The Dissident

Am 2. Oktober 2018 wurde der saudi-arabische Journalist Jamal Khashoggi in der Botschaft seines Landes in Istanbul ermordet. Ausgehend von diesem unfassbaren Ereignis beschreibt der amerikanische Dokumentarfilmer Bryan Fogel in „The Dissident“, wie die saudischen Machthaber versuchen, Regimekritiker zu kontrollieren oder gar zum Schweigen zu bringen. Und das vor den Augen der desinteressierten westlichen Regierungen.

Website: https://www.thedissident.com/

Dokumentation
USA 2020
Regie: Bryan Fogel
Buch: Mark Monroe & Bryan Fogel
Länge: 118 Minuten
Verleih: DCM
Kinostart: n.n.

 

Über den Film

Originaltitel

The Dissident

Deutscher Titel

The Dissident

Produktionsland

USA

Filmdauer

118 min

Produktionsjahr

2020

Produzent

Fogel, Bryan

Regisseur

Fogel, Bryan

Verleih

Starttermin

15.04.2021

 

FILMKRITIK:


Mord ist Teil des politischen Geschäfts. Putins Schergen verüben weltweit Anschläge auf Regimekritiker, der israelische Geheimdienst Mossad ermordet unliebsame Palästinenserführer, die von den USA ausgeführten oder angeordneten Anschläge auf demokratisch legitimierte Politiker oder mutmaßliche Feinde aufzuführen, würde den Rahmen sprengen.

Insofern ragt der Mord an dem saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi keineswegs heraus, muss vielmehr als normale Machtdemonstration eines mächtigen Landes gesehen werden, das sich zudem sehr sicher ist, für die Tat nicht zur Rechenschaft gezogen zu werden. Kein Wunder, verfügt das Königreich auf der arabischen Halbinsel doch über gigantische Ölvorräte, die inzwischen zwar nicht mehr ganz so wichtig sind wie früher, die Saudi-Arabien aber so reich machen, dass es mit Milliardensummen im Westen einkaufen kann und sich dadurch freikauft.

Das Saudi-Arabien eine feudale Monarchie ist, die nach den archaischen Prinzipien der islamischen Scharia funktioniert und banalste Menschenrechte missachtet spielt für die Herrscher im Westen nur selten eine Rolle, auch der Mord an einem Regimekritiker wie Jamal Khashoggi sorgt nur für ein kurzes Innehalten. Und das vor allem deshalb, weil Khashoggi für die Washington Post schrieb und damit indirekt Angestellter von Jeff Bezos war, dem reichsten Mann der Welt.

Auch diesen Bezug deutet Bryan Fogler in seiner Dokumentation „The Dissident“ an, die jedoch mit einem anderen im Exil lebenden Saudi beginnt: Omar Abdulaziz, der 2014 seine Heimat verließ, seitdem im kanadischen Montreal lebt und via Twitter gegen das Regime agitiert. Und dabei auch von Jamal Khashoggi finanziell unterstützt wurde, eine Verbindung, die möglicherweise ausschlaggebend für die Entscheidung war, Khashoggi nicht mehr als bloßen Journalisten zu betrachten, sondern als gefährlichen Regimegegner. Ob dies der tatsächliche Anlass für den Mord war muss offen bleiben, denn die wahren Hintergründe werden wohl verborgen bleiben. Einige mutmaßlich Schuldige wurden in geheimen Prozessen zwar verurteilt, der mutmaßliche Auftraggeber des Mordes, Kronprinz Mohammed bin Salman, bleibt aber unbescholten. Dass selbst die CIA den designierten Herrscher des Königreiches eindeutig als Auftraggeber des Mordes identifiziert, bin Salman aber weiter unbehelligt agieren kann, zeigt überdeutlich, dass der Westen zu mehr als Lippenbekenntnissen nicht willens ist.

Manches an der Machart von „The Dissdent“ mutet reißerisch an: Dramatische Musik betont jede ohnehin dramatische Enthüllung, rasante, suggestive Schnitte geben die Interpretation des Gezeigten vor, aber dennoch: Welches Geflecht aus Korruption und Machtgier, aus Manipulation der Sozialen Medien und wohlfälligem Wegschauen hier gezeigt wird ist atemberaubend. Die Hauptschuldigen für den brutalen Mord an Jamal Khashoggi mögen in Saudi-Arabien sitzen, unschuldig ist der Westen deswegen noch lange nicht.

Michael Meyns

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