„The Monkey“, „The Life of Chuck“, „Das Institut“, „ES: Welcome to Derry“, „Running Man“ – auch 2025 ist die Liste der hierzulande erscheinenden Filme und Serien beachtlich, die auf Arbeiten von US-Schriftsteller Stephen King basieren. Hinzu kommt außerdem die Adaption seines 1979 veröffentlichten Romans „Todesmarsch“ (Originaltitel: „The Long Walk“), die einen brutalen Überlebenswettkampf in einem dystopischen Amerika beschreibt. Was zunächst noch etwas schleppend wirkt, entfaltet mit der Zeit eine ungeahnte emotionale Tiefe und lässt einen immer wieder an die bedenklichen Zustände während Donald Trumps zweiter Amtszeit als Präsident der Vereinigten Staaten denken.
Über den Film
Originaltitel
The Long Walk
Deutscher Titel
The Long Walk: Todesmarsch
Produktionsland
USA
Filmdauer
108 min
Produktionsjahr
2025
Regisseur
Lawrence, Francis
Verleih
Leonine Distribution GmbH
Starttermin
11.09.2025
Schon ab Ende der 1980er-Jahre lagen Pläne auf dem Tisch, „Todesmarsch“ zu verfilmen. Die Rechte gingen von da an durch verschiedene Hände. Doch bis vor kurzem gelang es keinem Inhaber, das Projekt zu verwirklichen. Mehr als 45 Jahre nach Erscheinen der Romanvorlage, mit der King schon in den 1960er-Jahren begonnen hatte, ist es nun allerdings endlich so weit. „The Long Walk – Todesmarsch“ kommt tatsächlich in die Kinos, inszeniert von einem Regisseur, der sich bereits mit dystopischen Stoffen einen Namen machen konnte.
Vier Teile der Blockbuster-Reihe „Die Tribute von Panem“ verantwortete Francis Lawrence, der dieses Mal jedoch einen etwas anderen Weg beschreitet. Sich klar an Kings Buch orientierend, entfesselt er kein großes Leinwandspektakel, das mit durchchoreografierten Actionsequenzen überwältigen will, sondern einen kompakten, fast schon kammerspielartigen Roadmovie-Thriller, der sich ganz auf die Extremerfahrung der Figuren konzentriert.
Schon das zeitlich nicht genau datierte Setting wird nur grob skizziert: Ein Bürgerkrieg hat die USA getroffen. Armut und Perspektivlosigkeit greifen um sich, während ein totalitäres Regime mit allen Mitteln versucht, die Moral der Menschen anzuheben. Dass man es auch in diesen schweren Zeiten weit bringen kann, soll vor allem ein alljährlich stattfindender, live im Fernsehen ausgestrahlter Marsch zeigen, bei dem eine Gruppe junger Männer so lange auf einer vorgegebenen Route durch die Gegend läuft, bis nur noch ein einziger Überlebender übrigbleibt. Der Gewinner kann sich alles wünschen und hat bis ans Ende seiner Tage ausgesorgt.
Ihr Glück versuchen auch Raymond Garraty (Cooper Hoffman, Sohn des 2014 verstorbenen Schauspielers Philip Seymour Hoffman) und Peter McVries (David Jonsson), die sich schon vor dem Start sympathisch sind. Eskortiert von einer Handvoll Soldaten und dem Major („Star Wars“-Ikone Mark Hamill), der den Wettkampf überwacht, setzen sich die Teilnehmer in Bewegung und erkennen schnell den tödlichen Ernst ihrer Lage. Wer hinter das festgesetzte Schritttempo von drei Meilen pro Stunde fällt und auch nach drei Verwarnungen nicht wieder aufschließt, wird umgehend exekutiert. Wenig kameradschaftlich präsentiert sich vor allem der erratische Gary Barkovitch (Charlie Plummer), der mit seinem provokanten Verhalten einige Mitstreiter gefährdet.
Junge Männer laufen unaufhörlich über Landstraßen, unterhalten und streiten sich dabei. Nach aufregendem Kino klingt das nicht unbedingt. Vielleicht liegt genau in dieser schlichten Prämisse der Grund, warum es so lange bis zu einer Verfilmung gedauert hat. Kleine Längen schleichen sich in der ersten Hälfte ein, manche Entwicklungen kündigen sich sehr deutlich an. Nach und nach gewinnt „The Long Walk – Todesmarsch“ aber an Intensität. Herzstück der überschaubaren Handlung ist die Beziehung zwischen Raymond und Peter, denen man vollauf abnimmt, dass sie trotz der brutalen Konkurrenzsituation zu echten Freunden werden. Cooper Hoffman und besonders David Jonsson füllen ihre Figuren mit Leben, sorgen dafür, dass man in der zweiten Hälfte richtig mitgeht. Eine interessante „Reise“ durchläuft auch der anfangs plakativ als Antagonist etablierte Gary, dem JT Mollners Drehbuch hinten raus etwas mehr Ambivalenz verleiht.
Ein mulmiges Gefühl entsteht beim Blick auf das autoritäre, Menschenleben rücksichtslos verheizende Regime, das Andersdenkende offenbar rigoros aus dem Verkehr zieht. Unweigerlich kommen einem da Donald Trumps radikale Maßnahmen im Kampf gegen liberale Kräfte und unliebsame Narrative in den Sinn. Der Film entwirft ein bedrückendes, pessimistisches Szenario, stellt diesem mit McVries aber einen Funken Hoffnung gegenüber. Bezeichnend ist allerdings das vom Roman abweichende, durchaus diskussionswürdige Ende, das uns vor Augen führt: Auch eine positive Weltsicht stößt irgendwann an ihre Grenzen.
Christopher Diekhaus