She Chef

Zum Vergrößern klicken

Eine klassische Dokumentation darf man bei „She Chef“ nicht erwarten. Es ist nicht so, dass hier das Porträt einer jungen Frau gezeichnet wird, die als Kochweltmeisterin in drei renommierten Küchen überall auf der Welt lernt. Mehr ist es ein Blick ins Leben in der Küche. Agnes Karrasch kommt nur selten zu Wort. Wenn, dann sieht man sie mit einem Freund sprechen. Ansonsten bleibt die Kamera stummer Beobachter und zeigt, wie sie sich in den Sterne-Küchen dieser Welt schlägt. Ein nicht wirklich überzeugender Erzählansatz.

Webseite: https://www.camino-film.com/filme/shechef/

Deutschland / Österreich 2022
Regie: Melanie Liebheit, Gereon Wetzel
Buch: Melanie Liebheit, Gereon Wetzel
Darsteller: Agnes Karrasch, Dennis Melzer, Joachim Wissler

Länge: 103 Minuten
Verleih: Camino Filmverleih
Kinostart: 18. Mai 2023

FILMKRITIK:

Die junge Österreicherin Agnes Karrasch wurde Kochweltmeisterin und fand so auch den Weg in Sterneküchen. Der Film zeichnet praktisch ihre Lehr- und Wanderjahre nach, während man sie in drei verschiedenen Sterneküchen sieht – u.a. in Barcelona und auf den Faröer Inseln. Karrasch ist dabei unsicher, wohin ihr Weg sie führen soll. Sie will auf hohem Niveau kochen, aber sucht auch nach der richtigen Küche. Denn in den meisten Sterneküchen existiert man nur noch für diese, während das eigene Leben immer weiter in den Hintergrund tritt. Aber es muss auch einen anderen Weg geben.

Der Film ist insofern eigentümlich, weil er nicht erzählend einordnet. Vielmehr stößt er den Zuschauer mitten ins Geschehen, praktisch ins Getümmel der Küche, und überlässt ihn sich selbst. Man erhält einen Einblick darin, wie das Leben in einer Sternenküche aussieht, aber was auf der Strecke bleibt: Einen Einblick in die Hauptfigur dieser Dokumentation zu bieten.

Agnes Karrasch erzählt nie von sich. Wenn sie redet, dann sieht man sie im Umgang mit anderen Leuten in der Küche oder Gästen, die sie auf den Faröer Inseln zum Lokal bringen muss. Oder beim Zoom-Gespräch mit einem Freund, in dessen Küche in Berlin sie nach ihren Wanderjahren anfangen will. Aber auf den Faröer Inseln hat Karrasch so etwas wie das perfekte Leben gefunden. Eine flache Hierarchie, niemand ist besser als die anderen, gekocht wird auf hohem Niveau, aber man muss dafür nicht das eigene Privatleben opfern.

„She Chef“ bleibt aber zu sehr an der Oberfläche. Ein echtes Gefühl für die Kochweltmeisterin erhält man nie, und die endlos langen Szenen in den Küchen wirken wie Füllmaterial, das im Lauf der Zeit repetitiv wird. Der Ansatz von Melanie Liebheit und Gereon Wetzel war wohl, die Bilder für sich sprechen zu lassen. Aber sie haben zu wenig zu sagen. Was bleibt, ist das Gefühl, dass es auch darum gehen sollte, wie sich eine Frau in einer Männerdomäne behauptet, aber das kommt im Grunde nie zur Geltung.

 

Peter Osteried