Sleep Tight

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Auch wenn der Titel etwas Anderes vermuten lässt, so kann „Sleep Tight“ doch selbst erfahrenen Thrillerfreunden die ein oder andere schlaflose Nacht bereiten. Unter der Verantwortung von „[Rec]“-Schöpfer Jaume Balagueró entstand ein intensives, düsteres und mit Luis Tosar exzellent besetztes Psychogramm eines kranken wie faszinierenden Geistes. Als der scheinbar stets hilfsbereite Concierge César dringt dieser immer tiefer in die Leben seiner Mitmenschen ein. Sein perfides Spiel führt zu unabsehbaren Folgen.

Webseite: www.sleeptight.senator.de

Sleep Tight
OT: Mientras duermes
Spanien 2011
Regie: Jaume Balagueró
Drehbuch: Alberto Marini
Produzenten: Julio Fernández
Darsteller. Luis Tosar, Marta Etura, Alberto San Juan, Iris Almeida, Petra Martinez
Laufzeit: 102 Minuten
Kinostart: 5.7.2012
Verleih: Senator

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Für kleine Kinder lauert das Böse meist im Kleiderschrank oder unter ihrem Bett. In „Sleep Tight“ ist es ganz ähnlich, nur dass das Monster hier ein doch sehr menschliches Antlitz besitzt. César (Luis Tosar) ist Concierge in einem noblen Wohn- und Bürohaus und mit seinem Leben – so scheint es – unendlich unzufrieden. So sehr er sich bemüht, er kann einfach kein Glück empfinden. Dass es seinen Mitmenschen besser geht, dass sie anders als er Lebensfreude ausstrahlen, lässt in ihm eine perverse Kreativität entstehen. Wenn er anderen Menschen Leid oder Angst zufügen kann, dann verschafft ihm das zumindest für einen kurzen Moment Erleichterung. Seine Opfer sind derweil ahnungslos. Sie kennen ihn nur als den stets freundlichen, hilfsbereiten Hausmeister. Vor allem auf die hübsche Clara (Marta Etura) hat es César abgesehen. Wie ein Stalker seinem Objekt der Begierde versucht auch César, ihr ganz nahe zu sein. Und er will Clara ihr Glück nehmen. Dafür ist ihm jedes Mittel recht.

Böse und schmerzhaft fühlt sich dieser meisterliche Thriller von [Rec]-Schöpfer Jaume Balagueró an. Der Spanier konstruiert hier mit unglaublicher Präzision ein weit verzweigtes Labyrinth, aus dem es am Ende weder für uns noch für Clara einen Ausweg geben kann. Seine besondere Erzählperspektive ist hierbei der entscheidende Trumpf. Konsequent schildert Balagueró die hermetisch streng abgeriegelte Geschichte aus Césars Sicht. So stellt sich – ohne dass wir es wollen und so sehr wie uns auch dagegen wehren – schon bald eine gewisse Nähe mit dem offenbar psychisch kranken Täter ein. Geschickt nutzt der Film die ewige Faszination des Bösen als Einfallstor für seine dunkle Agenda. Gerade weil Césars Taten immer extremer werden, fragt man sich mit zunehmender Unruhe, worauf es „Sleep Tight“ schlussendlich abgesehen hat.

Nur wenige Filme entlassen den Zuschauer mit so gegensätzlichen Gefühlen wie diese Geschichte eines einsamen und unbarmherzigen Geistes. Und nur wenige Filme sind dabei in ihrer Narration derart effektiv. Rasch findet „Sleep Tight“ durch eine Reihe wiederkehrender Sequenzen und der Einteilung in Wochentage zu einem besonderen Rhythmus, dem man eine gewisse Sogwirkung kaum absprechen kann. Auch der Schauplatz, der von Balagueró wie ein heimlicher Hauptdarsteller ausgeleuchtet wird, ist Teil dieses düsteren Gesamtkunstwerkes. So wird der alte, markante Aufzug nicht zufällig zum Dreh- und Angelpunkt in Césars perfidem Spiel. Wer aus ihm aussteigt, wer ihn wann und wo betritt, all das sind versteckte Hinweise auf den weiteren Verlauf dieses in seiner Komposition nahezu perfekten Thrillers.

