Angesichts zunehmender globaler Probleme, Wirtschaftskrisen, wachsendem Rechtspopulismus scheint die Welt aus den Fugen zu geraten, ein Zustand, den der polnische Regisseur Jan Komasa in seinem Film „The Change“ zu spiegeln scheint. In seinem ersten auf Englisch und in den USA gedrehten Film packt er genug Stoff für eine Serie, hat viele Ideen, streift interessante Aspekte, allein ein runder Film ist am Ende nicht entstanden.
Über den Film
Originaltitel
Anniversary
Deutscher Titel
The Change
Produktionsland
USA
Filmdauer
90 min
Produktionsjahr
2025
Regisseur
Komasa, Jan
Verleih
Tobis Film GmbH
Starttermin
06.11.2025
Zum 25jährigen Hochzeitsjubiläum versammelt sich die ganze Familie im ausladenden Haus der Eltern in einem der wohlhabenden Viertel der amerikanischen Hauptstadt Washington DC. Die Mutter Ellen (Diane Lane), lehrt als Professorin an der Georgetown University, ihr Mann Paul (Kyle Chandler) führt ein gutgehendes Sternerestaurant. Neben diversen Freunden kommen auch die Kinder zu Besuch: Neben dem zurückhaltenden Nesthäckchen Birdie (McKenna Grace), die als einzige noch bei ihren Eltern lebt, sind das Anna (Madeline Brewer), die als Stand-Up-Comedian kein Blatt vor den Mund nimmt und damit großen Erfolg feiert. Die dritte Tochter ist Cynthia (Zoey Deutch), die als Anwältin in Fragen des Umweltschutzes aktiv ist und gegen die Macht der Konzerne antritt. Und schließlich der einzige Sohn, Rob (Daryl McCormack), ein verhinderter Autor, der seine neue Freundin Liz (Phoebe Dynevor) mitgebracht hat.
Und Liz ist es auch, die den Ball ins Rollen bringt, mit dem das Drama beginnt, das am Ende eine Familie entzweit hat. Liz hat gerade ein Buch namens The Change veröffentlicht, das sich bald zu einem Bestseller entwickeln wird und die Speerspitze einer Bewegung bildet, die Amerika umkrempelt. Schon bei der anfänglichen Party hatte Ellen geahnt, was da kommt, denn einst war Liz ihre Studentin, die eine Hausarbeit eingereicht hatte, in der sich sich scheinbar antidemokratisch geäußert hatte.
Im Laufe der Jahre finden immer neue Feiern im Haus der Familie statt, das fast einziger Schauplatz des Films sein wird: Ein Thanksgiving-Essen endet ebenso im Streit wie ein Geburtstag, so wie das Land sich verändert und immer mehr zum faschistischen Überwachungsstaat wird, so verändert sich auch der Zusammenhalt der Familie, auch wenn Ellen bis zum bitteren Ende hofft, dass sich die Wogen glätten lassen.
In seiner polnischen Heimat hatte Jan Komasa großen Erfolg mit seinem Katholizismus skeptischen Drama „Corpus Christi“, in Filmen wie „Suicide Room“ und „The Hater“ thematisierte er problematische Aspekte der sozialen Medien, Mobbing, nicht zuletzt an Sekten erinnerndes Verhalten.
Das blinde Folgen von Idolen und Anführern ist ein Aspekt, der nun auch in „The Change“ zu erkennen ist, für den Lori Rosene-Gambino das Drehbuch geschrieben hat, die bislang eher fürs Fernsehen gearbeitet hatte. Hier mag ein Grund dafür liegen, warum sich der kaum 110 Minuten lange Filme sich so überladen anfühlt, warum er es nur selten schafft, seine Ideen auf den Punkt zu bringen.
Zahlreiche Zeitsprünge durchziehen die Handlung, mal zwei, dann wird ein Jahr übersprungen, die Zustände verschlimmern sich stetig, die anfangs kleine Bewegung der „Changer“, die unweigerlich an die „MAGA“-Bewegung denken lässt, übernimmt bald die Macht, geht gegen andersdenkende vor und verwandelt die USA in einen totalitären Staat.
Was sich wie eine Dystopie anhört, wirkt jedoch oft wie ein Familiendrama, das Haus der Familie und die diversen Familienmitglieder, die unterschiedliche Positionen repräsentieren, werden zur Allegorie für das System als Ganzes. Ein ambitionierter Ansatz, der allerdings dazu führt, dass kaum eine Figur natürlich und authentisch wirkt, sondern stets ihre Funktion für das Drehbuch und den Fortgang der Handlung im Vordergrund steht.
Auch den Ton seiner Erzählung bekommt Komasa kaum in den Griff, mal wirken die Familienstreitigkeiten wie ein exaltiertes Melodram, dann wie eine satirische Komödie, schließlich wie eine düstere Dystopie. Relevante und zeitgemäße Themen werden hier ohne Frage angerissen, eine Entwicklung ausgemalt, die nicht nur in den USA, sondern auch in vielen europäischen Ländern, nicht zuletzt auch Polen, in den nächsten Jahren vorstellbar erscheint. Was schließlich die Frage aufkommen lässt, warum sich Komasa nicht mit den Zuständen in seiner Heimat beschäftigt hat, statt einen Film in einem Land zu drehen, das er nur von außen kennt. Vielleicht auch deswegen lässt es „The Change“ an den Nuancen vermissen, die nötig gewesen wären, um aus einem interessanten Ansatz, auch einen überzeugenden Film zu machen.
Michael Meyns







