Supa Modo

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Die Liste an Preisen für den kenianischen Superheldenfilm „Supa Modo“, vor allem bei Kinder- und Jugendfilmfestivals, ist lang. Auch in Berlin, Hamburg und Emden räumte die Geschichte eines todkranken afrikanischen Mädchens und ihres Traums von der Retterin ihres Dorfes im Jahr 2018 einige Auszeichnungen ab. Außerdem stand die Produktion als Vertreter Kenias auf der Liste der besten fremdsprachigen Filme für die Oscar-Verleihung 2019, wurde letztlich aber nicht nominiert. Größter Trumpf ist neben einer sympathischen Hauptdarstellerin der Glaube an die Kraft der Phantasie.

Webseite: www.facebook.com/pg/SupaModoFilm/

Kenia/Deutschland 2018
Regie: Likarion Wainaina
Darsteller: Stycie Waweru, Marrianne Nungo, Nyawara Ndambia u.v.m.
71 Minuten
Verleih: Sächsischer Kinder- und Jugendfilmdienst e.V. / Barnsteiner Film
Start: 18.4.2019

FILMKRITIK:

Die Wand in ihrem Zimmer ist über und über mit Postern von Comic-Superhelden und Leinwandstars wie Jackie Chan und Bruce Lee beklebt. Kurzweilig sind die Stunden im Krankenhaus, wenn die neunjährige Jo zusammen mit anderen kleinen Patienten Videos ebendieser Heroen schaut, lustig synchronisiert von einem jungen Kenianer, der auch ein kleines improvisiertes Kino betreibt. Sobald die Bilder über die Leinwand flimmern, haben die Kinder ihre Sorgen und Schmerzen vergessen. Und doch: manchen ist der nahe Tod gewiss.
 
Weil die Ärzte im Krankenhaus für die todkranke Jo nichts mehr tun können, nimmt ihre Mutter sie mit nach Hause, verbietet ihr aber, draußen auf der Straße herumzutollen. Doch ihre ältere Schwester ist findig und unternimmt immer wieder kleine Ausflüge mit ihr, bei denen es zu unerwarteten Begegnungen mit Dieben und Räubern kommt, denen Jo dank ihrer Superkräfte aber heldenhaft das Handwerk legt. Und es kommt noch besser: bald werden Jo’s Wundertaten sogar auf einer Kinoleinwand zu sehen sein und sie sich fühlen dürfen wie ihre großen Vorbilder. Wenn sie dann abhebt in den Superheldenhimmel, wird auch die Mutter sagen können, dass Jo ganz bestimmt ein glückliches Leben haben durfte.
 
Dass dafür eine ganze Dorfgemeinschaft ein bisschen Theater spielt, sich Dinge wie ein Salzstreuer auf gespenstische Weise von einer zur anderen Tischseite bewegen, Fußbälle durch scheinbare Willensstärke platzen und in einem Moment sogar die Zeit angehalten wird, all das ist Teil eines großen Plans, der von nichts weniger beseelt ist als vom Glauben an die Kraft der Phantasie. Wie da zum Beispiel eine Bande dreister Kinderdiebe gebändigt wird, lässt einen auch an die verspielte Welt eines Filmemachers wie Michel Gondry und seinen Film „Science of sleep – Anleitung zum Träumen“ aus dem Jahr 2006 denken, in dem sich Gael Garcia Bernal mit Einfallsreichtum eine selbstgebastelte Wunschwelt bastelte.
 
Natürlich ist aber auch klar, dass - anders als in den großen Hollywood- und Comic-Superhelden-Abenteuern - keine falsche Erlösung von der Unabänderlichkeit eines Schicksals ablenkt. Statt Drama wird stattdessen auf Humor und Augenzwinkern gesetzt und durch den Einsatz von Phantasie von einem ungewöhnlichen Weg des Abschiednehmens und dem Entkommen aus ausweglosen Situationen erzählt, ohne dabei ins Sentimentale abzurutschen.
 
Interessant am Rande ist übrigens noch, dass dieser Film des kenianischen Filmemachers Likarion Wainaina bereits der sechste Film einer von Regisseur Tom Tykwer und seiner Frau Marie Steinmann gegründeten Filmproduktion (One Fine Day Films, u.a. „Soul Boy“) ist, die sich als Ausbildungsinitiative versteht und das junge Independent Kino in Afrika unterstützt. „Supa Modo“ ist denn auch im Rahmen einer Masterclass entstanden. Seine Weltpremiere feierte „Supa Modo“ 2018 auf dem Kinderfilmfest der Berlinale mit dem Gewinn des „Kristallbären“ als bester Spielfilm.
 
Thomas Volkmann