Sophie Scholl – Die letzten Tage

Deutschland 2004
Regie: Marc Rothemund
Drehbuch: Fred Breinersdorfer
Kamera: Martin Langer
Darsteller: Julia Jentsch, Fabian Hinrichs, Alexander Held, Johanna Gastdorf, André  Hennicke, Florian Stetter u.a.
Ca. 110 Minuten
Verleih: X-Verleih
www.x-verleih.de
Start: 24.02.2005

Zwei Tage vor dem zweiundsechzigsten Jahrestag von Sophie Scholls Hinrichtung kommt dieses eindringliche Plädoyer für Zivilcourage in die Kinos. Marc Rothemund und Fred Breinersdorfer ist ein beeindruckendes Portrait gelungen. Der Film beschreibt die letzten Lebenstage Sophie Scholls aus ihrer eigenen Perspektive. Die zeitliche Spanne reicht von der letzten Flugblattaktion, der Verhaftung der Geschwister Scholl, über Sophies Vernehmung durch den Gestapo-Beamten Hans Mohr bis zu ihrer Hinrichtung auf dem Schafott. Der Film ist hochkarätig besetzt, allen voran mit einer herausragenden Julia Jentsch in der Titelrolle.

München, Februar 1943: Sophie und Hans Scholl (Julia Jentsch, Fabian Hinrichs) bereiten gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Widerstandsgruppe „Die Weiße Rose“ eine weitere Flugblattaktion vor. Hans entscheidet, einen übrig gebliebenen Stapel Flugblätter am nächsten Tag in der Uni zu verteilen. Obwohl die Aktion äußerst riskant ist, will Sophie ihrem Bruder helfen. Nachdem es zunächst so aussieht, als kämen die beiden unentdeckt davon, werden sie doch im letzten Moment ertappt. Sophie und Hans Scholl werden von der Gestapo verhaftet und verhört. Sophie schafft es zunächst, ihren Vernehmungsbeamten Hans Mohr (Alexander Held) von ihrer Unschuld zu überzeugen. Doch als der sie mit einem Geständnis ihres Bruders konfrontiert, gesteht auch sie ihre Teilnahme ein. Obwohl Mohr ihr eine goldene Brücke baut, die ihr Leben retten könnte, distanziert Sophie sich weder von ihren Idealen, noch von ihrer Mittäterschaft.

Während sie auf ihre Verhandlung wartet, findet Sophie Trost und Unterstützung bei ihrer Zellengenossin Else Gebel (Johanna Gastorf). Für das Nazi-Regime ist die Ergreifung der Mitglieder der Weißen Rose so wichtig, dass die Gerichtsverhandlung unter Vorsitz des Präsidenten des Volksgerichtshofes, Roland Freisler (André Hennicke), schon kurze Zeit später stattfindet. Sophie und Hans Scholl, die schon während ihrer Vernehmungen versucht haben, die anderen Mitglieder der Weißen Rose zu schützen, geben ihrem Mitangeklagten Christoph Probst (Florian Stetter), einem Vater von drei Kindern, zu verstehen, dass er mit allen Mitteln versuchen soll, sein Leben zu retten. Doch auch er wird, wie Sophie und Hans Scholl zum Tode verurteilt.

Julia Jentsch schafft es in einer beindruckenden schauspielerischen Leistung, Sophie Scholl auf der Leinwand wieder lebendig werden zu lassen. Der Film zeigt sie als lebenslustige, junge Frau, die gerne Swing-Musik im sogenannten Feindsender hört. Als überzeugte Patriotin, die sicher ist, dass die Nazis nur Unheil und Leid über die Menschen bringen und als mutige Widerstandskämpferin, die nicht wegsieht und schweigt, sondern tut, was ihr möglich ist, um das Unrecht-System anzuprangern. Sie ist bereit, für ihre Überzeugung zu sterben und ihr Glaube gibt ihr die Kraft, das durchzustehen.

„Sophie Scholl – Die letzten Tage“ orientiert sich weitestgehend an den historischen Fakten und hat als Quelle u.a. auch die Vernehmungsprotokolle der Mitglieder der Weißen Rose durch die Gestapo zur Verfügung.  Die Vernehmung Sophie Scholls durch den Gestapo-Beamten Hans Mohr ist auch ein wichtiges Kernstück des Films. In stundenlangen Vernehmungen gelingt es Sophie zunächst, den gewieften Verhörspezialisten mit 26 Jahren Berufserfahrung zu täuschen und von ihrer Unschuld zu überzeugen.

Hans Mohr wird in diesem Film als Mensch dargestellt, der für Recht und Ordnung eintritt, von welchem System auch immer diese definiert werden. Er glaubt an die positiven Errungenschaften, die die Nazis den Deutschen versprochen haben. Und obwohl er zu diesem Zeitpunkt bestimmt schon Zweifel und Skrupel hat, ist er immer noch ein Nutznießer des Regimes. Aber es wird auch klar, dass dieser Gestapo-Mann Hochachtung, wenn nicht gar heimliche Sympathie für Sophie Scholl hat. Nachdem ihr Bruder schon gestanden hat, zeigt Mohr Sophie noch einen Weg auf, wie sie mit dem Leben davon kommen könnte. Doch Sophie geht auf das Angebot nicht ein und steht zu ihrer Überzeugung.

Diese Haltung zeigen sie und ihr Bruder auch während der Gerichtsverhandlung. Ihnen muss von Anfang an klar gewesen sein, dass diese Verhandlung nur eine Farce sein kann und das verhasste System sie zum Tod verurteilen wird. Aber sie bleiben standhaft und nutzen ihre letzte Chance, öffentlich für ihre Überzeugungen einzutreten. Und spätestens an diesem Punkt stellt man sich als Zuschauer die bange Frage, ob man an Stelle von Sophie oder Hans Scholl die gleiche Zivilcourage aufgebracht hätte.

Der einzige kleine Wermutstropfen in dieser überaus gelungenen und sehr eindringlichen filmischen Inszenierung ist die Darstellung Freislers, der etwas überzogen tumb agiert. Doch das schmälert den absolut positiven Gesamteindruck nur ganz unwesentlich.

Ute Reusch