Man kann nicht behaupten, dass Jon Avnets Film „The Last Rodeo“ ein überraschender Film sei, aber er ist fraglos effektiv. Schon nach wenigen Minuten dürfte selbst einem sporadischen Kinozuschauer klar sein, wie sich die Geschichte eines alternden Rodeocowboys, dessen Enkel schwer erkrankt ist und Geld für eine Operation braucht hinausläuft, aber gerade die ausgetretenen Pfade, die das Drama betritt, sorgen für eine heimelige Stimmung.
Über den Film
Originaltitel
The Last Rodeo
Deutscher Titel
The Last Rodeo
Produktionsland
USA
Filmdauer
116 min
Produktionsjahr
2025
Regisseur
Avnet, Jon
Verleih
Kinostar Filmverleih GmbH
Starttermin
16.10.2025
Früher war Joe Wainwright (Neal McDonough) ein erfolgreicher Rodeocowboy, der Hunderte Kilo schwere Rinder bestieg, versuchte, es acht Sekunden auf ihrem Rücken auszuhalten, bevor die Tiere ihn herunterstießen. Das ging lange gut, doch ein schwerer Unfall beendete Joes Karriere.
Nun hat er sich zur Ruhe gesetzt, lebt irgendwo im Lone Star State Texas – wo sonst – und kümmert sich um seine Tochter Sally (Sarah Jones) und ihren Sohn Cody (Graham Harvey). Der spielt zwar auch Baseball, doch seine wahre Leidenschaft gehört dem Rodeo, sehr zum Unwillen seiner Mutter, die jedes Mal wenn Cody auf ein kleines Rind steigt, Todesängste durchsteht.
Doch auch beim Baseball kann man sich verletzten. Nachdem ihn ein abgeprallter Ball einen fetten blauen Fleck verpasst hat, wird Cody im Krankenhaus untersucht, wo ein Gehirntumor festgestellt wird. Und damit beginnen die Probleme, die angesichts des Titels „The Last Rodeo“ unweigerlich zum letzten Rodeo führen werden.
Da Sallys Krankenkasse nicht sämtliche Kosten der notwendigen Operation für Cody übernimmt, steht die Familie vor der Frage, wo sie mindestens 100.000 Dollar herbekommen soll. Praktischerweise steht bald ein Oldtimer-Rodeo an, was sich zwar normalerweise an Cowboys in den 40ern richtet und nicht an Großväter wie Joe, aber um seinem Enkel die lebensrettende Operation zu finanzieren, lässt sich Joe auf das Risiko ein.
Je nach Sichtweise klassisch oder klischeehaft könnte man die Geschichte von „The Last Rodeo“ bezeichnen, die Hauptdarsteller Neal McDonough sich zusammen mit Regisseur Joe Avnet auf den Leib geschrieben hat. Produziert wurde der Film vom Angel Studio, das sich in den letzten Jahren in den USA einen Ruf als Produzent sogenannter „Faith Based“ Filme gemacht hat, also Filmen mit einem starken religiösen und damit auch konservativen Touch. Besonders erfolgreich war die Kindesentführungsdrama „Sound of Freedom“, in Deutschland kamen zuletzt Angel Studios-Filme wie „Brave the Dark“ oder „Die Gesandte des Papstes“ ins Kino, beides Geschichten über Menschen, die ihre eigenen Interessen hintenanstellen, um anderen zu helfen.
Eigentlich müsste man hier noch nicht einmal mal von christlicher Nächstenliebe sprechen, sondern könnte einfach von Mitmenschlichkeit sprechen, doch im aktuellen politischen Klima der USA ist die Polarisierung weit fortgeschritten. Auch ein Film wie „The Last Rodeo“ wäre vor 20 Jahren noch problemlos von einem der klassischen Hollywoodstudios produziert worden und wäre vielleicht schon damals von einem soliden Handwerker wie Joe Avnet inszeniert worden, der sich mit gefühligen, anrührenden Filmen wie „Grüne Tomaten“ oder „Das Baumhaus“ den Ruf eines routinierten Mainstreamregisseur erwarb.
In diesem Sinne inszeniert er auch „The Last Rodeo“ souverän, stringent, ohne Ecken und Kanten. Die Grundkonstellation der Handlung reicht vollkommen aus, um Emotionen zu erzeugen, das zerfurchte, markante Gesicht von Hauptdarsteller Neal McDonogh tut sein Übriges. Altmodisch wirkt zwar vieles in der Geschichte: alte Freundschaften werden beschworen, Werte hochgehalten, die heutzutage oft in Vergessenheit geraten sind, die Moderne scheint in der Welt von „The Last Rodeo“ kaum eine Rolle zu spielen.
Allzu leicht könnte man dies als konservativ, wenn nicht gar reaktionär bezeichnen, aber am Ende funktioniert die Geschichte auf ihre Weise ohne Frage. Überraschend ist das zwar nicht, aber als wohltemperiertes Drama funktioniert „The Last Rodeo“ sehr gut.
Michael Meyns