This is Love

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Schon in seinem letzten fürs Kino produzierten Film „Der freie Wille“ nahm sich Regisseur Matthias Glasner eines schwer verdaulichen Themas an. In „This is love“ widmet er sich nun erneut Figuren, die dringend eines Psychologen bedürften, um in ihrem zum Teil bereits verdrängten Schmerz verloren gegangener Liebe Klarheit zu erlangen. Großartig neben der exzellenten filmischen Umsetzung und den Darstellerleistungen von Corinna Harfouch und Jens Albinus ist der Ansatz, auch vom Zuschauer Reaktionen einzufordern.

Webseite: www.thisislove.kinowelt.de

Deutschland 2009
Regie: Matthias Glasner
Darsteller: Corinna Harfouch, Jens Albinus, Jürgen Vogel, Devid Striesow, Lisa Nguyen, Ernst Stötzner, Herbert Knaupp, Valerie Koch
107 Minuten
Verleih: Kinowelt,
Start: 19.11.2009
 

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

„Die Unschuld ist eine Form des Wahnsinns“. Dieses Zitat aus Graham Greenes in Vietnam spielendem Roman „Der stille Amerikaner“ stellt Matthias Glasner seinem neuen Kinofilm voran. Gleich darauf erfährt man von Maggie (Corinna Harfouch), dass ihr Mann vor 16 Jahren spurlos verschwand, ohne Erklärung. Besonders heftig: Maggie weiß, dass ihr Mann noch immer in der gleichen Stadt lebt wie sie und auch Kontakt zur inzwischen 24 Jahre alten Tochter Nina hatte. Maggie ist über dem Verlust ihrer Liebe nicht nur einsam, sondern auch zur desillusionierten Alkoholikern geworden.

Gleich nach diesem Prolog entführt uns Matthias Glasner in jene Stadt, in der Graham Greene 1955 seinen „Stillen Amerikaner“ schrieb. Der Däne Chris (Jens Albinus) trifft hier in Saigons Vergnügungsviertel auf seinen Kumpel Holger (Jürgen Vogel), um ein junges Mädchen aus den Händen der Prostitutionsmafia frei- und zuhause in Deutschland an adoptionswillige „Eltern“ zu verkaufen. Ein paar Einstellungen später sitzt Holger in Berlin im Büro von Hauptkommissarin Maggie und ihres Kollegen Roland (Devid Striesow). In Rückblenden offenbart Glasner nach und nach, was vor dem Verhör in Maggies wie auch Christophers Leben geschah - und nun dazu führt, dass sich insbesondere Maggie plötzlich auch ihrer eigenen Vergangenheit wieder stellt.

Matthias Glasner führt mit „This is love“ fort, was schon in seinem verstörend direkten „Der freie Wille“ Thema war: die Liebe einsamer Menschen und wie sich deren Abwesenheit, bzw. Verlust in seelischen Qualen und selbstzerstörerischen Handlungsweisen manifestiert. Maggie und Chris sind dabei nicht die einzigen beiden Figuren dieses Films, die in ihrer Sehnsucht nach Liebe eine gefährliche Gratwanderung unternehmen. So ist das neunjährige vietnamesische Mädchen Jenjira (gespielt von der elfjährigen Lisa Nguyen aus Berlin) bereits voll auf die Rolle der unschuldigen Liebesdienerin programmiert, ohne dabei die Tragweite ihres Verhaltens immer auch vollständig zu durchschauen. Des weiteren ist da Maggies Kollege Roland, der, wie spät im Film (als Puzzleteil zeitlich aber richtig platziert) zu erfahren ist, erzählt, warum Maggies Mann (Herbert Knaupp) seinerzeit verschwand.

In „Der stille Amerikaner“ schrieb Graham Greene: „Die Harmlosen kann man nicht tadeln, weil sie immer unschuldig sind. Man kann sie nur zügeln und ausmerzen.“ Nun, ums Ausmerzen geht es Matthias Glasner sicher nicht, wohl aber um einen unvoreingenommenen Blick auf und in die Seele von sich unschuldig fühlenden, nach Außen hin vielleicht sogar harmlos wirkenden Menschen, die in ihrer Gebrochenheit jedoch nicht allein nur Opfer, sondern auch Täter sein können. Eine Bewertung des jeweiligen Verhaltens vermeidet Glasner, bietet dem Zuschauer aber an, selbst Position zu beziehen. In manchen Momenten erlaubt sich der Regisseur sogar, den Zuschauer zum Voyeur sexueller Begierden zu machen.

„This is love“ beweist insofern Mut, als sich keine der in sich vielschichtigen Figuren zum uneingeschränkten Sympathieträger eignet. Gleichwohl sind die großartigen Schauspielerleistungen nicht zu verkennen, allen voran Corinna Harfouch, wenn sie ihre Maggie in den Alkohol flüchten lässt, dieser menschlichen Schwäche jedoch grandiose Szenen abgewinnt. Jens Albinus steht ihr da als unschuldig wirkender, jedoch verzweifelter Getriebener in nichts nach.

Formal beeindruckt das Drama durch seinen elliptischen Aufbau und die Zusammenführung zweier Schicksale, die eingangs keine Gemeinsamkeiten aufzuweisen scheinen. Die opulente Bildästhetik von Kamerafrau Sonja Rom unterstützt die emotionalen Achterbahnfahrt der Protagonisten in die Schattenwelt verbotener und verlorener Liebe. Gleiches lässt sich auch vom Soundtrack sagen. Matthias Glasner hat damit erneut einen sehenswerten, zum wiederholten Mal aber auch verstörenden Film geschaffen. Für Diskussionsstoff im Anschluss an den Kinobesuch sorgt „This is love“ ganz gewiss.

Thomas Volkmann