Return to Dust

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Autor und Regisseur Ruijun Li hat mit „Return to Dust“ einen sehr schönen, sehr ruhigen Film abgeliefert, in dem es um zwei Außenseiter geht, denen eine aufgezwungene Ehe eine Chance auf ein besseres Leben eröffnet – und das inmitten eines Dorfs, das im Umbruch steckt. Ein kontemplativer, schöner Film, der in seiner Heimat auf nicht viel Gegenliebe stieß. Der Film wurde letztes Jahr aus allen chinesischen Streaming-Diensten entfernt und die Nennung des Titels in sozialen Medien ist untersagt.

Yin ru chen yan
China 2022
Regie: Ruijun Li
Buch: Ruijun Li
Darsteller: Renlin Wu, Hai-Qing, Guangrui Yang
Länge: 131 Minuten
Verleih: Rapid Eye Movies
Kinostart: 2. März 2023

FILMKRITIK:

Sie sind ein ungleiches Paar, was sie jedoch eint, beide sind in ihrem Dorf Außenseiter: Ma und Guiying. Er ist gutmütig und schweigsam, sie schüchtern, unfruchtbar und inkontinent. Ihre Ehe wird arrangiert, um sie loszuwerden. Sie sind sich fremd, leben nun aber miteinander und halten sich mit harter Feldarbeit und kargem Gewinn am Leben. Im Lauf der Zeit kommen beide sich näher. Zwischen ihnen entwickelt sich ein tiefgreifendes Verständnis. Was als Zwangsgemeinschaft begann, wird für beide plötzlich eine Chance. In der Zweisamkeit, aber auch im Schaffen eines Ortes, an dem man gemeinsam in Frieden leben kann.

Ruijun Li hat den Film in seiner Heimat, dem Dorf Huaqiangzi in der Provinz Gansu, gedreht. 600 Familien leben dort. Viele der Figuren im Film werden von den Einheimischen gespielt, nur bei wenigen Hauptfiguren griff der Regisseur auf gestandene Schauspieler zurück. Der Hauptdarsteller ist wiederum der Onkel des Regisseurs.

Es ist ein Film, der auf Missstände verweist – nie etwas, das in China gut ankommt. Hier wird auch gezeigt, wie die Regierung den Farmen Geld bezahlt, damit sie ihre unbenutzten und sich im Verfall befindlichen Häuser einreißen. Das Ziel ist, die Dörfer so schöner aussehen zu lassen. Eine kosmetische Korrektur, die tiefergehende Strukturprobleme nur verschleiern soll. Denn mit diesem Programm setzt auch eine Landflucht ein

Es sind die kleinen Momente, die hier am meisten nachhallen. Die kleinen liebevollen Gesten, die sich zwischen den Hauptfiguren ergeben, dieses zart erblühende Band von Romantik, die einem harschen Leben gegenübersteht, aber beiden Hoffnung gibt. Ob ein Unwetter ihre Arbeit vernichtet oder Kälte und Armut ihnen zusetzen, letztlich bauen beide aufeinander. Gezeigt wird dabei eine reife, ehrliche Beziehung, die sich gegen alle Unbill stellt, auch wenn das Leben im modernen China gerade auch für die Außenseiter der Gesellschaft immer schwerer wird.

„Return to Dust“ ist ein langsam erzählter, aber in die Geschichte ziehender Film, der einerseits als kleine Geschichte einer Liebe, andererseits als Kommentar auf eine Politik zu sehen ist, die die Seele des Landes selbst angreift. Kein Wunder also, dass der Film in China nicht gesehen werden soll. Umso wichtiger, dass man in hier ansieht.

Peter Osteried