True Grit

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Im altmodischen Gewand des Westerns verhüllen die Coen Brüder mit True Grit eine Allegorie über den Wunsch nach Rache und ihre unvorhergesehenen Folgen. Wie bei diesen Regisseuren nicht anders zu erwarten ein exzellent gefilmter, hervorragend gespielter Film, mit für Coen-Verhältnisse wenig Humor und einigen Momenten brutaler Gewalt.

Webseite: www.truegritfilm.de

USA 2010
Regie: Ethan und Joel Coen
Drehbuch: Ethan und Joel Coen, nach dem Roman von Charles Portis
Kamera: Roger Deakins
Schnitt: Roderick Jaynes (Ethan und Joel Coen)
Musik: Carter Burwell
Darsteller: Jeff Bridges, Hailee Steinfeld, Matt Damon, Josh Brolin, Barry Pepper, Dakin Matthews
Länge: 110 Min.
Verleih: Paramount
Kinostart: 24. Februar 2011

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

„True Grit“ mag der erste offizielle Western im nun schon 15 Filme umfassenden Werk der Coen Brüder sein, im Geiste waren sie diesem uramerikanischen Genre schon oft nahe. Nicht zuletzt der Oscar-gekrönte „No Country for old Man“ variierte in kaum verklausulierter Manier Typen und Motive des Westerns. In ihrem neuesten Film nehmen sich die Brüder nun des in Amerika sehr beliebten Romans von Charles Portis an, der schon 1969, ein Jahr nach Veröffentlichung, ein erstes Mal verfilmt wurde. Damals spielte John Wayne die Hauptrolle und erhielt im Abend seiner langen Karriere doch noch den Oscar. In der Neuverfilmung schlüpft nun Jeff Bridges in die Rolle des alternden Marshals Rooster Cogburn, einer typischen, wortkargen Western-Figur. Die eigentliche Hauptfigur aber, vor allem das Zentrum der moralisch-ethischen Allegorie, die „True Grit“ ist, ist die bislang vollkommen unbekannte junge Schauspielerin Hailee Steinfeld. Sie spielt Mattie Ross, ein 14jähriges Mädchen, äußerlich jung und unschuldig, innerlich mit Intelligenz und Wortwitz weit über ihr Alter ausgestattet. Nach dem Mord ihres Vaters heuert sie Marshall Cogburn an, um den mutmaßlichen Mörder Tom Chaney zu fassen. Ihnen schließt sich der Texas Ranger LaBoeuf (Matt Damon) an und gemeinsam begibt sich das Trio in die wilde Natur, um der Gerechtigkeit genüge zu tun. Doch tun sie das wirklich?

Einer der ersten Sätze des Films, gesprochen von der alten Mattie Ross, die die nun folgende Handlung offensichtlich überlebt hat, gibt den Ton vor: „Man muss für alles auf dieser Welt zahlen, auf die eine oder andere Weise.“ Womit sie Tom Chaney meint, der, vom Gesetz nicht verfolgt, seiner Wege geht. Doch man ahnt früh, dass dieser Satz sich nicht zuletzt auf Mattie selbst bezieht. Welches Opfer sie für das Stillen ihrer Rache gebracht hat, erfährt man erst in einem kargen, finsteren Epilog, der jeglichen Moment der Hoffnung auf wirkliche Gerechtigkeit, auf echte Moral in dieser Welt endgültig zunichte macht. Denn trotz mancher alberner Momente, besonders zwischen den konträren Männern des Gesetztes Cogburn und LaBoeuf, ist diese Frage das emotionale Zentrum des Films. Eigentlich verachtet Mattie Cogburn für dessen Art, Verdächtige lieber zu erschießen als zu versuchen, sie vor Gericht zu bringen. Mattie dagegen spricht fortwährend von Richtern und dem Gesetz, also den scheinbaren Errungenschaften der Zivilisation, die im Kontrast zum Gesetz des Stärkeren stehen, das von Männern wie Cogburn symbolisiert wird. Doch dieser Topos des klassischen Westerns ist längst ad absurdum geführt und so ist „True Grit“ weniger ein (Spät)-Western, als ein Historienfilm, der wie alle Historienfilme die Moral der Zeit spiegelt, in der er entstanden ist.

Es fällt leicht, „True Grit“ als Allegorie über das moderne Amerika zu verstehen, in dem durch Kriege Rache für Terroranschläge genommen wird, die aber alles andere als Gerechtigkeit herbeiführen. Und so wird im Laufe der Geschichte zunehmend deutlich, wie wenig sich die scheinbar so moralische Mattie von dem angeblich so unmoralischen Cogburn unterscheidet. Wie so oft also begeben sich die Coens auch in „True Grit“ in moralisches Niemandsland. In Amerika gelang ihnen damit der kommerziell bei weitem erfolgreichste Film ihrer Karriere, wobei man gespannt sein darf, ob sich dieser Erfolg auch im wenig Western begeisterten Deutschland einstellen wird.

Ein Hinweis noch: Die Dialoge sind in der englischen Originalversion auch für den des englischen überdurchschnittlich mächtigen bisweilen kaum zu verstehen, besonders Jeff Bridges verschluckt oft mehr als eine Silbe. Vor der Synchronisation dieser typischen, kargen Western-Sprache kann man aber auch nur warnen, womit als eigentlich einzige sinnvolle Möglichkeit die Vorführung der Originalversion mit Untertiteln bleibt.

Michael Meyns

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