The Life of Chuck

Von „Stand by Me“ bis „Die Verurteilten“ waren die erfolgreichsten Stephen King-Verfilmungen meist gerade nicht die, die auf Horror- oder Fantasygeschichten basierten, sondern solche, die auf den fast bedächtigen Werken des King of Horror basierten. In diese Reihe passt nun auch Mike Flanagans „The Life of Chuck“, der erst ganz am Ende phantastische Elemente einbaut, vorher aber auf berührende Weise vom Sinn des Lebens erzählt.

 

Über den Film

Originaltitel

The Life of Chuck

Deutscher Titel

The Life of Chuck

Produktionsland

USA

Filmdauer

111 min

Produktionsjahr

2024

Regisseur

Flanagan, Mike

Verleih

Tobis Film GmbH

Starttermin

24.07.2025

 

Es beginnt mit dem Ende, im wahrsten Sinne des Wortes: Akt drei: „Danke, Chuck“, heißt es zu Beginn von „The Life of Chuck“, doch seltsamerweise scheint niemand in der Kleinstadt zu wissen, wer denn dieser Chuck eigentlich ist. Sein Bild ist auf Werbeplakaten zu sehen, auf denen Chuck für wunderbare 39 Jahre gedankt wird, was die scheinbare Hauptfigur, den Lehrer Marty (Chiwetel Ejiofor), zum Nachdenken bringt, denn Chuck (Tom Hiddleston) wirkt nicht so alt, als hätte er ein langes Arbeitsleben hinter sich.

Aber diese Frage gerät zunehmend in den Hintergrund, denn das Ende der Welt scheint nahe zu sein: Das Internet funktioniert nicht mehr (Oh, mein Gott!), vor allem aber haben Umweltkatastrophen dafür gesorgt, dass weite Teile Kaliforniens ins Meer gerutscht sind und Flüchtlingsströme durch die USA ziehen. All das führt dazu, dass sich die Menschen auf das Wichtigste besinnen und so findet auch Marty zurück zu seiner Ex-Frau Karen (Felicia Gordon).

Erst im zweiten Akt taucht der erwachsene Chuck selbst auf, arbeitet als etwas spießig wirkender Vertreter, der plötzlich bei einer Straßenmusikerin stehen bleibt, den Rhythmus ihres Schlagzeuges aufnimmt – und zu tanzen beginnt. Schon im ersten, also dem letzten Akt, hatte man im Fernsehen einen alten Gene Kelly-Film gesehen, nicht die einzige Verbindung zwischen den Episoden, deren komplexe Struktur sich erst später offenbart. Dann, wenn Chuck als Kind zu sehen ist, der bei seinem Großvater (Mark Hamill) lebt, der ihn dringendst bittet, nicht auf den Dachboden zu gehen. Denn hinter der Tür mit einem alten Vorhängeschloss befindet sich eine Art Portal, das Blicke in die Zukunft ermöglicht.

Selbst Shakespeares Stücke waren in den letzten Jahrzehnten nicht so oft Vorlage zu Filmen wie die Romane und Kurzgeschichten von Stephen King, dem inzwischen 77jährigen König des Horror. Dessen Romane sind zwar für oft drastische Gewaltdarstellungen bekannt, ihre eigentliche Qualität liegt jedoch im Psychologischen, im Evozieren vom Grauen, das sich im Kopf der Figuren abspielt. Aspekte also, die im visuellen Medium des Films nicht einfach zu vermitteln sind, weswegen sich Verfilmungen meist auf die äußeren Elemente konzentrierten und dann oft eher platt wirkten.

Auch „The Life of Chuck“, eine Kurzgeschichte, die vor einigen Jahren in einem Sammelband veröffentlicht wurde, spielt sich meist im Kopf der Figuren ab, genauer gesagt im Kopf von Chuck. Wie explizit das gemeint ist, stellt sich erst im Lauf der drei rückwärts erzählten Akte heraus. Nach und nach entstehen Linien zwischen den Episoden, tauchen Figuren auf, erkennt man Situationen wieder, ahnt man, was man da sieht.

Geschickt spielt Mike Flanagan – der vor einigen Jahren schon Kings „The Shining“-Fortsetzung „Doctor Sleep“ verfilmt hatte – mit dem Geheimnis, zögert die Auflösung lange hinaus, kokettiert mit Enthüllungen, die dann doch nur bedingt erfolgen. Ganz kann „The Life of Chuck“ nicht überzeugen, immer wieder hofft man, dass da noch etwas kommt, dass sich die Geschichte, die sich letztlich um den Sinn des Lebens dreht, zu höherem aufschwingt. Doch auch wenn das nicht immer gelingt, viele Momente bleiben in Erinnerung, angefangen bei den ausladenden Tanzszenen, in denen gerade Tom Hiddleston ein bislang nicht gekanntes Talent offenbart. Von Elan und Lebensfreude sprühen diese Szenen, die das Leben Chucks aufregend und mitreißend zeigen, vor allem ohne Reue, auch wenn es, unweigerlich, mit dem Tod endet.

 

Michael Meyns

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