Gefürchtet ist er, der Kritiker. Heute eher weniger, aber im Jahr 1934 hatte er noch Macht, weil er einer von wenigen war, die über Wohl und Wehe eines Theaterstücks befanden. Er wurde von Millionen gelesen. Ein solcher Kritiker ist Jimmy Erskine, seine Opfer nennen ihn „das Biest“, sein Arbeitgeber möchte ihn am liebsten loswerden. Eine starke Altersrolle für Ian McKellen, nur leider in einem Film, an dem das Biest wohl kaum ein gutes Haar lassen würde.
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Großbritannien 2023
Regie: Anand Tucker
Buch: Patrick Marber, Anthony Quinn
Darsteller: Ian McKellen, Gemma Arterton, Mark Strong, Alfred Enoch, Matthew Cottle
Länge: 101 Minuten
Verleih: Universal Pictures
Kinostart: 13. März 2025
FILMKRITIK:
London im Jahr 1934: Jimmy Erskine ist der Chef-Theaterkritiker des Daily Chronicle. Wenn er schreibt, dann mit Passion, aber mit eben solcher fällt er auch über jene her, die ihn langweilen. Davon kann Nina Land ein Lied singen, über sie zieht das Biest, wie Jimmys Opfer ihn nennen, besonders gerne her. Aber die Zeiten ändern sich. Seine Zeitung hat einen neuen Verleger, der es nicht schätzt, dass Jimmy immer wieder als Giftspritze unterwegs ist. Da er als Homosexueller auch noch Angriffsfläche bietet, ist das die Gelegenheit, ihn loszuwerden, aber Jimmy wäre nicht Jimmy, wenn er nicht einen Plan hätte. Der beinhaltet Nina Land, der er tolle Kritiken in Aussicht stellt, und seinen ehemaligen Boss, der in diese Frau verliebt ist.
„The Critic“ ist ein optisch schöner Film. Die Liebe zum Detail ist bei Ausstattung und Kostümen spürbar, nur stellt sich nicht das Gefühl ein, dass mit ebensolcher Passion am Drehbuch gearbeitet wurde. Denn das ist ausgesprochen langatmig. Der Film, der sich gerne als spannender Thriller in Verquickung mit einem packenden Drama verstehen würde, ist unglaublich langsam. Es tut sich … praktisch nichts. Dass man nicht friedlich im Kinosaal entschlummert, liegt auch nur daran, dass Ian McKellen wirklich eine formidable Leistung abliefert.
Es ist eine knackige Rolle. Jimmy ist jemand, der sich nicht unterkriegen lässt, der Prinzipien hat, der aber auch völlig skrupellos ist. Jemand stirbt? Ja, das ist schon tragisch, aber so tragisch dann auch wieder nicht, wenn er bekommt, was er will. Eine Figur, die man mit Inbrunst verabscheuen kann, gespielt mit jener sardonischen Leichtigkeit, zu der McKellen fähig ist. Im Vergleich dazu fällt das übrige Ensemble ab. Gemma Arterton müht sich, Mark Strong hat im Grunde nur einen Gesichtsausdruck parat.
Die Geschichte ist aber, was den Film entgleisen lässt. Handlungsfäden werden eröffnet, aber nicht abgeschlossen, Subplots etabliert, die für die Haupthandlung irrelevant sind, und Figuren verharren, ohne sich zu entwickeln. „The Critic“ möchte viel sein, und ist doch so wenig. Ein Film, der unter seiner eigenen Ambition zusammenbricht, weil weder die Autoren, noch der Regisseur die Kraft haben, mehr herauszuholen, zumal das Ende nach einer desaströsen Testvorführung geändert wurde, damit Jimmy auch bekommt, was er verdient. Und der Film? Der bekommt das auch, vornehmlich Desinteresse, die größte Strafe des Publikums für einen Film. War das nun gemein? Vielleicht, aber nichts gegen das, was Jimmy Erskine über „The Critic“ zu sagen hätte …
Peter Osteried