennifer Hudson eine talentierte Sängerin ist, die vor Jahren bei der Talentshow „American Idol“ bekannt wurde und im Musical „Dreamgirls“ ihren Durchbruch erlebte. Ihre Stimme hilft über die konventionelle Erzählung von „Respect“ hinweg und lässt die Queen of Soul mit all ihren Dämonen, vor allem aber ihrem enormen Talent lebendig werden.

Michael Meyns