The Call – Leg nicht auf!

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Jordan Turner, gespielt von Oscar-Preisträgerin Halle Berry, arbeitet in der Polizeinotruf-Zentrale von Los Angelas und lenkt Polizei und Rettungskräfte zu den Orten, an denen jemand in Not ist. Eines Tages macht Jordan einen verhängnisvollen Fehler und wird am Telefon Zeuge des Mordes an einer jungen Frau. Monate später hat sie wieder eine junge Frau am Telefon, die aus dem Kofferraum eines Autos, mit dem sie gerade entführt wird, um Hilfe ruft. Jordan muss ihr Trauma überwinden und in Verbindung bleiben mit Casey für eine Chance auf Rettung. Der Actionthriller basiert auf gut recherchiertem Material und bietet den genreüblichen Nervenkitzel und brutale Gewaltszenen. Unterhaltung durch Adrenalinschübe.

Webseite: www.thecall-film.de

USA 2013
Regie: Brad Anderson
Darsteller: Halle Berry, Abigall Breslin, Michael Eklund, Morris Chestnut, Michael Imperioli
Verleih: Universum Film / SquareOne Entertainment
Dauer: 94 Min
Start: 11. Juli 2013

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

„Notruf. Wie kann ich ihnen helfen?“ - Diesen Satz sagt Jordan Turner, gespielt von Oscar-Preisträgerin Halle Berry, wohl hunderte Male in einer Schicht. Sie arbeitet in der Polizeinotruf-Zentrale von Los Angelas, einer Art Großraumcallcenter, wo sie und ihre Kollegen minütlich Notrufe entgegennehmen. In einem beeindruckenden Vernetzungssystem von Polizei und Rettungskräften koordinieren und lenken sie die Helfer zu den Orten, an denen jemand in Not ist.

Gleich zu Beginn erleben wir Jordan in einer äußerst brutalen Situation. Sie muss miterleben, wie ein junges Mädchen einem Einbrecher zum Opfer fällt, weil sie, Jordan, einen verheerenden Fehler gemacht hatte. Die junge Frau stirbt unter ihrer Mithörerschaft. Sechs Monate später sehen wir Jordan immer noch in der Dienststelle, jetzt alledings als Ausbilderin. Offenbar hat sie dieses traumatische Erlebnis noch immer nicht verarbeiten können, ist noch nicht wieder fit für den Job. Aber gerade während einer Vorführsitution für die Auszubildenden passiert, was passieren muss. Wieder ist eine junge Frau in Gefahr – sie telefoniert vom Kofferraum eines Wagens, mit dem sie gerade entführt wird, mit der Notrufzentrale. Jordan übernimmt von der überforderten Kollegin und wächst über sich und ihr Trauma hinaus bei dem Versuch, die junge Casey zu retten.

Was dann abgeht ist genau das, was man von einem Thriller erwartet: spannend, brutal und nervenaufreibend, weil unsere Urängste und die – inzwischen medial gut geschulten – Angstphantasien punktgenau angetriggert werden. Dazwischen immer wieder Halle Berry, die sich redlich müht, ihrer von den extremen Notsituationen des Opfers gepeinigten Heldin am Telefon auch Chrakter zu geben. Aber was will man da anderes spielen als Angst und Schrecken, Stärke trotz Traumatisierung, Mut zusprechen mit Tränen in den Augen.

Auch ihre junge Schauspielkollegin Abigall Breslin als arg gebeuteltes, von einer Angst in die nächste fallendes Opfer macht ihre Sache so gut, wie man so etwas eben gut machen kann. Bei Mord und Totschlag gibt es wenig Nuancen. Und dass der Schrecken immer noch größer werden kann gehört eben zu den Gesetzen des Genres. Dabei legt der Film wert auf größtmöglichen Realismus, damit der Zuschauer das Gefühl hat, sich tatsächlich gemeinsam mit der todesangstgeschüttelten Casey im engen Kofferraum zu befinden, zwischenzeitlich noch Schulter an Schulter mit einer Leiche. Wie bei einem Livestream switcht die Kamera zwischen tatsächlichem Geschehen und dem, was davon im Ohr von Jordan ankommt, hin- und her und gibt dem Film auf diese Weise eine gewisse eigenständige Ästhetetik, stellenweise auch packende Dynamik.

Neben mitfühlenden Kolleginnen und Kollegen in der Notrufzentrale und Jordans so attraktivem wie mutigem Freund (Morris Chestnut), der sich als Polizist an vorderster Front bewährt, gibt es als dritte Hauptfigur noch den Täter (Michael Eklund). Zwischen Massenmördermonster und Psychopath gibt es da nicht allzu viele Varianten, das Drehbuch entscheidet sich für letzteren. Welches in Perversität umgeschlagene Kindheitstrauma diesen veranlaßt, regelmäßig junge Frauen zu töten, soll nicht verraten werden. Allerdings ist das Täterprofil ebenso simpel psycho-logisch ausgedacht wie realitätsfern, was ja aber auch zum Genre gehört. Und so wird die zumeist fehlende psychologische Spannung durch die Brutalisierung des Geschehens ersetzt. Schade, denn die Hauptrolle der unsichtbaren Helferin am Telefon hätte durchaus das Potential zu mehr Tiefgang gehabt.

Ärgerlich wird es am Schluss: Die Schicht ist zu Ende, Jordan hat ihre Arbeit getan, wenn auch noch nicht von Erfolg gekrönt, steigt ins Auto und handelt. Schließlich hatte ihr der Entführer, kurz bevor die Verbindung zu Casey endgültig abbrach, noch ins Ohr gehaucht: „Was willst Du schon tun, Du bist doch nur eine Telefonistin.“ Mitnichten.
Dass aber nach dem finalen Showdown der ganz offenbar psychisch kranke Täter nicht seiner gerechten Strafe und/oder auch Hilfe entgegensehen kann, sondern der Selbstjustiz des Opfers zum Opfer fällt, ist alles andere als politisch korrekt, könnte maximal als Provokation durchgehen. Die ist aber in keiner Weise durch den insgesamt durchschnittlichen Thriller gerechtfertigt und wirkt wie eine angepappte Anbiederung an die simpelsten Instinkte unreflektierter Zuschauer.

Caren Pfeil