Sauna

Johan ist von der einengenden dänischen Provinz nach Kopenhagen gezogen und kann in der Hauptstadt seine Homosexualität voll ausleben. Als er sich in einen gleichaltrigen Transmann verliebt, gerät sein Leben aus den Fugen. Mit zärtlichem Wohlwollen und Sinnlichkeit erzählt das mutige Drama „Sauna“ eine junge queere Liebesgeschichte und stellt Fragen nach Selbstfindung und Identität. Es geht um die Suche nach Glück und intimen menschlichen Verbindungen, gleichzeitig spricht der Film das tabuisierte Thema der Transfeindlichkeit innerhalb der schwulen Szene an.

 

Über den Film

Originaltitel

Sauna

Deutscher Titel

Sauna

Produktionsland

DEN

Filmdauer

105 min

Produktionsjahr

2025

Regisseur

Broe, Mathias

Verleih

Salzgeber & Co. Medien GmbH

Starttermin

20.11.2025

 

Johan (Magnus Juhl Andersen) arbeitet in der einzigen Schwulensauna Kopenhagens, hat viele One‑Night‑Stands und genießt seine flüchtigen, oberflächlichen Begegnungen. Doch seine sexuellen Abenteuer machen ihn auf die lange Sicht nicht glücklich. Als er William (Nina Rask), einen Transmann, kennenlernt, entstehen unerwartet tiefe Gefühle. Johan verliebt sich Hals über Kopf in den sensiblen Gleichaltrigen, der sich mitten in der Transition befindet. Da ihre Beziehung jedoch nicht den gesellschaftlichen Normen entspricht, kommen auf die beiden schon bald einige Herausforderungen zu.

Mathias Broes Debütfilm folgt im ersten Drittel einem jungen, attraktiven Mann bei seiner Suche nach Sex und erotischen Treffen. Johan steht zu sich und seiner Sexualität, er stellt jedoch schnell fest, dass die sich nahtlos aneinanderreihenden One-Night-Stands nach einer gewissen Zeit für innere Leere und Monotonie sorgen. „Sauna“ hinterfragt die durchsexualisierte schwule Dating-Kultur, bei der es oft (nicht immer, aber oft) um schnelle Lustbefriedigung und den Austausch von Intimitäten geht, nicht unkritisch. Ebenso wie die mit ihr zusammenhängenden, möglichen Folgen für das Individuum: von Einsamkeit über Entfremdung bis hin zur emotionalen Abstumpfung.

Wie sehr die Jagd nach dem nächsten Sex-Date den Alltag von Johan bestimmt, zeigt sich vielfach in beiläufig eingestreuten Szenen. Sie zeigen symptomatisch, wie stark sein Leben von Dark Rooms, Grindr und dem nächsten Kick beherrscht wird. So kann er sein Smartphone nur selten mal zur Seite legen und selbst auf der Toilette geht es nicht ohne die Dating-App. Gleichzeitig aber feiert „Sauna“ die innere Freiheit seiner Hauptfigur und schwule Sexualität in all ihren Spielarten und Facetten. Sie erscheint als etwas völlig Normales und Alltägliches. Schließlich handelt es sich bei Johan um einen selbstbewussten Mann, der seine Sexualität in vollen Zügen auslebt.

Die Sexszenen sind vor allem auf akustischer Ebene (Stöhnen, lautes Atmen) durchaus explizit, aber die Dunkelheit der Dark Rooms lässt vieles nur erahnen. Das trifft auch auf die schwach ausgeleuchteten, rauschhaften Momente auf den Tanzflächen der queeren Clubs zu. Erst mit William kehrt etwas Ruhe ein im Leben von Johan, den Magnus Juhl Andersen mit beachtlicher Hingabe und großer Empfindsamkeit verkörpert. Die Momente zwischen Johan und William inszeniert Broes mit großem Respekt und einer eben solch bedingungslosen Intensität. Das betrifft die Phase des Kennenlernens und unbeschwerte Situationen während eines Ausflugs zum Meer ebenso wie eine besonders mutige, lustvolle Sexszene zwischen den beiden, die von augenzwinkerndem Witz durchbrochen wird. Ohnehin blitzt Broes Faible für entwaffnend-deftigen Humor öfter auf. Zum Beispiel, wenn er eine Geschichte Johans aus dessen Jugend (es geht um das Erwachen der eigenen Sexualität) gegen Ende nochmal aufgreift und unter Einsatz von Körperflüssigkeiten visualisiert.

Etwas bedauerlich ist, dass man den inneren Befindlichkeiten und Emotionen Johans nur schwer auf die Schliche kommt. Er bleibt bis zum Schluss schwer greifbar, nicht zuletzt, da man über ihn und seine Vorgeschichte nicht allzu viel vermittelt bekommt. Lediglich die Probleme mit den Eltern, die Johans Homosexualität nicht akzeptieren können, spricht „Sauna“ kurz an. Im Übrigen ist der Filmtitel etwas unglücklich gewählt. Es besteht die Gefahr, dass durch ihn ein irreführender Eindruck entsteht oder falsche Erwartungen geweckt werden. Denn obwohl einige Szenen in der Gay-Sauna „Adonis“, in der Johan arbeitet, spielen, machen die Sequenzen in der Sauna insgesamt nur einen Bruchteil aus.

Vielmehr steht die fragile Liebe zweier Männer im Zentrum, deren Beziehung gegen einige Widrigkeiten von außen bestehen muss. Ein schwuler Mann, der mit einem Transmann zusammen ist? Für viele Schwule scheint dies mit den eigenen Vorstellungen von „echter“ Homosexualität und geschlechtlicher Zugehörigkeit nicht vereinbar. Im Kern geht es in „Sauna“ nämlich um die Themen Ausgrenzung, Diskriminierung und eine große Intoleranz, die innerhalb der Gay-Community besteht. Das eigentliche Problem für Johan und William ist das Umfeld – und zwar nicht das heterosexuelle, sondern das queere.

 

Björn Schneider

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