Rosa und der Steintroll

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Die technischen Möglichkeiten im Animationsbereich sind immer erstaunlicher. Die Filme sehen immer besser aus. Erzählerisch machen es sich viele Kinderabenteuer aber viel zu einfach. Allzu oft jagt eine hektische Verfolgungsjagd die nächste. Ständig, so glauben etliche Regisseure und Autoren, muss auf der Leinwand etwas Krawalliges passieren, damit die Aufmerksamkeit nicht schwindet. Dass ein unaufgeregter Ansatz sehr wohl ergiebig sein kann, beweist der dänische Animationsstreifen „Rosa und der Steintroll“, der auf eine Kinderbuchreihe der Schriftstellerin Josefine Ottesen zurückgeht.

Originaltitel: Roselil og stentrolden
Regie: Karla Nor Holmbäck
Drehbuch: Toke Westmark Steensen nach der Kinderbuchreihe von Josefine Ottesen
Länge: 75 Minuten
FSK: ab 0 Jahren
Verleih/Vertrieb: Kinostar Filmverleih
Kinostart: 28.03.2024
Website: https://www.kinostar.com/filmverleih/rosa-und-der-steintroll/

FILMKRITIK:

Angenehm und entspannt ist das Leben im wunderschönen Sommerland, das auch die junge Blumenfee Rosa ihr Zuhause nennt. Jeden Morgen nach dem Aufwachen öffnet sie mit ihrem Zauberstab die Blüten in ihrem Rosenbusch und wartet sehnsüchtig darauf, dass irgendjemand Zeit zum Spielen hat. Die anderen Tiere und Geschöpfe sind jedoch zu beschäftigt. In ihrer Not willigt Rosa eines Tages ein, den Mausejungen Karl Gustav zu heiraten, dessen Eltern ihn nicht aus dem Haus lassen wollen, solange er keine Frau gefunden hat.

Ihre Entscheidung, die sich trotz der Einsamkeit äußerst überhastet anfühlt, bereut die Blumenfee schon bald. Den Mut, ihr Versprechen rückgängig zu machen, kann sie allerdings nicht aufbringen. Erst als sie das selbstbewusste Schmetterlingsmädchen Silk kennenlernt, beginnt Rosa zu verstehen, dass sie auf ihre Bedürfnisse und Empfindungen hören sollte. Die beiden werden sofort dicke Freundinnen. Und tatsächlich verlässt die sonst so ängstliche Rosa für einen gemeinsamen Ausflug zum Meer erstmals in ihrem Leben ihren geliebten Rosenbusch. Eine neue Herausforderung für unsere Heldin ist schließlich ein gefährlicher Steintroll, der Sommerland seit einiger Zeit bedroht.

Der von Karla Nor Holmbäck inszenierte Film setzt nicht auf spektakuläre, fotorealistische Bilder, sondern präsentiert uns eine in dezente Farben getauchte, einfach animierte und damit übersichtliche Welt. Sommerland und die angrenzenden dunklen Berge werden bevölkert von Tieren, die wir selbst aus der Natur kennen, und allerhand drolligen Fabelwesen. Auch Hexen und Elfen sind hier zu finden. Ein lustiges Gespann geben der freche Waldtroll Dunder und eine Eule ab, die wegen ihrer Sehschwäche alles, was sich bewegt, für eine Maus hält. Scheint die Zwei zunächst eine Gefahr für Rosa und Silk zu sein, werden sie rasch zu Helfern und Wegbegleitern.

Die Themen Einsamkeit, Freundschaft und Mut verhandelt der Film auf kindgerechte Weise, leitet aus der Entwicklung der anfangs zurückhaltenden Protagonistin schlichte, aber sympathische Botschaften ab. Spannend dabei: Rosa und ihr Widersacher sind sich bei Licht betrachtet gar nicht mal so unähnlich. Der Unterschied besteht vor allem darin, dass sie anders mit ihrer Gefühlslage umgehen. Während die Blumenfee positive Lösungen sucht, wählt der Steintroll, der einige Sommerlandbewohner zu Stein verwandelt, einen destruktiven Weg. Weil sie die Gemeinsamkeiten erkennt, versucht Rosa am Ende, den Konflikt friedlich beizulegen.

Kleine Actionszenen gibt es auch in „Rosa und der Steintroll“. Insgesamt schlägt das dänische Fantasy-Märchen aber ein bedächtiges Tempo an, nimmt sich immer wieder Zeit, um die Handlung quasi anzuhalten und das Innenleben der Hauptfigur zu ergründen. Die gelegentlich eingestreuten Lieder kommentieren dabei oft ganz explizit die Gefühle und Gedanken. Ein klares Indiz dafür, dass sich das Animationsabenteuer in erster Linie an Zuschauer im Kindergarten- und frühen Grundschulalter richtet.

Als kleiner Störfaktor erweist sich der Nebenstrang rund um Karl Gustav, der auch von elterlicher Ablösung erzählen will. Etwas seltsam mutet schon die aus heiterem Himmel beschlossene Verlobung im ersten Drittel an. Forciert wirkt ferner die Idee, mit der Artgenossin Frida ein Love Interest für Karl Gustav einzuführen. Statt auf eine ausgelutschte Konvention zurückzugreifen, hätte Drehbuchautor Toke Westmark Steensen den Mäuserich auch einfach zu der Erkenntnis führen können, dass man allein ebenso gut glücklich sein kann.

Christopher Diekhaus