Für Luis Tosar ist es schließlich ein schauspielerischer Durchmarsch. Der durch Filme wie „Öffne meine Augen“ auch außerhalb seiner Heimat bekannt gewordene Spanier lässt die Schwierigkeiten der Rolle schlichtweg vergessen. Hier sitzt ganz einfach jeder Blick und jede Geste, sogar das kleinste Lächeln durchzieht stets eine verstörende Zweideutigkeit. Bei ihm wird César zu einem Psychopathen mit perverser und doch – zumindest aus seiner Sicht – nachvollziehbarer Motivation. Als seine Tarnung plötzlich aufzufliegen droht, steht auch ihm der Angstschweiß auf der Stirn. Das ist, als wolle Balagueró uns sagen: „Seht her! César ist kein Monster sondern immer noch ein Mensch. Er bleibt einer von uns, egal was er tut.“ Eine wahrlich erschreckende Erkenntnis.

Marcus Wessel

Gibt es Menschen, in denen das Böse absolut überwiegt? Die Norm ist das nicht, aber es gibt sie. Die Geschichte beweist es zur Genüge. Und auch in diesem Film treibt ein solches Exemplar sein Unwesen.

Er heißt Cesar und ist in Barcelona in einem ziemlich feudalen Jugendstilhaus Portier und Hausmeister. Glück, sagt er, kennt er nicht. Er geht mit den Hausbewohnern scheinbar ordentlich um. Doch das ist nur der äußere Schein. Dahinter steckt Bösartigkeit.

An der jungen und gut aussehenden Clara scheint er den Narren gefressen zu haben. Chancen hat er allerdings keine, denn Clara hat in Genf einen Geliebten. Und da er es bei ihr zu nichts bringt, schlagen seine Gefühle in Eifersucht, Neid und Boshaftigkeit um. Nachts, wenn sie schläft, schleicht er sich in ihre Wohnung, betäubt sie und kann sich so in ihrer Nähe aufhalten. Er lässt ihr immer wieder anonyme Briefe zukommen, was Clara natürlich sehr verwirrt. Ja, er mischt sogar schädliche Chemikalien oder Insektenlarven in ihre Kosmetikartikel, um die Frau körperlich und mental zu schwächen.

Einmal, als Claras Freund Marcos zu Besuch kommt, betäubt er gar beide und vergewaltigt Clara. Es sieht sogar so aus, als bekomme sie daraufhin von Cesar ein Kind – was bei ihrem Geliebten nie klappte.

Die junge Ursula, die ebenfalls in dem Haus wohnt, hat Cesars Treiben beobachtet – und kann ihn deshalb erpressen. Die Polizei tappt im Dunkeln, als Marcos, von Cesar umgebracht, aufgefunden wird. Cesar selbst sagt, er sei nur glücklich, wenn er tot sei. Wird er also bald glücklich sein?

Psychologisch untermauert sind Cesars Charakter und die Filmhandlung nicht. Das angebliche Unglücklichsein ist die Triebfeder der bösen Handlungen. Basta. Für ein gestandenes, Inneres ausschöpfendes Drama reicht das ganz und gar nicht aus.

Doch in seinem Genre, dem Horror-Thriller, ist das sehr gut gemacht. Die Spannung fehlt nicht, das Ambiente stimmt. Eine ausgefuchste Idee wird filmisch interessant präsentiert. Regisseur (Jaume Balaguero), Drehbuchautor (Alberto Marini) und Kameramann (Pablo Rosso) verstehen auf ihrem Gebiet ihr Handwerk.

Luis Tosar als Cesar ist unbestritten der Star. Skrupellos handelt er und ausgezeichnet spielt er das. Ihm zur Seite, ebenfalls gut, Marta Etura als Clara.

Als Genreunterhaltung ohne größeren Tiefgang gut möglich.

Thomas Engel