Sauerkrautkoma

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Eine Mordsgaudi mit schrägem Witz, einem Hauch Anarchie und subversiven Charme garantiert auch der fünfte bayerische Heimatkrimi nach der Vorlage von Bestsellerautorin Rita Falk. Maibaumschändung, Sauerkrautüberdosis, verpatzte Heiratsanträge, für Sebastian Bezzel als Franz Eberhofer schwerste Herausforderungen. Dem stets lässig, grantelnden  Dorfsheriff  kommt eine Zwangs-Beförderung ins ungeliebte München in die Quere. Für ihn der Overkill. Dass im alten Opel Admiral seines Hippie-Vaters eine Leiche im Kofferraum auftaucht, ist da fast schon ein Segen. Weniger glücklich macht ihn Lisa Potthof als seine langjährige On-Off-Freundin Susi. Die wünscht sich nun definitiv einen Heiratsantrag und Nachwuchs. Erneut begeistert das brillante österreichisch-bayerische Dreamteam mit unwiderstehlich, derber Herzlichkeit.

Webseite: www.facebook.com/sauerkrautkoma

Deutschland 2018
Regie: Ed Herzog
Darsteller: Simon Schwarz, Sebastian Bezzel, Lisa Maria Potthoff, , Sigi Zimmerschied, Enzi Fuchs, Eisi Gulp, Daniel Christensen, Stephan Zinner, Max Schmidt, Gerhard Wittmann, Nora Waldstätten, Thomas Kügel, Ferdinand Hofer, Gedeon Burkhard, Ulrike Beimpold, Goran Navojec, Michael Ostrowski, Harry G.
Kamera: Sebastian Edschmid
Länge: 96 Minuten
Verleih: Constantin Filmverleih
Kinostart: 9.8.2018

FILMKRITIK:

„Mei Franz, mogst du eigentli Kinder hab´n?“, fragt die Susi (Lisa Potthoff) vorsichtig ihr Gspusi (Sebastian Bezzel), den niederbayerischen Provinzpolizist.  Damit bringt seine ewige On-Off-Freundin den  stets lässig, grantelnden Niederkaltenkirchener Dorfsheriff  Eberhofer gewaltig ins Stottern. „Dir is aber scho klar, dass i in a paar Jahr vierzig werd“, versucht sie ein bisschen Druck zu machen. Aber damit fordert sie wieder einmal eine gnadenlose Charmeoffensive ihres Galans heraus. „Dafür host de aber guad g´haltn“, antwortet der trocken. Doch ganz kann er sich diesmal nicht aus der Affäre ziehen.
 
Denn die Konkurrenz schläft nicht. Zu allem Überfluss kommt ihm auch noch eine Beförderung ins ungeliebte München in die Quere. Für ihn der Overkill. Denn das bedeutet nicht nur 2er WG mit seinem Spezl und ehemaligen Kollegen Rudi Birkenberger (Simon Schwarz) sondern hat noch viel schlimmere Konsequenzen. Er landet bei seiner Widersacherin Thin Lizzy (Nora Waldstätten). Die unerbittliche Beamtin ist seine neue Chefin. Und die nützt das weidlich aus.
 
„So Kollegen, bitte mal herhören, das ist der Franz Eberhofer aus Niederdingenskirchen,“ verkündet sie vor versammelter Belegschaft an seinem ersten Tag. „Wenn Sie also mal die Fähigkeiten eines eingeborenen Niederbayerns benötigen, als Dolmetscher oder Fährtensucher, dann wenden Sie sich vertrauensvoll an Herrn Eberhofer.“  Der ewigen Demütigung der Landbevölkerung durch die Stadterer entkommt Eberhofer  in durchaus großstädtischer Manier. Brummelnd täuscht er  die eigene Wichtigkeit vor und verschwindet schnell mit den Worten:„Ich muss leider los. Wichtiger Einsatz. Servus.“
 
Ja, und da ist sogar etwas dran. Denn der alte Opel Admiral seines alten Hippie-Vaters  (Eisi Gulp), der in Parka und Latzhose demonstrativ die späten Siebziger verkörpert, wurde geklaut. Ausgerechnet in München vor der neuen Wohnung. Und als der Oldtimer endlich wieder auftaucht, liegt eine Frauenleiche im Kofferraum. Dass alle Spuren seiner Ermittlungen in dem delikaten Fall zurück nach Niederkaltenkirchen führen, kann dem Eberhofer nur recht sein. Denn dort lässt sein ehemaliger Schulkamerad Karl-Heinz Fleischmann (Gedeon Burkhard), früher der pickelige „Fleischi“, nun erfolgreicher Geschäftsmann, nichts anbrennen. Schamlos macht sich der attraktive Sportwagenfahrer an seine Susi ran.
 
Auch wenn der Eberhofer  es eher gemütlich mag fehlt in keinem seiner Abenteuer ein Mindestmaß an Action. Und wieder kommt dabei als Symbol für die wilde Freizone in der provinziellen Welt der Schauplatz Kreisverkehr zum Einsatz. Einen sauberen Crash, der es beinah mit James Bond aufnehmen kann, liefern da Buengo (Castro Dokyi Affum) und Karl Stopfer (Frederic Linkemann).  Und auch Eberhofers angetrunkene Spezln inklusive dem Dienststellenleiter Moratschek (Sigi Zimmerschied) sorgen mit ihrer erschütternden, nächtlichen Maibaumschändung für Furore. Da kracht es gewaltig. Und dass bei diesem anarchischen Akt der begnadete Kabarettist Zimmerschied unwillkürlich die erhobene Hand zur Revoluzzer-Faust ballt, zeigt mal wieder, wo der Bartl den Most holt.
 
Als Typenkomödie darf die Geschichte Eberhofers seine bewährten Freunde nicht aus dem Augen verlieren. Und die tummeln sich diesmal höchst ungeniert im Swingerclub. Warum dort plötzlich alles so unheimlich billig ist, weiß allein der Heizungspfuscher Flötzinger  (Daniel Christensen). „Männertag“, blinzelt er hinter seiner riesigen Brille hervor. „Da Darkroom war wieda frei“, fordert ein gepiercter Lederschwuler die perplexen Burschen auch gleich darauf ganz selbstverständlich zum Blind-Date. Wer da noch an die Unschuld vom Lande glaubt, ist selber schuld.
 
Die derzeit erfolgreichste Bayernfilmreihe enttäuscht erneut keine Sekunde. Der gebürtige Garmischer Sebastian Bezzel, als stets etwas launischer Anti-Held,  ist dabei zwar nach wie vor der unbestrittene Sympathieträger des herrlichen Kultfilms. Aber seine Susi holt rasant auf. Und natürlich wär alles nix ohne die Oma, den Birkenberger und überhaupt die ganze restliche, wunderbare Bagage. Ob der Franz, die Susi jetzt schlussendlich doch noch heiratet, wird natürlich nicht verraten. Denn bayerisches Liebeswerben geht oft verschlungene Wege. Und wie schwärmt das bayerische Urgestein und Rebell Hans Söllner von seinem Gspusi „Edeltraut, Edeltraut, du hast a sauguats Gras obaut“. Über so eine Schwiegertochter würd sich natürlich auch Eberhofers Hippievater freuen.

Luitgard Koch