The Gambler

Zum Vergrößern klicken

Nicht in Las Vegas, sondern in Los Angeles spielt das Zocker-Drama „The Gambler“, in dem Mark Wahlberg als selbstzerstörerischer Uni-Professer in seinem zweiten Leben zwischen Black Jack-Tischen und Roulette immer tiefer einer gefährlichen Sucht verfällt. Basierend auf dem gleichnamigen Film aus dem Jahre 1974 (damals mit James Caan in der Hauptrolle) gelingt „The Departed“-Autor William Monahan und Regisseur Rupert Wyatt ein eigenständiges Remake, das mit exzellenten Dialogen, ungewöhnlichen Entscheidungen und tollen Schauspielern (John Goodman, Jessica Lange, Michel K. Williams) unterhält.

Webseite: www.paramountpictures.de

USA 2014
Regie: Rupert Wyatt
Drehbuch: William Monahan
Darsteller: Mark Wahlberg, Jessica Lange, Brie Larson, Michael K. Williams, Emory Cohen, Anthony Kelley
Laufzeit: 111 Minuten
Kinostart: 15.1.2015
Verleih: Paramount
 

FILMKRITIK:

Wer dieser Jim Bennett (Mark Wahlberg) wirklich ist, zeigt sich in Rupert Wyatts elegant komponiertem „The Gambler“ schon nach wenigen Minuten. Da riskiert dieser beim Black Jack alles, was er zuvor in einer scheinbaren endlosen Glückssträhne erst gewonnen hat. Mehr noch: Er leiht sich zudem Geld von einem dubiosen, koreanischen Geschäftsmann nur um am Ende, auch dieses zu verzocken. Noch am gleichen Abend lässt er sich schließlich auf einen gefährlichen Deal mit einem stadtbekannten Kredithai („The Wire“-Darsteller Michael K. Williams) ein, der seine Leihgabe innerhalb einer Woche ziemlich kompromisslos zurückfordert. Für Jim, der in seinem anderen Leben als sichtbar gelangweilter Professor für englische Literatur seinen Studenten gerne endlose Moralpredigten hält, zieht sich die Schlinge immer weiter zu. Auch als er die Unterweltgröße Frank (John Goodman) um Hilfe bittet und seine Mutter (Jessica Lange) ihm sogar das benötigte Geld leiht, werden die Probleme für ihn keineswegs kleiner.
 
Einst verkörperte James Caan Mark Wahlbergs Figur des selbstzerstörerischen Spielers im ungleich düsteren Original aus dem Jahre 1974, dessen Schauplatz von „The Departed“-Autor William Monahan für das eher freie Remake von New York in das nur auf den ersten Blick friedlichere L.A. verlegt wurde. Regisseur Rupert Wyatt – zuletzt mit „Planet der Affen: Prevolution“ im Blockbusterkino unterwegs – zeigt eine andere Seite dieser Stadt, die hier vor allem aus dubiosen Spielhöllen, Nagelstudios, verlassenen Fabrikhallen und unglamourösen Hotels zu bestehen scheint. Jims reiches Elternhaus und sein Unialltag, den er mit provozierendem Desinteresse bestreitet, wirken da fast wie aus einer anderen Welt. Wyatt und Monahan machen es dem Zuschauer folglich nicht leicht, sich in die Situation ihres Antihelden hineinzuversetzen. Statt Mitleid oder gar Sympathie entwickelt man eher Unverständnis für dessen Zocker-Eskapaden. Obwohl sich schon bald zeigt, dass seine Spielsucht vermutlich nur der Ausdruck einer ernsten Depression ist, verweigert sich der Film den üblichen Opferreflexen. Das ist mutig und ungewöhnlich zugleich.
 
Selbst Jims Flirt mit einer seiner Studentinnen (Brie Larson) fühlt sich seltsam blutleer an. Weder der Film noch er selbst entwickelt dafür anfangs ernsthaftes Interesse und so tritt die gegen die Hollywood-Norm erzählte Liebesgeschichte recht plötzlich wieder in den Hintergrund. Der Fokus bleibt stattdessen immer auf Jim, den Mark Wahlberg trotz all der zuvor beschriebenen Schwächen immer noch als einen Menschen portraitiert, der einem nicht egal sein kann. So wenig dieser sich auch für andere interessiert, so sehr möchte man wissen, ob und wie er seiner Sackgasse entkommen kann. Das Faszinierende an „The Gambler“ ist seine stille Sogwirkung, sein erzählerischer Fluss, der ohne Anstrengungen aufgebaut wirkt und zu dem die ebenfalls exzellent geschriebenen Dialoge maßgeblich beitragen. Die „Fuck You“-Rede von John Goodmans „Unterwelt-Buddha“ wird schon jetzt in Filmforen rauf und runter zitiert. Dabei schenkt Monahan all seinen Figuren ähnliche Momente, in denen sie und ihre Darsteller glänzen können. Mark Wahlbergs Leistung ist die vielleicht beste seiner gesamten Schauspielkarriere – „The Departed“ miteingeschlossen.
 
Für eine Studioproduktion basiert „The Gambler“ auf einer Reihe ungewöhnlicher Entscheidungen. Der Film geizt mit Action, vermeidet das Naheliegende und vertraut seinem Ensemble dabei in jeder Sekunde. Bereits die Komposition der Black Jack-Szenen etabliert eine Suspense, wie man sie so in nur wenigen klassischen Thrillern erlebt. Und wo das Original sein dunkles, blutendes Herz mit aller Konsequenz bis zum bitteren Ende verfolgte, ermöglicht Monahan uns und Jim zumindest einen letzten, obgleich noch recht vagen Hoffnungsschimmer.
 
Marcus Wessel