The Book of Gabrielle

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In „The Book of Gabrielle“ verarbeitet die Illustratorin Gabrielle zeichnerisch ihre sexuellen Erfahrungen. Diese sollen in einem Ratgeber erscheinen, der die Vielfalt der weiblichen Lust zeigt. Vor allem in lesbischen Liebesbeziehungen. Unterstützt wird sie von einem Schriftsteller, der sich im Laufe der Zeit zu ihrem Mentor entwickelt – und vielleicht sogar zu mehr. Die leichtfüßige, sympathische Indie-Tragikomödie überzeugt durch ihren offenen, spielerischen Umgang mit dem Thema „weibliche Sexualität“. Getragen wird sie von ihren charismatischen Darstellern und der oft unterschwelligen, subtilen Erotik.

Webseite: www.pro-fun.de

Großbritannien 2016
Regie: Lisa Gornick
Drehbuch:  Lisa Gornick
Darsteller: Lisa Gornick, Allan Corduner, Anna Koval
Länge: 80 Minuten
Verleih: Pro-Fun Media
Kinostart: 09. März 2017

FILMKRITIK:

Gabrielle (Lisa Gornick) ist Illustratorin und arbeitet aktuell an einem Buch zum Thema Sex. Das Werk soll den (eindeutigen) Titel „How to do it“ tragen. Eines Tages kommt es in einer Buchhandlung zu schicksalhaften Begegnung: Gabrielle lernt den erfolgreichen Schriftsteller Saul (Allan Corduner) kennen, zu dessen Büchern sie seit ihrer Kindheit eine Hassliebe pflegt. Doch die Beiden liegen auf einer Wellenlänge und treffen sich privat immer öfter, um über das Buch und den Inhalt zu sprechen. Dabei öffnet sich Gabrielle dem Auto immer mehr und berichtet ihm bald sehr intime Details aus ihrem Sex- und Beziehungsleben mit der jüngeren Olivia (Anna Koval). Doch im Laufe der Zeit wird es komplizierter: die Frage ist, was genau Saul eigentlich von ihr will. Und auch in ihrer Beziehung zu Olivia kriselt es häufiger.

Die Indie-Dramödie „The Book of Gabrielle“ stammt von der britischen Regisseurin, Drehbuchautorin und Schauspielerin Lisa Gornick. In allen drei Rollen fungierte sie auch bei „The Book of Gabrielle“, ihrem mittlerweile achten Film. Bis heute eines ihrer bekanntesten Werke ist ihr Debüt, „Do I love you“ (2002), über eine lesbische Liebesbeziehung. Der Film wurde vom British Film Institute unter die Top Ten der besten Filme gewählt, die die lesbische Liebe zum Thema haben. Die meisten ihrer Filme dreht Gornick in London. So auch „The Book of Gabrielle.“

Spielerisch nähert sich der erfrischende, sympathische kleine Indie-Film den Themen „weibliche Lust“ und „weibliche Sexualität“ an – und das vor allem, aber nicht nur: in lesbischen Beziehungen. Das Leitmotiv sind dabei immer wieder die Illustrationen, die Illustratorin Gabrielle für ihr Buch anfertigt. Einem geplanten Ratgeber zum Thema Sex. Zu den unterschiedlichsten Oberbegriffen, fertigt sie Zeichnungen an – während der Zuschauer ihre Gedankengänge zur jeweiligen Thematik genau nachvollziehen kann, da diese als Off-Kommentierung über den Zeichnungen „liegen“. Und so erfahren wir u.a. ebenso intime wie spannende Details über Gabrielles erste sexuelle Erfahrungen mit einer Frau, den ersten Hetero-Sex oder auch prägende SM-Erlebnisse.
Die Zeichnungen bringen auf diese Weise ihre Gedanken, aber zugleich ihre persönlichen Erfahrungen, zu Papier. Diese Herangehensweise an das Sujet der weiblichen Lust und Sexualität, ist unkonventionell und charmant. Zudem passt Hauptdarstellerin Lisa Gornick  perfekt in die Rolle der freimütigen, offenen Gabrielle, die kein Blatt vor den Mund nimmt. Ebenso nicht ihrem Mentor gegenüber, dem bekannten Schriftsteller Saul. Zwischen beiden entwickelt sich im Laufe der Zeit eine ganz besondere (Mentor-Protegé-)Beziehung, die hier und da auch durchzogen ist von verstohlenen Blicken, zarten Flirtversuchen und sanfter, unterschwelliger erotischer Stimmung. Die offenen Gespräche zwischen Gabrielle und Saul über das Thema Sex, sind komisch, ehrlich und zeugen von großer Aufrichtigkeit.

Dabei geht von Saul jederzeit eine Aura des Unnahbaren und Geheimnisvollen aus. Lange Zeit weiß man nicht, was genau er eigentliche für Ziele und Absichten verfolgt. Allan Corduner verkörpert den charismatischen Schriftsteller, der sich sofort zu Gabrielle und ihrer Offenheit hingezogen fühlt, hingebungsvoll und mit viel Charme.

Und genauso wenig spart der Film ernste Themen und nachdenkliche Töne, aus. Spätestens dann, wenn Olivia der Verdacht kommt, dass Saul womöglich mehr von Gabrielle will als nur Freundschaft. Und er vielleicht mehr sein möchte als lediglich Gabrielles beratender, schriftstellerischer Lehrmeister. Dann thematisiert der Film ebenso – für eine Beziehung oft gefährliche – Emotionen wie Verlustangst und Eifersucht sowie den Aspekt des erheblichen Altersunterschieds zwischen zwei Partnern. Und das im Angesicht einer eigentlich leidenschaftlichen, hemmungslosen Liebesbeziehung.

Björn Schneider