Schwesterlein

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Das Drama „Schwesterlein“ ist die offizielle Einreichung der Schweiz für das Oscar-Rennen um den besten Auslandsfilm bei der Verleihung im Jahr 2021. Erzählt wird die Geschichte zweier Geschwister, beide Künstler, einer von ihnen jedoch todkrank. Lars Eidinger spielt den Leukämiekranken, Nina Hoss seine Schwester. Sie bringen die Seelenverwandtschaft ihrer Figuren perfekt auf den Punkt. Er ist Schauspieler, sie Theaterautorin, beide haben Sehnsüchte, die in ihrem jeweiligen Leben nicht befriedigt werden.

Website: www.weltkino.de/filme/schwesterlein

Schweiz 2020
Regie: Stéphanie Chuat und Véronique Reymond
Buch: Stéphanie Chuat und Véronique Reymond
Darsteller: Nina Hoss, Lars Eidinger, Marthe Keller, Jens Albinus, Thomas Ostermeier
Länge: 100 Minuten
Verleih: Weltkino
Kinostart: 29. Oktober 2020

FILMKRITIK:

Lisa war mal eine brillante Bühnenautorin, seitdem ihr Zwillingsbruder Sven jedoch an einer aggressiven Leukämie erkrankt ist, schreibt sie nicht mehr. Sie lebt mit ihrer Familie in der Schweiz, möchte aber eigentlich nach Berlin zurück. Ihr Mann sieht das anders: Ihnen geht es in der Schweiz besser. Das führt zu Spannungen in einer Ehe, die ohnehin schon angespannt ist. Denn Lisa denkt fast nur noch an ihren Bruder, ihren Seelenverwandten, den sie nicht sterben lassen will. Sie setzt alle Hebel in Bewegung, um ihn zu retten – und vielleicht auch sich selbst. Sieht sie in ihm doch ihre tiefsten Sehnsüchte gespiegelt.

Stéphanie Chuat und Véronique Reymond haben mit ihrem Film ein zurückhaltendes, aber kraftvolles Drama abgeliefert, in dem es nicht nur um das Sterben eines Menschen geht. Mehr noch geht es um das, was einem am Leben erhält – zumindest, was den Geist betrifft.

Dem körperlichen Verfall kann man nicht entgegenwirken, die Macht der Kunst, die befreiende Kraft der Kreativität können die Zeit jedoch erleichtern. Dabei machen Chuat und Reymond nicht den Fehler, das Ganze zu romantisieren, denn sie zeigen Svens Sterben in eindringlichen Bildern.

Es gibt Momente absoluter Verzweiflung, wenn Svens Zustand sich verschlechtert und Lisa versucht, ihn mit der Verheißung eines neuen Stücks aus dem Loch zu ziehen, in das er gerade stürzt, geradeso, als wäre es reine Willenskraft, die den Tod besiegen kann.

Das kann sie natürlich nicht, aber wie Lars Eidinger und Nina Hoss das spielen, ist beeindruckend. Hier hat man zwei Schauspieler, die die Seelenverwandtschaft ihrer Figuren perfekt auf den Punkt bringen. Das potenziert den Schmerz – den des Scheidenden und den derjenigen, die zurückbleibt.

Peter Osteried