Typisch Emil

In Sachen Schweizer Humor ist Emil Steinberger oder einfach „Emil“ vermutlich für die meisten die erste Adresse, auch wenn er vielleicht heute nicht mehr so bekannt ist wie in den 80er und 90er Jahren. Mittlerweile ist der vielseitige Schweizer 92 Jahre alt und noch immer aktiv: Das kabarettistische Feuer lodert in ihm so heftig wie eh und je, und die Funken springen immer noch über. Das Biopic über Emil Steinbergers Leben schlägt einen großen Bogen von den Anfängen und den Höhepunkten seiner Karriere bis heute, erzählt aber auch von schweren Zeiten und vom Neuanfang in New York. Aber dank der vielen Sketche und Ausschnitte aus Emils Bühnenshows gibt es auch ordentlich was zu lachen.

 

Über den Film

Originaltitel

Typisch Emil

Deutscher Titel

Typisch Emil

Produktionsland

CHE

Filmdauer

111 min

Produktionsjahr

2024

Regisseur

Meyer, Phil

Verleih

Filmwelt Verleihagentur GmbH

Starttermin

19.06.2025

 

Vom Schweizer Postbeamten zum gefeierten Bühnenstar, vom schüchternen Kind zur Kultur-Ikone: Emil Steinberger, 1933 in Luzern geboren, hat sich erst relativ spät der Kunst zugewandt. Nach neun Jahren Schalterdienst im Postamt wagte er einen Neuanfang. Es würde nicht der einzige bleiben. Zunächst studierte er Grafikdesign und spielte nebenbei in einem Kabarett mit. In den 60er Jahren eröffnete er sein erstes Theater, er übernahm zwei Kinos, machte Zirkus und irgendwann beschloss er, nur noch „Emil“ zu sein. Der Emil, den alle kannten und alle liebten, diese Bühnenfigur, die so schweizerisch war und gleichzeitig so international. Aber dann wurde ihm nicht nur der Emil zu viel – 1987 beendete er vorläufig seine Bühnenkarriere. Anfang der 90er Jahre hatte Emil Steinberger endgültig genug vom Rummel um seine Person, und vielleicht ist es typisch für ihn, dass er ausgerechnet die Anonymität einer Großstadt suchte, um sich neu zu orientieren. Er ging alleine nach New York und kam verheiratet zurück, denn im Big Apple traf er seine zweite Ehefrau, Niccel, mit der er schließlich, wieder in der Schweiz, einen neuen Neuanfang startete. Das war 1996. Seitdem kassiert er regelmäßig Preise für sein Lebenswerk, er schreibt an seiner Biografie und tritt auch wieder auf. Laut eigenem Bekunden war der Hintergrund für die Entstehung seiner Filmbiografie, dass in den letzten Jahren immer mehr Sender und Filmproduktionen an ihn herangetreten sind, um ihn davon zu überzeugen, bei einem Film über sein Leben mitzuwirken. Und weil das auch irgendwie typisch Emil ist, wollte er dabei die Fäden in der Hand behalten, und so gönnte er sich den Luxus, ein Filmteam nach seinen eigenen Wünschen zusammenzustellen, zu dem der Kameramann Elmar Bossard und der Regisseur Phil Meyer gehörten. Gemeinsam mit den beiden und mit seiner Frau Niccel sowie mit einer Unzahl von DIN A 6-Kärtchen ging er daran, seinen eigenen Film vorzubereiten.

Das Ergebnis lautet vor allem: Diesen Mann muss man einfach gernhaben. So sympathisch er in früheren Jahren war, so liebenswert ist er auch heute: ein aufrechter, schmaler Herr mit einer schlohweißen Mähne und immer noch blitzenden Augen. Seine sehr gescheite und geschäftstüchtige Frau Niccel ist ihm von Herzen zugetan, sie ist stets an seiner Seite und spielt im Film ebenfalls eine herausragende Rolle. Und natürlich haben die beiden den größten Anteil an Gesprächen und Gedanken über Emil und sein Leben – der Film ist außerdem eine Art Liebeserklärung von Emil für seine Frau. Zusätzlich kommen noch einige Wegbegleiter, Kollegen und Freunde zu Wort, darunter auch der Theaterregisseur Christoph Marthaler und die Kabarettisten Kaya Yanar und Michael Mittermeier. Sie beschreiben seine Ausstrahlung als freundlich boshaft oder boshaft freundlich, aber sie sind sich einig darin, dass die Bühnenfigur des Emil vor allem eines war: authentisch – in ihrer schweizerischen Gemütlichkeit, die durch den Dialekt noch verstärkt wurde, und in ihrer Menschlichkeit mit all den kleinen Macken, die ein guter Beobachter wie Emil Steinberger registriert, ohne zu werten. Der Emil Steinberger ist einer, der die Menschen mag, und weil er sie mag, kann er sie auf die Schippe nehmen, ohne dass sie ihre Würde verlieren. Das hat etwas Entlarvendes, aber das macht Emils Komik auch zeitlos. Seine Miniporträts von Polizisten, Postbeamten oder Nachbarn sind brillante Charakterzeichnungen. Glücklicherweise sind im Film viele Proben von Emils Können zu bewundern. Die vielen Sketche mit Emil, darunter auch bisher unbekannte aus seinen Anfangsjahren, dazu die Ausschnitte aus alten TV-Sendungen und Bühnenprogrammen wirken immer noch, auch wenn der Zahn der Zeit manchmal an ihnen genagt hat – die Komik hat sich verändert, der Humor ist geblieben. 

 

Gaby Sikorski

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